Essen. . In der Nacht von Samstag auf Sonntag, 14. Dezember, schickt die Deutsche Bahn die letzten Lok-bespannten S-Bahn-Züge in NRW aufs Abstellgleis. Dann werden die „Oldtimer“ der S 6 durch moderne Triebwagen ersetzt.
Eisenbahnromantikern wird dieser Tage schwer ums Herz, alle anderen Fahrgäste der S 6 dürfen sich auf mehr Komfort freuen und auf pünktlichere Züge hoffen: Denn zum Fahrplanwechsel vom 13. auf den 14. Dezember schickt die Deutsche Bahn die letzten S-Bahn-Züge in NRW, die noch mit einer Lok bespannt sind, aufs Abstellgleis. Als letzte S-Bahn-Linie im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) erhält auch die S 6 – die schnellste ÖPNV-Verbindung zwischen Kettwig und Hauptbahnhof – Züge der Baureihe ET 422. Ersetzt werden die Wendezüge durch 26 moderne „Gebrauchtwagen“.
"Gebrauchtzüge" von den Linien S 5 und S 8
Denn die vier bis sechs Jahre alten Elektrotriebwagen, die ab Mitte Dezember zwischen Essen und Köln verkehren, waren bislang auf den Linien S 5 und 8 zwischen Dortmund, Hagen und Mönchengladbach im Einsatz. Dort werden sie nicht mehr gebraucht: DB Regio NRW hat S 5 und S 8 im Auftrag des VRR 28 neue Züge vom Typ „Alstom Coradia Continental“ für 140 Millionen Euro spendiert. Bereits am 24. November präsentierte die Bahn die neuen Züge in Düsseldorf.
Für die S 6, die wochentags allein in Essen 17 000 Menschen nutzen, ist der Umstieg auf die neuen Züge dennoch ein historischer Fortschritt: 1979 löste der „S-Bahn-Wendezug Rhein-Ruhr“ die „Olympiazüge“ ab. Seit der Wiedervereinigung 1989 müssen sich die Linie und ihre Passagiere mit den aus DDR-Produktion stammenden Elektroloks der Reihe 143 und den x-Wagen im Anhang begnügen. Die Modelle, die zurzeit lärmend durchs Ruhrtal rollen, sind bis zu 30 Jahre alt.
Neue Züge beschleunigen schneller
Warum Bahn und VRR jahrelang anfällige Oldtimer auf die Strecke schickten, also technische Defekte in Kauf nahmen? Zum Verhängnis wurde der S 6, die von Essen über Düsseldorf bis Köln-Nippes fährt, dass sie von VRR und VRS (Verbund Rhein-Sieg) finanziert wird. Das blockierte Investitionen, etwa im Streit um die Verlängerung des Verkehrsvertrages zwischen DB Regio und VRR 2007.
Ausfallquote 2014 und neue Abfahrtszeiten 2015
Ab dem 14. Dezember fährt die S 6 ab Düsseldorf-Rath an allen Stationen Richtung Essen eine Minute früher ab. Das soll im Hauptbahnhof den Anschluss an die S 3 nach Steele sichern.
Die Statistik der Zugausfälle: Auf der Linie S 6 fielen 2014 bislang 6,5 Prozent aller zu fahrenden Zugkilometer aus. Die Strecke war allein durch Sturmschäden vier Wochen lahm gelegt. 0,6 Prozent der Ausfälle waren laut DB „eigenverursacht“ (Fahrzeugschäden). Auf den Linien mit neuen Triebwagen liegt die Ausfallquote 2014 bislang bei 3,75 Prozent. Hauptgrund: der Streik.
Einige alte Loks und x-Wagen wartet DB Regio wohl als Reserve-Fahrzeuge weiter, die anderen Loks werden abgestellt.
Jahrelang mussten das die Fahrgäste ausbaden. Das weiß auch Jochen Geis, Teilnetzmanager der S-Bahn Rhein-Ruhr: „Die S6 ist leider deutlich unpünktlicher als andere Linien.“ Obendrein fällt sie häufiger ganz aus (siehe Kasten unten), was nicht nur an der störanfälligen Strecke durch Stadtwald und Ratinger Wald sowie an deren eingleisigen Engpässen liegt: „Das Problem sind insbesondere die alten Fahrzeuge“, so Geis.
Schlechte Noten für die S 6
Kein Wunder also, dass die Fahrgäste der S 6 die schlechtesten Noten geben, wenn sie dreimal jährlich nach ihrer Zufriedenheit mit der Pünktlichkeit befragt werden.
Auch interessant
Das soll sich mit den ET 422 ändern: Diese beschleunigen schneller und „können Verspätungen besser aufholen“, erklärt Geis. Der Bahner verspricht: „Die S 6 wird pünktlicher werden – wie alle Linien mit den neuen Wagen.“ Außerdem haben die klimatisierten Triebwagen – Heizungen sorgten in den alten Abteilen für hohe Raumtemperaturen – mehr Sitzplätze als die alten x-Wagen, sie sind heller und leiser. Die Fahrgäste müssen demnächst aber auch verzichten: WC-Wagen und dicke Sitzpolster in Klasse eins haben die ET 422 nicht zu bieten.