Duisburg. 56 Einfamilienhäuser, 39 Wohnungen und ein Supermarkt: Die Pläne fürs Neubaugebiet Rahmerbuschfeld liegen neu aus. Was dadurch nun bekannt wird.

Nach etlichen Einwänden gegen das geplante Neubaugebiet Rahmerbuschfeld liegen die Pläne derzeit zum zweiten Mal öffentlich aus. Der größte Unterschied zur ersten Offenlage: Eine von Naturschützern, Politikern und einer Initiative von Anwohnern geforderte weitere Prüfung ist jetzt durchgeführt und veröffentlicht, eine weitere wurde ergänzt. Was das für die Pläne bedeutet.

Zunächst einmal bleibt es dabei, dass im bisherigen Landschaftsschutzgebiet Häuser und Wohnungen gebaut werden sollen, genau: 56 Einfamilienhäuser – verteilt auf 22 Doppelhäuser und zwölf frei stehende Häuser – sowie 39 Wohnungen in zwei Mehrfamilienhäusern. Zusammen sollen auf den bislang als Weideflächen des Ventenhofs genutzten Wiesen, also 95 neue Häuser und Wohnungen entstehen.

Baugebiet contra EU-Richtlinie- Konflikt ums RahmerbuschfeldNeu sind nicht die Pläne, sondern zwei Gutachten zu jener Frage, die Befürworter und Gegner des Projekts spaltet: Ist das Bauvorhaben mit dem Naturschutz vereinbar? Kern des Problems: Das Rahmerbuschfeld ist nicht nur selber Bestandteil eines Landschaftsschutzgebietes, sondern grenzt auch an ein durch EU-Recht besonders streng geschütztes FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat). Aus diesem Grund hatten die Gegner des Bauprojekts eine FFH-Verträglichkeitsprüfung gefordert; zur ersten Offenlage hatte es nur eine FFH-Vorprüfung gegeben. Auch die Artenschutzprüfung ist zwischenzeitlich fortgeschrieben worden.

Das Ergebnis der FFH-Prüfung zum Rahmerbuschfeld in Duisburg

Zwischen 70 und 200 Meter Abstand vom FFH-Gebiet bescheinigt die zweite Stufe der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung im Auftrag des Bauträgers dem Vorhaben. Damit liegen die neuen Häuser und Wohnungen komplett innerhalb der Pufferzone von 300 Metern um FFH-Gebiete, die von der EU eigentlich vorgeschrieben sind. Darauf geht die Untersuchung nicht ein, sie beschränkt sich auf diese Frage: Sind von 95 neuen Häusern und Wohnungen so nah am Schutzgebiet sogenannte „erhebliche Beeinträchtigungen“ zu erwarten?

Die Initiative Naturerhalt Rahmerbuschfeld um Thomas Anthonj (vorne rechts) beauftragte ein Gegengutachten und bekommt Unterstützung von Teilen der Politik, hier von Europaparlamentarierin Özlem Demirel (Linke, links), Bezirksvertreter Norbert Broda (Linke, hinten links) und Heide Apel (vorne Mitte, Grüne).
Die Initiative Naturerhalt Rahmerbuschfeld um Thomas Anthonj (vorne rechts) beauftragte ein Gegengutachten und bekommt Unterstützung von Teilen der Politik, hier von Europaparlamentarierin Özlem Demirel (Linke, links), Bezirksvertreter Norbert Broda (Linke, hinten links) und Heide Apel (vorne Mitte, Grüne). © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Ein Gegengutachten, gefertigt im Auftrag der Initiative Naturerhalt Rahmerbuschfeld, war zu diesem Ergebnis gekommen. Auch Stufe II der FFH-Prüfung des vom Bauträger beauftragten Gutachterbüros stuft das Bauvorhaben aber als unbedenklich ein. Mit diesen Argumenten:

Licht strahlt nach Norden und Süden, Schutzgebiet liegt im Osten

Problematisch seien vor allem Lichtimmissionen, die zugleich Insekten anlocken und Fledermäuse verscheuchen. Aber: Die Hauptwohnräume der geplanten Häuser seien „im Wesentlichen nach Norden bzw. Süden ausgerichtet“, so dass auch Licht in diese Richtungen strahle. „Das Schutzgebiet liegt östlich des Plangebiets.“

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Beim geplanten neuen Supermarkt sei das ähnlich, die östlich gelegene Anlieferzone werde eingehaust.

Außerdem sei bereits vorgesehen, an der östlichen Grenze des Neubaugebiets „dichte, mehrreihige Feldhecken von mindestens drei bis fünf Meter Endwuchshöhe“ zu pflanzen, einen natürlichen Schutz vor zu viel Lichtverschmutzung.

Lärm: Bis zu 141 Autos pro Stunde sind laut FFH-Prüfung unproblematisch

Als weiteres mögliches Problem untersucht die FFH-Prüfung das Thema Lärm und hier vor allem den künftigen Verkehr. Um 15 Prozent werde dieser nördlich des Rahmerbuschfelds zunehmen, prognostizieren die Autoren der FFH-Prüfung, um zehn Prozent im südlichen Bereich. Konkret gehen sie von 1295 zusätzlichen Autofahrten pro Tag aus. In den Spitzenstunden, so die Prognose, könnten rund ums Rahmerbuschfeld zwischen 9 und 10 Uhr bald 82 Kfz verkehren, zwischen 17 und 18 Uhr bis zu 141 Kfz in der Stunde. Im Durchschnitt gehen sie von zukünftig 54 Autos pro Stunde auf der Angermunder Straße aus.

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Das sei unproblematisch: Verkehr rauscht schon jetzt über die Angermunder Straße, „aus dem Wohngebiet inklusive der Quartierserschließungsstraße und dem Einzelhandel“ sei „mit weitaus geringeren nächtlichen Lärmimmissionen zu rechnen.“ Das Fazit der Gutachter: Der nächtliche Zusatzlärm durch das Neubaugebiet sei „als sehr gering zu bewerten“.

Das Fazit des Gutachterbüros: „Es sind keine erheblichen Auswirkungen durch das Vorhaben auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes zu erwarten.“

>> FFH-PRÜFUNG: SCHLÜSSELBEGRIFF „ERHEBLICH“

  • Kernbegriff der FFH-Prüfung ist das Wort „erheblich“, denn solche Auswirkungen auf das FFH-Gebiet wären verboten oder bedürften einer gesonderten Genehmigung. Das Gutachterbüro definiert das wie folgt:
  • „Nicht erheblich“ sind demnach Beeinträchtigungen, „wenn ein Vorhaben keine oder nur geringfügige Veränderungen“ auslöst. Strukturen, Funktionen und Wiederherstellungsmöglichkeiten eines Erhaltungsziels müssen dazu „unverändert bleiben“. Dadurch seien die Voraussetzungen für eine langfristige Sicherung von Arten und Lebensräumen „vollständig gewahrt“.
  • Eine „erhebliche“ Beeinträchtigung liege dann vor, wenn Eingriffe dazu führen, dass Flächen, Strukturen oder Funktionen, die für Lebensraum oder Art im Schutzgebiet notwendig sind, verloren gehen oder beeinträchtigt werden.

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