Duisburg-Rheinhausen . Volker Wendt hat dem Krupp-Werk einen Fotoband gewidmet. Ein Streifzug durch die Vergangenheit, aber auch ein historisches Dokument.
Volker Wendt erinnert sich an eine "fast surreale Zeitreise": Kilometerlang führte die Wanderung durch ein Gewirr von Anlagen, Hallen, Förderbändern - auf den Steuerständen lagen noch aufgeschlagene Bild-Zeitungen, daneben halb gefüllte Kaffeetassen, leere Butterbrotdosen, griffbereite Helme, Handschuhe.
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Die Abbrucharbeiten hatten bereits begonnen, als er und seine Eltern Brigitte und Hubert Wendt 1993/1994 die Gelegenheit bekamen, auf dem Krupp-Areal in Rheinhausen zu fotografieren. Das Ergebnis des künstlerisch-historischen Streifzuges liegt jetzt, ein Vierteljahrhundert später, in gebundener Form vor und erinnert einmal mehr an das Ende einer Ära. "Krupp Rheinhausen" lautet der schlichte Titel des Bildbandes, der rund 65 mal Industriefotografie vereint, von Fernsichten über imposante Stahlkolosse bis zu Detailaufnahmen wie die eines verblüfften Graffiti-Kerlchens auf nackter Wand: Was, scheint es zu fragen, ist denn hier passiert?
Neuer Bildband: Alte Aufnahmen wurden digitalisiert
Wer wüsste das besser als Theo Steegmann, als Betriebsrat einer der Organisatoren im Arbeitskampf der späten 80er und heutiger Leiter des Krupp-Archivs in der Bezirksbibliothek. Er hat den Vertrieb des Bildbandes fürs erste übernommen. Später wird er auch in den Buchhandel kommen, bis dahin kann er im Archiv bestellt werden. Vorangegangen war eine Kontaktaufnahme seitens Volker Wendt. Dieser habe sich mit seinem rund 30 Jahre alten Fundus an Dias und Negativfilmen an die Experten gewandt, da er einige Motive nicht mehr zuordnen konnte, schildert Steegmann.
Der Beginn einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit der Mülheimer Familie. Herausgekommen ist nicht nur Wendts fertiges Buch. Außerdem übernahm es Vater Hubert Wendt, für das Krupp-Archiv alte Aufnahmen zu digitalisieren.
Krupp-Werk Rheinhausen: Sinteranlage, Hochofen und Co.
Damals, 1993/1994, waren der junge Volker Wendt und seine Eltern als Besucher nach Rheinhausen gekommen und fotografierten dort die Sinteranlage, den Hochofen und den Hafenbereich. Mit dem Hüttenwerk hatten sie eigentlich nichts zu tun. Die menschenleere Industriekulisse habe seinerzeit viele Interessierte angelockt, erinnert sich Steegmann; der Arbeitskampf und das spätere Ende des Werks berührten Menschen überall im Ruhrgebiet. "Das ist ein Phänomen. Viele Leute engagierten sich dort, auch ohne einen direkten Bezug zu Krupp zu haben." Auch Volker Wendt ließen seine "Rheinhausen-Bilder" nicht mehr los. Bis er sich schließlich entschloss, sie zu veröffentlichen.
Das Fremdsein hat ihnen nicht geschadet. Der Blick von außen macht die Ästhetik der verlassenen Stadt aus Stahl auch für Nicht-Rheinhauser erlebbar. Blicke führen zu Schornsteinen hinauf und in die Sinteranlage des Kalkbunkers hinab. Wie mit dem Lineal gezogen erhebt sich die Kruppsche Versuchsanstalt über dem Grün des Rheinvorlands.
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Zwischendurch eine verrostete Armatur in Sepia-Farben. Zwei Schaufeln, ein letztes Mal in den Schutt gesteckt. Geradezu kess biedern sich schnöde Eingangstore eines bereits kaputten Gemäuers an - blitzorange, in Reih' und Glied. Am Ende ein abgehackter Schienenstrang inmitten wilder Blumen. Das Casino. Die Villenkolonie Bliersheim. Aus.
Neuer Bildband: Zeittafel inklusive
Wendt hat seinem Buch eine detaillierte Zeittafel beigefügt, von der Planung des Werks durch Alfred Krupp anno 1893 bis 1998, der Übernahme des Geländes durch duisport - die Duisburger Hafen AG und der Fusion Krupp/Hoesch mit Thyssen zur Thyssen Krupp AG 1999. Steegmann schildert, dass sich auch Profis von der Qualität der Wendtschen Aufnahmen beeindruckt zeigten. "Allein von der Technik und der Ästhetik her. Mir gefallen auch die Farben, die ganze Stimmung."
Wobei er als Zeitzeuge natürlich nochmal mit einem eigenen Blick auf das Ganze schaut. Ein Foto mag er besonders. Es zeigt den Hafen, die Kräne. "Da verluden die Jungs Erz, morgens, wenn die Sonne aufging." Ein Bild, das sich ihm eingeprägt hat. Jetzt für immer fixiert zwischen Buchdeckeln.
"Menschen und Krupp": Bilder gesucht
Im Jahr 2023, 30 Jahre nach Werkschließung, plant das Krupp-Archiv eine Reihe Veranstaltungen wie Tagungen zu aktuellen Themen, unter anderem soll auch ein Bildband "Menschen und Krupp" erscheinen, der einen Bogen vom Beginn der Ära Krupp in Rheinhausen 1897 bis in die heutige Logport-Zeit im Duisburger Westen schlägt. Hierfür suchen Theo Steegmann und seine Mitstreiter Fotografien, Dias und gute Handy-Aufnahmen, die auch das heutige Gelände zeigen sollen. Steegmann bittet um gute Bilder! Er verspricht allen, die Motive zur Verfügung stellen, dass sie die Aufnahmen zurückbekommen.
- Das Buch "Krupp-Rheinhausen" kostet 40 Euro.
- Kontakt zu Theo Steegmann: 0162 4000394.