Duisburg-Rheinhausen. Die Adler Group hat einer Rheinhauserin, die seit Monaten kein Bad mehr hat, ein Angebot gemacht. Darum soll sie nun die Wohnungen räumen.
Die Geschichte über Marlies Biefang aus Rheinhausen, die in einer Wohnung der Adler Group an der Schwarzenberger Straße wohnt und seit April 2022 kein funktionierendes Badezimmer mehr hat, schreibt ihr nächstes kurioses Kapitel. Einen Tag nach dem Artikel dieser Redaktion flatterte Post in Biefangs Briefkasten.
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Nachdem die Adler Group für die 83-jährige Mieterin, ihrem Bruder Günther Loth und seiner Frau Marion wochenlang nicht erreichbar war, ging es dann ganz schnell. Der Brief von Adler, der dieser Redaktion vorliegt, spricht von Mietminderungen, die Marlies Biefang für den Zeitraum vom 16. Mai 2022 bis zum 31. Dezember 2022 „für die Mängel im Badezimmer“ anerkannt werden.
Adler Group gewährt Mieterin aus Duisburg 30 Prozent der Warmmiete
30 Prozent der Warmmiete gewährt ihr die Adler Group, rund 1000 Euro soll sie bekommen. Bemerkenswerter ist der Punkt, der anschließend im Brief thematisiert wird. „Um das Badezimmer zeitgemäß zu renovieren, müssen die Elektro- und Wasserleitungen erneuert werden. Während dieser Arbeiten ist es Ihnen nicht möglich in der Wohnung zu wohnen“, steht da. Und weiter: „Wir möchten die Arbeiten in der 1. bis 2. KW 2023 anfangen“. Für diesen Zweck bietet das Unternehmen Biefang „für sechs bis acht Wochen“ eine Ausweichwohnung samt Einbauküche an, den Hin- und Her-Transport übernehme die Adler-Group.
Marion Loth kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Dabei ist die Sache alles andere als spaßig. „Einen Tag, nachdem der Brief kam, hat ein Herr angerufen, der schon mal Kartons vor die Tür stellen will“, sagt sie im Gespräch mit der Redaktion. Das Ehepaar Loth dachte zunächst, dass lediglich ein paar Sachen aus dem betroffenen Badezimmer gepackt werden müssten. Ein Trugschluss. „Die ganze Wohnung muss leergeräumt werden“, sagt Loth. Warum? Darauf hat das Paar keine Antwort. „Das wüssten wir auch gerne.“
83-jährige Duisburgerin wohnt seit 60 Jahren in ihrer Wohnung in Rheinhausen
Dass der plötzlich verlangte Auszug samt der Räumung des kompletten Mobiliars in so kurzer Zeit unrealistisch ist, steht für die Duisburger außer Frage. „Wir können doch nicht mal eben 60 Jahre Leben in Kartons packen“, sagt Loth. So lange schon wohnt Biefang, die von einem Pflegedienst versorgt wird, in ihrer Wohnung. „Die Möbel, die sie hat, sind doch schon alt. Die kann man nicht mal eben rein und wieder rausschleppen.“ Auch die Ersatzwohnung, die an der Werthauser Straße liegt, sorgt für Kopfschütteln. „Das ist echt kein schönes Wohnumfeld. Wir haben die Wohnung dort auch gar nicht besichtigen dürfen“, erklärt Loth.
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Die Adler Group bestätigt auf Anfrage der Redaktion das Angebot an Marlies Biefang. Demnach sei Biefang in dem Brief darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass das Unternehmen das Bad in ihrer Wohnung „renovieren und auf einen zeitgemäßen Standard bringen möchte“, wie Adler-Sprecherin Dobroslawa Pazder schreibt. „Das schließt die Erneuerung der Elektro- und Wasserleitungen ein.“ Aus diesem Grund könne sie in der Zeit nicht in der Wohnung bleiben, die Adler Group rechnet mit Arbeiten in der Wohnung von vier bis sechs Wochen.
Mieterin aus Rheinhausen: Adler Group möchte alle offenen Fragen klären
„Wir haben daher für die Zeit der Bauarbeiten eine Ersatzwohnung organisiert und angeboten, den Transport sämtlicher Sachen von Frau Biefang – einschließlich aller Möbel – durch ein professionelles Umzugsunternehmen und auf unsere Kosten zu veranlassen“, erklärt Pazder weiter. Die Frage, ob es realistisch sei, eine komplette Wohnung in so kurzer Zeit zu räumen, lässt die Adler Group hingegen unbeantwortet. Nur so viel: Bei einem gemeinsamen Termin vor Ort sollen zudem noch alle offenen Fragen geklärt werden, die Koordination eines solchen Termins laufe derzeit.
Anfang des Jahres musste Marlies Biefang ins Krankenhaus. Drei Tage blieb sie dort, der Stress hat ihr aufs Gemüt geschlagen, vermutet Loth. Eine Rückkehr in die Wohnung an der Schwarzenberger Straße? Ausgeschlossen. „Sie würde zwar gerne dort bleiben, aber aufgrund der Sanierung geht das ja nicht.“ Das Ehepaar Loth hat einen Platz in einer Kurzzeitpflege gefunden.
„Meine Schwägerin leidet sehr“, berichtet Marion Loth. Trotz der menschenunwürdigen Zustände bezeichne Biefang die Wohnung an der Schwarzenberger Straße nach wie vor als ihr Zuhause. „Sie sitzt weinend in ihrem Zimmer und trauert richtig, weil sie ihr Zuhause verliert.“
>>> Mieterbund Rhein-Ruhr unterstützt Mieterin aus Rheinhausen
- Mittlerweile hat das Paar den Mieterbund Rhein-Ruhr eingeschaltet. „Wir sind auf der Seite der Mieterin“, sagt Rechtsanwältin Sonja Herzberg auf Anfrage der Redaktion. Das Angebot der Zwischennutzung einer anderen Wohnung sei aufgrund des Gesundheitszustandes der Mieterin „nicht zumutbar“.
- Und: „Die Ausweichwohnung kommt völlig verspätet, das verstehen wir nicht. Die arme Dame harrt da schon seit Monaten aus.“ Der Mieterbund nimmt sich nun des Falles von Marlies Biefang an. Fest steht: Bei einem Auszug müssen Ankündigungsfristen eingehalten werden. „Das muss sie nicht so dulden.“