Duisburg. Der Holtumer Landhof setzt ab sofort Drohnen ein. Der Grund trägt Fell und ist nur wenige Tage alt: So lief die erste Rehkitzrettung per Drohne.

Rehkitz gegen Mähdrescher – das ist ein ungleicher Kampf. Jede Mahdsaison geistern mehr oder weniger realistische Zahlen durch Deutschland darüber, wie viel Rehnachwuchs jährlich durch die Klingen der Landwirtschaftsgeräte verstümmelt oder getötet wird. Doch es gibt auch die andere, schönere Zahl: Zwei lautet sie an diesem Morgen auf dem Holtumer Landhof im Süden Duisburgs, in Serm. Zwei Rehkitze sind sicher geborgen worden – Ergebnis des ersten Rettungseinsatzes per Drohne.

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Zwei Hektar Wiese sollen an diesem ersten Junitag gemäht werden, „Kleegras, für unsere Bullen“, sagt Marie-Bernadette Greilich, die den Hof zusammen mit ihrem Mann bewirtschaftet. Für die im nahen Wald lebenden Rehe ein hervorragendes Versteck, um ihren Nachwuchs sicher zu verstecken – scheinbar. Das Problem: Die Kitze ducken sich, wenn Gefahr naht. Sie rennen nicht weg. Auch nicht vor einem Mähdrescher.

Kitzrettung per Drohne: Wärmebildaufnahmen aus 30 Metern Höhe

Bei Bedarf kann der Drohnenpilot von der Wärmebildkamera umschalten auf das reguläre Bild.
Bei Bedarf kann der Drohnenpilot von der Wärmebildkamera umschalten auf das reguläre Bild. © Hegering Angerland

Darum kreist zu Sonnenaufgang eine Drohne über dem Feld. In 30 Metern Höhe fliegt sie die zwei Hektar ab, eine Wärmebildkamera zeigt dem Piloten, wo er näher hinsehen sollte. Die ehrenamtlichen Helfer des Hegerings Angerland sind so früh unterwegs, damit die Sensoren die Tiere zuverlässig erkennen können – später wird es zu warm. „Die Kitze liegen dann und schlafen noch“, erklärt Marie-Bernadette Greilich.

Leuchtet es auf dem Display rot auf, kann der Drohnenpilot auf die normale Kameraansicht umschalten und bis auf zwei, drei Meter runtergehen. Nicht jede Wärmesignatur zeigt ein Kitz an: „In der Fläche saß auch ein Hase drin“, erzählt Bernd Bolten, Leiter des Angerlander Hegerings. Aber auch zwei Kitze.

Kitze vor dem Mähdrescher retten: So geht das Drohnen-Team vor

„Wir hatten genau in dem Gebiet etwas erwartet“, sagt Marie-Bernadette Greilich. Gerade „fünf bis zehn Tage“ seien die beiden kleinen Rehe alt. Die Helfer setzen die Tiere in eine Kiste. „Wir ziehen uns Handschuhe an und nehmen noch Gras dazu“, erklärt Bolten das Vorgehen. So nehmen die Jungen keinen Menschengeruch an. Ein paar Stunden später, wenn die Mahd ohne tierische Unfälle vorüber ist, setzen die Ehrenamtler die Tiere wieder zurück. „Die geben dann Fieptöne von sich, das hört die Ricke.“ Und holt ihren Nachwuchs wieder ab.

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Seit Jahren schon setzt der Holtumer Landhof nach Greilichs Angaben auf Kitzrettung, bisher mit Jagdhunden, „die Nase am Boden“. Die Landwirtin weiß: „Hier sind ganz, ganz viele Kitze. Wir finden im Jahr Minimum drei Stück.“

Gleich zwei Rehkitze fanden die Helfer des Hegerings Angerland auf der Wiese des Holtumer Landhofs in Duisburg-Serm.
Gleich zwei Rehkitze fanden die Helfer des Hegerings Angerland auf der Wiese des Holtumer Landhofs in Duisburg-Serm. © Hegering Angerland

Bisher aber „leider nicht alle. Man ist total unglücklich bei einem Wildschaden.“ Doch schon die zwei Hektar Wiese, die jetzt gemäht wurden, seien zu groß, um sie mit Mensch und Hund abzulaufen – die Drohne braucht nur eine Dreiviertelstunde für ihren Überblick. Der Holtumer Landhof bewirtschaftet insgesamt 35 Hektar Fläche.

Holtumer Landhof setzt auch künftig auf Drohnen für die Rehkitzrettung

Die Hunde sollen auch weiterhin zum Einsatz kommen. Die Drohne nach ihrem erfolgreichen ersten Flug künftig aber auch: Dort, wo Kitze am wahrscheinlichsten liegen, in der Nähe zum Wald zum Beispiel. Weitere Vorsichtsmaßnahmen sind Standard: „Egal, wann wir schneiden, wir schauen erst“, sagt Greilich. Außerdem wird von innen nach außen gemäht, „damit die Tiere die Chance haben zu fliehen“. Nicht jedes bleibt liegen wie die jungen Rehe – Feldhasen zum Beispiel hoppeln einfach davon.

Zwei gerettete Rehkitze beim ersten Drohneneinsatz auf dem Holtumer Landhof: Es ist hoffentlich der Start in eine Mahdsaison ohne den ungleichen Kampf mit dem Mähdrescher. In der kommenden Woche wird wieder gemäht.

Zuerst aber fliegt die Drohne.

>> REHKITZRETTUNG IN NRW: 33 DROHNEN IM EINSATZ

  • Ein Förderprogramm des Landes NRW ermöglichte die Anschaffung von 33 Drohnen für die Rehkitzrettung. Die Bilanz 2021: 654 gerettete Rehkitze, neun gerettete Damkitze. Dafür flogen die Drohnen rund 4800 Hektar Fläche ab.
  • Auch der Hegering Angerland nutzt Drohnen, die von einem Förderprogramm finanziert wurden. Das Versprechen: Die Drohnen finden alle Kitze. Landwirte, die ihre Flächen vor der Mahd absuchen lassen wollen, müssen dafür nichts bezahlen, sondern einfach nur einen bis zwei Tage vorher Bescheid sagen. Weitere Informationen gibt es auf hegering-angerland.de.