Duisburg. Auf der Arlberger Straße in Duisburg müssen manche Anwohner für die Straßensanierung zahlen, andere nicht. Das ist der Grund dafür.

Der Schock sitzt tief. Vor wenigen Wochen flatterte den Anwohner der Arlberger Straße in Duisburg-Buchholz eine Rechnung ins Haus, die sich gewaschen hat: Bis zu 9000 Euro sollen die Duisburger zahlen, Anwohnerbeiträge für die Sanierung der Arlberger Straße, die in den letzten Jahren über die Bühne gegangen ist. Das alleine ist schon ärgerlich genug – doch innerhalb dieser teuren Gleichung gibt es etliche Ungereimtheiten und Unklarheiten. Wir haben die Situation unter die Lupe genommen.

Duisburg-Buchholz: Auf der einen Straßenseite müssen die Anwohner zahlen, auf der anderen nicht

„Wir sind verwirrt“, sagt Dirk Giesen, Anwohner der Arlberger Straße. Dass die Buchholzer möglicherweise viel Geld zahlen müssen – ärgerlich, klar. „Aber dass die Hinterlandbebauungen so unterschiedlich behandelt werden, das verstehen wir nicht.“ Was Giesen meint, ist eine äußerst skurrile Begebenheit.

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Auf der Arlberger Straße, zwischen den Querstraßen Kufsteiner Straße und Zillertaler Straße, gibt es auf beiden Seiten Hinterlandbebauung, also Anwohner, die die Adresse „Arlberger Straße“ haben und über Privatwege zu ihren Häusern kommen. Die Krux: Betrachtet aus der Fahrtrichtung Sittardsberger Allee müssen die Anwohner im Hinterland links nicht zahlen, die Anwohner rechts aber sehr wohl. Auf beiden Seiten tragen die Häuser die Adresse „Arlberger Straße“, beide Seiten sind per Privatweg zu erreichen, beide Seiten liegen weniger als 50 Meter von der Arlberger Straße entfernt, sind also gesetzlich zu Anwohnerbeiträgen verpflichtet – zahlen muss nur eine Seite. Wie kann das sein?

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Selbstständige Anlage oder unselbstständiger Zuweg?

„Das Themenfeld ist durch eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen (bis hin zum Bundesverwaltungsgericht) über viele Jahre geformt worden“, erklärt Stadtsprecher Malte Werning. Entscheidend ist, ob ein Hinterlandgrundstück eine „selbstständige Anlage“ ist, oder nur von einem „unselbstständigen“ Zuweg erschlossen wird. Anwohner einer selbstständigen Anlage müssen nicht zahlen, Anwohner an einem unselbstständigen Zuweg schon.

Hat auch nicht geholfen: Die Bundesregierung hat zwar Geld in die Sanierung der Arlberger Straße in Duisburg gesteckt – zahlen müssen (manche) Anwohner trotzdem.
Hat auch nicht geholfen: Die Bundesregierung hat zwar Geld in die Sanierung der Arlberger Straße in Duisburg gesteckt – zahlen müssen (manche) Anwohner trotzdem. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Maßgeblich dafür, ob es sich um den einen oder den anderen Fall handelt, ist dabei der „Gesamteindruck, der sich einem unbefangenen Beobachter nach den tatsächlichen Verhältnissen“ bietet. Aufgedröselt bedeutet dieses Behördendeutsch: Je länger und breiter ein Zuweg ist und je mehr Grundstücke er erschließt, desto eher ist er eine „selbstständige Anlage“.

Zuweg zu kurz: Anwohner müssen zahlen

Für den Fall Arlberger Straße heißt das: Der Zuweg der Anwohner links ist gepflastert, knickt nach rund 80 Metern von der Arlberger Straße aus gesehen ab und erstreckt sich über eine Länge von 120 Metern. „Aus diesen Gründen sind diese Grundstücke nicht zur Arlberger Straße beitragspflichtig“, erklärt Malte Werning, und ergänzt, dass es noch „einige weitere Kriterien gibt, die hier für eine selbstständige Anlage sprechen“.

Auf der anderen Straßenseite gestaltet sich die Lage so: „Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Stichstraßen im Erschließungsbeitragsrecht sind Stichstraßen bis 100 Meter, die gerade verlaufen und nicht massiv bebaut sind, wie Zufahrten zu behandeln.“ Deshalb gilt die Hinterlandbebauung als „unselbstständiger Teil des Hauptzuges“, also der Arlberger Straße, und die Anwohner müssen zahlen. Der Weg, so Werning, sei nur 60 Meter lang und erschließe lediglich vier Häuser und drei Garagen, per Bundesverwaltungsgericht müssen die Anwohner also zahlen.

>> WAS SIND ANWOHNERBEITRÄGE?

  • Der Anwohnerbeitrag, oder Straßenbaubeitrag, ist eine Kommunalabgabe. Kurz gesagt bedeutet das: Bei Straßensanierungen, Straßenneubau oder Straßenänderungen können Anwohner für einen Teil der Kosten zur Kasse gebeten werden.
  • Straßenbaubeiträge werden derzeit in sieben Bundesländern erhoben. NRW ist eins davon.
  • Maßnahmen, die von Stadträten oder Kreisräten nach dem1. Januar 2018 beschlossen wurden, werden in NRW komplett vom Land übernommen, die Anwohner müssen nicht zahlen. Achtung: Wichtig ist das Datum des Ratsbeschlusses, nicht des Baubeginns.