Essen. Wegzüge und Austritte sorgen im Vergleich mit Nachbarkreisen für größere finanzielle Probleme. Verluste drohen besonders bei gemeindeübergreifenden Diensten. Essener Protestanten suchen ferner eine „neue Konzeption“ für die künftige Gemeindearbeit.

Der Kirchenkreis Essen profitiert nur wenig von der positiven Wirtschaftskonjunktur, entwickelt sich deutlich schlechter als andere Kreise der Evangelischen Kirche im Rheinland und muss mit einer insgesamt negativen Gesamttendenz zurechtkommen. Das wurde am Wochenende auf der 14. ordentlichen Tagung der Kreissynode deutlich. Der Grund liegt im Zusammenkommen mehrerer Faktoren: Wegzüge, eine niedrige Geburtenrate und Austritte: Während es Anfang 2014 noch 145.628 Protestanten in Essen gab, werden es Anfang 2015 noch 143.032 sein.

Im Zeitraum von Januar bis September 2014 lag das Kirchensteueraufkommen rund 2,1 Prozent unter dem des Vorjahres – ein Trend, der sich wohl 2015 fortsetzen werde. Dass die Verteilungssumme, die den 27 Kirchengemeinden und dem Kirchenkreis insgesamt zur Verfügung steht, im kommenden Jahr mit 20,3 Millionen Euro etwas höher ausfallen wird als 2014 (20,15 Millionen Euro), sei einer Rückzahlung durch die landeskirchliche Kirchensteuerverrechnungsstelle zu verdanken.

Dank der Rücklagen gibt es noch Gestaltungsspielräume

Die Summe wird auf die Kirchengemeinden (77 Prozent) und den Kirchenkreis (23 Prozent) aufgeteilt. Gestiegene Pfarrbesoldungskosten (2014: 6,42 Millionen Euro – 2015: 6,66 Millionen Euro) führten dazu, dass sogar weniger Geld für die übrige Arbeit bleibe. Der Haushalt der Gemeindeübergreifenden Dienste – das Schulreferat, das Jugendreferat, die Krankenhausseelsorge, das Bildungswerk und die Telefonseelsorge – wiesen in diesem und im kommenden Jahr ein Defizit von rund 317.000 Euro auf – Tendenz steigend.

Der Kreissynodalvorstand will nun eine Spar-Strategie entwickeln. „Dank der gut gefüllten Rücklagen haben wir noch eine Weile lang die Möglichkeit, Gestaltungsspielräume zu nutzen und ohne großen Spardruck tragfähige Zukunftsperspektiven zu entwerfen“, sagte Superintendentin Marion Greve. Wichtig sei, das kommende Jahr effektiv zu nutzen.

Ungeachtet der finanziellen Probleme will sich die Evangelische Kirche in Essen bis 2016 eine neue Konzeption geben, die dem „Geist der Vielfalt“ gerecht werde, so Greve. Sie solle auf den fünf zentralen Säulen „Verkündigung und Gottesdienst“, Seelsorge und Diakonie“, „Bildung“, „Missionarische Volkskirche“ und „Kirche in Essen“ beruhen. Außerdem gibt es Querschnittsthemen wie „Spiritualität“, „Inklusion“ und „Wertschätzung“; Es gehe darum, Mut zu schöpfen, um sich auf den Weg zu machen: „hin auch zu Menschen, denen Kirche fremd geworden ist“.

Greve: Gemeinden leben nicht von „religiösen Virtuosen“

Nötig seien Beteiligungsstrukturen, die mehr meinen, als dass alle schon „irgendwie dazugehören“. Greve: „Nicht von wenigen religiösen Virtuosen lebt die Gemeinde, sondern von den vielen kleinen, unscheinbaren Diensten, die oft im Verborgenen geleistet werden.“ Darum dürfe die Kirche nicht nur auf sich selbst, auf die Gemeinde der Altvertrauten und Bekannten blicken. „Entscheidend ist, dass wir jene Menschen im Blick behalten, die unsere Solidarität, unsere Stimme und Ermutigung, unsere Räume und Ressourcen brauchen.“

Beschlossen haben die Delegierten einen Appell an die Landessynode, eine geplante Einsparung über 420.000 Euro im Jugendbereich zu verschieben: Die Kürzungen gingen zu Lasten von Angeboten, die sich an die zukünftige Generation der Kirche richten.