Essen. . Mit einem Großaufgebot durchkämmten Behörden am Donnerstag einen Schrottplatz in Dellwig und einen Firmensitz an der Hindenburgstraße: Ein 49 Jahre alter Firmeninhaber soll tausende Container mit gefährlichem Abfall nach Afrika verschifft haben.
Die lange Liste der Vergehen des Schrotthändlers lasst sich in einen Satz pressen: Mit illegalem Abfall auf Kosten der Umwelt Millionen gemacht zu haben, werfen Staatsanwaltschaft und Polizei einem Firmeninhaber in Dellwig vor. Seit gestern ist erst einmal Schluss mit den krummen Geschäften: Nach monatelangen Ermittlungen der Kommission „Global“ unter der Leitung von Kriminalhauptkommissar Hans-Uwe Hatschek haben Behörden von Stadt, Land und Bund mit einem Großaufgebot einen Schrottplatz an der Ripshorster Straße auf den Kopf gestellt und Büroräume des 49-jährigen Nigerianers an der Hindenburgstraße durchsucht. Drei Verdächtige wurden festgenommen, Computer, Festplatten und Akten sichergestellt.
Dem mutmaßlichen Kopf der Schrott-Schmuggler wird angelastet, über mehrere Jahre gefährlichen Abfall nach Afrika verschifft zu haben. Mehrere hundert Überseecontainer pro Jahr soll der Mann über Antwerpen auf den Weg gebracht haben, so die Polizei.
Ein offenbar einträgliches Geschäft: Ermittler schätzen, dass in Entwicklungsländern mit ausrangierten Fernsehern, Monitoren, Kühlschränken und Kompressoren das sechs- bis achtfache der Verschiffungskosten zu erzielen ist. Von einem Millionenschaden ist die Rede. Der an der Umwelt dürfte kaum zu beziffern zu sein – sowohl in Afrika als auch in Dellwig: Das Gefahrgut wird auf dem Gelände offen gelagert und giftige Flüssigkeiten dürften ungehindert in den Boden gesickert sein. Gefährliche Stoffe werden in ausrangierte Autos gestopft, deren Scheiben abgeklebt und Türen verschweißt sind.
Skandalöse Zustände hinter hohen Zäunen
Die Behörden sprechen von „gravierenden Umweltstraftaten“, die am Donnerstag aufgedeckt wurden. Die Stadt hat sofort reagiert und das Gelände der Firma geschlossen, weil dort Abfälle gefunden wurden, die weder unter freiem Himmel gelagert, geschweige denn exportiert werden dürfen. Dem 49-Jährigen wurde aufgetragen, die gefährlichen Stoffe ordnungsgemäß zu entsorgen, sagte Stefan Schulze vom städtischen Presseamt: „Das wird überwacht.“ – Und danach entschieden, wie das Umweltamt mit dem Sachverhalt umgeht.
Dass an der Ripshorster Straße hinter hohen Zäunen aus Wellblechen zum Teil skandalöse Zustände herrschen, ist beileibe keine neue Erkenntnis. Seit Jahren laufen Anwohner Sturm gegen das Treiben auf dem unüberschaubaren Gelände. In der nächsten Woche kommt das leidige Thema erneut auf die politische Agenda: Die „unverändert prekäre Gesamtsituation“ macht es nach Ansicht der SPD, Grünen und Linken in der Bezirksvertretung notwendig, einen regelmäßig tagenden „Runden Tisch“ wieder einzurichten. An ihm werden sich die Vertreter von Politik, Stadt, Polizei und Feuerwehr munter wohl weiter im Kreise drehen.
„Wir haben keine Chance“
Denn weder ordnungs- noch planungsrechtlich ist den teils illegalen Machenschaften einiger dort ansässiger Firmen wirklich beizukommen. „Wir haben keine Chance“, bekennt Thomas Rotter, SPD-Ratsherr und Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses, der dem Ordnungsausschuss in der kommenden Woche über die Ergebnisse eines Arbeitskreises zum Dellwiger Drama berichten wird. Und das klingt wie eine Bankrotterklärung der Behörden.
Die einzige Chance sieht Rotter in der Politik der fortgesetzten Nadelstiche, wobei er gleich einräumt: „Wir haben gar nicht mehr das Personal für wöchentliche Kontrollen.“ Schon gar nicht für solche Aktionen wie am Donnerstag. Die zwischenzeitliche Idee, das komplette Gelände zu überplanen und einen Bebauungsplan aufzustellen, der die jetzige Nutzung unmöglich macht, habe man wieder verworfen. Es sei zwar versucht worden, dem Eigentümer das Grundstück über „Hintermänner“, wie Rotter sie nennt, abzukaufen. Doch das Ganze sei im Sande verlaufen, weil niemand das Gelände haben wollte. Es ist einfach zu verseucht.