Essen-Altenessen. Mit der Flüchtlingsproblematik im Stadtbezirk V befasste sich die 6. Altenessen-Konferenz, zu der die IG Altenessen eingeladen hatte.
Muss Essens Norden viel mehr Flüchtlinge aufnehmen als der Süden, weil nördlich der A 40 die Mieten niedriger sind? Steigt die Anzahl der Wohnungseinbrüche parallel zu steigenden Flüchtlingszahlen? Was haben die Pariser Anschläge mit dem Zustrom zu tun? Auf der 6. Altenessen-Konferenz in der Zeche Carl nahmen gestern Morgen über 200 Bürger, auch aus Karnap und anderen Stadtteilen, kein Blatt vor den Mund, um über „Erfahrungen, Sorgen und Chancen“ zu sprechen.
Bevor die Konferenz von Moderator Klaus Wermker in der Kaue eröffnet wurde, hatten sie Gelegenheit, ihre Anteilnahme nach den Pariser Terroranschlägen in einem Kondolenzbuch auszudrücken. „Paris macht uns nicht ruhiger“, sagte Sozialdezernent Peter Renzel.
Hohe Erwartungshaltung bei Flüchtlingen
Dann widmete er sich aber doch den aktuellen Essener Problemen. Aktueller Stand: 3720 Flüchtlinge wurden bisher in diesem Jahr in städtischen Einrichtungen sowie 700 weitere im Opti-Park, der vom Land betrieben wird, aufgenommen. „Täglich werden uns 35 bis 40 weitere Personen zugewiesen“, berichtete der Sozialdezernent.
Im Stadtbezirk Altenessen werden sie an der Hülsenbruchstraße, in den Zeltdörfern Erbslöhstraße sowie – erst ab 23. November – in Karnap untergebracht. Außerdem wohnen Flüchtlinge, die meisten von ihnen aus Syrien, in 75 Wohnungen. „Aber es ist nicht so, dass alles in Ordnung ist, wenn sie eine Wohnung haben“, dämpfte ein Caritas-Mitarbeiter die Hoffnung auf schnellere Integration. Denn zu groß seien für die Menschen die Probleme in einer fremden Gesellschaft, sei es beim Einkaufen, bei der Arztsuche, beim Finden eines Kita-Platzes oder mit der Post. Außerdem sei der schlechte Zustand so mancher Wohnung, die der Stadt zur Verfügung gestellt wurde, ein Problem. Enttäuschungen blieben da nicht aus, weiß Ridda Martini von European Homecare: „Die Flüchtlinge kommen mit einer sehr hohen Erwartungshaltung.“
"Kritischer Sommer" in der Hülsenbruchstraße
Auf der anderen Seite erlebt Karl-Heinz Schmidt vom Karnaper Bürgerverein und Herausgeber der „Carnaper Blättchen“, auch „erschreckende Fehlinformationen“ in der einheimischen Bevölkerung. So habe er aktuell in sozialen Netzwerken von IS-Terroristen gelesen, die im Zuge des Flüchtlingsstroms nach Essen kämen. Die Stadt forderte er auf, für mehr Aufklärung und damit „Wahrhaftigkeit“ zu sorgen.
Dass die Wohnungseinbrüche hauptsächlich osteuropäischen Banden zuzuschreiben sind, betonte Peter Renzel.
Die Anwohner der Hülsenbruchstraße erzählten von einem „kritischen Sommer“, den sie mit Ankunft der Flüchtlinge in der ehemaligen Boecker-Zentrale erlebt hätten. Der Runde Tisch wird ihre Erlebnisse am 3. Dezember im „Exil“ an der Hövelstraße aufarbeiten.
"Sehr viele engagierte Leute anwesend"
Die Forderung von EBB-Ratsmitglied Michael Schwamborn, die Mietobergrenze zu kappen, um die Flüchtlinge gleichmäßiger aufs Stadtgebiet verteilen zu können, ließ Peter Renzel fast erschrecken: „Das kostet uns Millionen.“ Wer das fordert, müsse im Rat aufzeigen, wie die dann verlangten höheren Mieten bezahlt werden sollten.
Am Ende war Arndt Wülfing von der IG Altenessen mit der Konferenz zufrieden: „Es waren sehr viele engagierte Leute anwesend mit einer hohen Bereitschaft zu helfen.“ Er bedauerte nur, dass einige Politiker die Konferenz als ihr Forum genutzt hätten, anstatt die Bürger stärker zu Wort kommen zu lassen.