Duisburg. Verärgerte Mieter wegen Rohrbrüchen oder nicht bezahlter Rechnungen: Warum Adler Wohnen aber nicht nur in Duisburg in schweren Turbulenzen ist.

Verärgerung, Verzweiflung und Nerven, die blank liegen – das ist die Bilanz, die viele Duisburger Mieter der Wohnungsgesellschaft Adler Wohnen nach Monaten ziehen. Nasse Wohnungen, schimmelige Wände, nicht bezahlte Rechnungen an die Stadtwerke, Rohrbrüche in einer Endlosschleife – die Liste der Probleme ist lang. Aber nicht nur in Duisburg macht das Unternehmen Negativschlagzeilen.

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In dieser Woche wurde bekannt, dass die Adler Group in schweren Turbulenzen sei. Wirtschaftsprüfer haben dem börsennotierten Immobilieninvestor das Testat für die Jahreszahlen verweigert, weil sie kein Prüfungsurteil für die Geschäftszahlen 2021 abgeben konnten. In mehreren überregionalen Medien und auch auf tagesschau.de wurde Anfang dieser Woche darüber berichtet, dass immer wieder der Vorwurf von „systematischem Betrug“ die Rede ist, was Adler immer bestritten hat.

Vorwurf: Adler pusht Bilanzen durch zu hohe Bewertung von Immobilien künstlich nach oben

Die britische Investmentfirma Viceroy warf bereits im vergangenen Oktober Adler vor, Bilanzen durch zu hohe Bewertung von Immobilien künstlich nach oben zu pushen. Auch, dass das Management Geld aus übernommenen Firmen herausziehe, wovon nur einige wenige Personen in den Unternehmen profitierten. Auch die Finanzaufsicht BaFin prüft die Bücher des Immobilienriesen.

Duisburger Mieter, die seit Monaten mit miserablen Zuständen in ihren Wohnungen kämpfen, vermuten schon lange, dass das Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten steckt. Warum auch immer. Schon im März 2021 kam es zu ungewöhnlichen Vorfällen. Da erhielten viele Duisburger einen Brief von den Stadtwerken, in denen ihnen angekündigt wurde, dass ihnen die Einstellung der Energie- beziehungsweise Wasserversorgung droht.

Offene Rechnungen: Stadtwerke Duisburg drohte mit Einstellung der Energie- und Wasserversorgung

„Leider ist unser Vertragspartner den Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen“, stand in dem Anschreiben. Der Vertragspartner heißt: Adler Wohnen. Den Mietern saß der Schrecken in den Gliedern. Sie hielten eine solche Situation für undenkbar. Hatten sie doch alle mit ihren Mietzahlungen längst – und kontinuierlich – genau diese Zahlungen an Adler geleistet. Nur Ader hatte die Rechnung bei den Stadtwerken nicht bezahlt.

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Ein Anspruch auf Weiterversorgung bestehe nur, wenn der aufgelaufene Zahlungsrückstand bis zum 11. März 2021 ausgeglichen werde. Und eine weitere Forderung lautete: Die zukünftigen Abschlagsforderungen müssten ebenfalls erfüllt sein. Den Stadtwerken war diese Situation ausgesprochen unangenehm. Es seien ja weder sie selbst noch die Mieter schuld.

„Eine Sperrandrohung ist wirklich der letzte Schuss vor den Bug, wenn nichts anderes mehr geht“, hatte Stadtwerkesprecher Thomas Kehler gesagt. Denn in der Regel dauere es Wochen, wenn nicht sogar länger, bis der Energieversorger zu härteren Mitteln greife.

Dilemma für viele Adler-Mieter

Das Dilemma für viele Adler-Mieter setzte sich in diesem Jahr nahtlos fort. Was die Bitten von leidgeprüften Bewohnern angeht, so soll ein ausgesprochen frecher und rüder Ton herrschen. Das sagen unabhängig voneinander Mieter aus unterschiedlichen Wohngegenden. Wenn gravierende Schäden wie Rohrbrüche gemeldet werden, passiert erst einmal – nichts.

Die Redaktion berichtete in den vergangenen Monaten über etliche Wohnungen, die feucht und schimmelig wurden, weil das Immobilienunternehmen absolut nicht reagierte. Mieter, die an Asthma leiden oder kleine Kinder haben, wurden über lange Zeit komplett alleine gelassen. Anstatt schnell Entfeuchtungsgeräte aufzustellen, klebte man Plastikfolien vor die Wände, hinter denen sich der Schimmel dann noch besser ausbreiten konnte.

Riesiges Loch vor einem Haus

Vor einem mehrstöckigen Haus sackte der Boden ab, es entstand ein riesiges Loch, das zur Gefahr für die Mieter wurde. Erst behauptete Adler Wohnen, die Rasenfläche vor dem Gebäude gehöre ihnen gar nicht. Es sei also Sache der Stadt, den Schaden zu beheben. Als die Stadt dann klarstellte, dass das Grundstück definitiv Privateigentum von Adler sei, „sicherte“ das Unternehmen die Gefahrenstelle mit rot-weißem Flatterband. Und es geschah über lange Zeit wieder – nichts.

Da die Wirtschaftsprüfer in dieser Woche zu keinem befriedigenden Ergebnis über die Zahlen kamen, schoss die Adler-Aktie in den Keller. Mehrere Mitglieder des Managements traten zurück, berichten überregionale Medien. Die seriöse Neue Zürcher Zeitung schreibt: „Deutschland hat zwei Jahre nach dem Fall Wirecard offenbar einen neuen großen Bilanzskandal.“

>> ADLER: 4900 WOHNUNGEN IN DUISBURG

  • Auf der eigenen Homepage von Adler heißt es: „Hier finden Sie alle wichtigen Informationen zu einem der am schnellsten gewachsenen Immobilienunternehmen mit Börsennotierung in Deutschland.“ Die Mieteinheiten, Stand 31. Dezember 2020 gibt Adler mit 52.178 an, das Anlage-Immobilienportfolio zum Zeitwert mit 10 Milliarden Euro.
  • Das Unternehmen besitzt in Duisburg 4900 Wohnungen.
  • Hinter der britischen Investmentfirma Viceroy, die seit Herbst vergangenen Jahres Adler sehr kritisch beobachtet, steht der Börsianer Fraser Perring. Er hatte maßgeblich zur Aufdeckung des Bilanzskandals beim deutschen Finanzdienstleister Wirecard beigetragen, der Mitte 2020 Insolvenz anmelden musste.