Duisburg-Rheinhausen. Hans Duwensee aus Duisburg-Bergheim hat sich die Trasse angesehen. Er ist sicher, dass eine Verlängerung der Osttangente Rheinhausen entlastet.
Es müsste mehr Bürger wie Hans Duwensee geben. Der Ausflug war schon mal eine gute Idee. Kaum jemand ist unterwegs zwischen A-40-Brücke und Brücke der Solidarität. Rund zwei Kilometer freie Fahrt. Wobei wir beim eigentlichen Grund für die Vorbildlichkeit des Bergheimers wären. Wer je über Politikverdrossenheit klagte, ist dem agilen Duwensee noch nicht begegnet. Seit Jahr und Tag macht er die Angelegenheiten des Duisburger Westens zu seinen eigenen. Und dazu zählt, dass er sich diese Strecke genau angesehen hat. Er ist sicher. Die Verlängerung der Osttangente ist hier machbar. Und zwar ohne Beeinträchtigung der Anlieger, ja, sogar ohne die Menschen von Biotop und Strom zu trennen. Und das will er heute demonstrieren.
Duwensee ist gut im Thema. Er hat Stadtpläne studiert, Schriftstücke erstellt, mit Verantwortlichen diskutiert. Am liebsten, sagt er, würde er die Politik einladen, die Strecke auf dem Fahrrad mit ihm abzufahren. Fürs erste ist nun die Zeitung dabei. Und so heißt es: kräftig in die Pedale treten. Denn Hans Duwensee legt in seinem E-Rolli ein flottes Tempo vor.
An der Verlängerung der Osttangente nach Duisburg-Rheinhausen scheiden sich die Geister
Dass er sich auf gesellschaftspolitisch vermintem Gebiet befindet, weiß er. An der Osttangente scheiden sich die Geister, an ihr scheitern Koalitionen. 2008 wurde das erste Stück eingeweiht, das von Logport I bis zum Kreisverkehr an der Brücke der Solidarität reicht. Von einer Weiterführung bis zur A40-Brücke nahm man seinerzeit Abstand. Zu teuer. Und irgendwie zu kompliziert. Da die Straße das Naturschutzgebiet berühren würde, wurden kostspielige Gutachten nebst Klagewelle erwartet.
Seit einiger Zeit ist die Verlängerung nun wieder im Gespräch. Damit steht alles auf Anfang. Gegner wie Umweltaktivisten drohen mit Klage. Befürworter führen den Handlungsdruck ins Feld: Der für die Stadt so wichtige Logport wächst, Hochrechnungen prognostizieren eine Verdoppelung der Lkw in den nächsten zehn Jahren. Schon jetzt leiden die Rheinhauser unter dem Schwerlastverkehr, der sich durch die Wohngebiete quält. Eine vernünftige Anbindung scheint demnach zu fehlen.
78.000 Einwohner Rheinhausens leiden unter dem wachsenden Lkw-Verkehr
Wasser, ach was: eine Sturmflut ist das auf Duwensees Mühlen. Er lebt seit den 1980ern in Bergheim, beobachtet die Entwicklung mit Sorge und kann sich furchtbar aufregen über „Einwender mit nachvollziehbaren Umweltschutzgedanken“, die sich jedoch zu wichtig nähmen, da sie „ihre Vorgaben“ für unumgänglich hielten. Duwensee fragt: „Hat von denen schon mal einer an die mehr als 78.000 Einwohner Rheinhausens gedacht, vergleichbar auch an die Einwohner in Hochfeld und Mitte, denen der Lkw-Ansturm um die Ohren braust, inklusive Feinstaub und Erschütterungen?“
Der agile Bürger ist ehemaliger Oberstudienrat, Vorsitzender der städtischen AG Handicap und auch deshalb gewohnt, für viele zu sprechen. Er ist überzeugt: Die Verlängerung der Osttangente muss kommen: jetzt! Die ehemalige Bahntrasse, über die das Krupp-Hüttenwerk über Jahrzehnte seine Schlacke abfuhr, sei dafür geradezu ideal. Sie verband das Werk früher mit dem Rheinhafen und verlief unter der Eisenbahnbrücke und der Vorbaubrücke der Brücke der Solidarität am Rhein. Heute ist dort ein Rad- und Fußweg mit freiem Blick auf das Naturschutzgebiet. Und eben da liegt das Problem.
Das Naturschutzgebiet bleibt auch nach dem Ausbau erreichbar
Kein Problem, findet Duwensee. Das Biotop sei auch nach einem Ausbau erreichbar, durch zwei Zuwegungen an Fähr- und Rheinstraße. Hier könnten Bedarfsampeln entstehen, so dass man problemlos ins Rheinvorland gelange. Auch Argumente wie eine Hochwassergefahr durch die Dauer-Erschütterung der Trasse wischt er weg; wenn der ehemalige Bahndeich schwere Dampflokomotiven tragen konnte, bewältige er auch Lkw von und zum Logport.
Duwensee ist wieder los, also: hinterher. Vom Klärwerk geht’s an alten Kilometersteinen entlang in Richtung Brücke der Solidarität, vorbei am Areal, auf dem sich Kanuclub, Gnadenhof und ein Schrebergarten befinden. Hier läge laut Duwensee der erste Zuweg. „Kein Garten und kein Vereinsheim müsste der Osttangente weichen.“ Dahinter stehen wir bald am Kreisverkehr an der Brücke der Solidarität. Ein Stück weiter, an der Osloer Straße, müsste die Verlängerung ansetzen.
Er hat bereits eine Alternative für den beliebten Radweg überlegt
Wobei der Kreisel unangetastet bliebe, das ist Duwensee wichtig: Die Straße könnte unterhalb verlaufen, weiter auf der Bahnstrecke entlang. Dabei stelle selbst die Vorlandbrücken-Unterführung kein Problem dar. Sie sei breit und hoch genug, damit ein Lkw durchpasst. Duwensee hat das recherchiert. „Der Gegenverkehr muss dann eben warten. Auch das lässt sich mit einer Ampel regeln.“ Sogar für den beliebten Radweg schwebt ihm eine Alternative vor, auf der Freifläche neben der bewohnten, parallel verlaufenden Deichstraße. Dort gibt es bereits einen Trampelpfad, den man erweitern könne. Der Rheinblick allerdings, der fiele weg. Ob sich Naturfreunde damit zufrieden geben?
Wir jedenfalls sind blicklos ruckzuck zurück an der A40-Brücke, wo der Anschluss an die Autobahn läge - realisiert mit Hilfe von Fördermitteln im Zusammenhang mit dem Ausbau, ergänzt Duwensee.
„Rheinhausen wird auch künftig kein Kurort sein“
Resümee? Gute zwei Kilometer misst die mögliche Verlängerung. Ziemlich wenig Strecke für ziemlich viel Ärger, denkt man. Duwensee weist Richtung Rhein. In einem Turm der Eisenbahnbrücke residiere bereits ein Privatmann mit Privateinfahrt und zwei Parkflächen, was Flora und Fauna auch nicht gerade zuträglich sei, sagt er. Und an der Kläranlage stinke es furchtbar - allen Frischluftschneisen-Ideen zum Trotz. „Rheinhausen war und wird auch künftig kein Kurort.“
Kann man durchaus mal drüber nachdenken.