Duisburg-Huckingen. Die Bäckerei Brockerhoff ist die wohl älteste in Duisburg. Der Inhaber will noch lange weiter backen, trotzdem droht in einigen Jahren das Aus.
Der Tante-Emma-Laden, der die Bäckerei Brockerhoff in den 70er Jahren war, ist ihr noch anzusehen. Längst konzentriert sich Inhaber Richard Ernenputsch auf das Wesentliche: Brot, Brötchen und Kuchen füllen die Regale, in denen früher alles Mögliche stand, bis hin zum Pils. Der Erfolg gibt ihm recht: 2021 besteht die Huckinger Traditionsbäckerei seit 160 Jahren.
„Geburtstage haben wir noch nie gefeiert“, winkt Richard Ernenputsch ab. Eine Zahl kann man nicht mit Honig beschmieren oder dem Kind als Pausenbrot mit in die Schule geben. Was durch seine Hände geht, schon: 70 bis 80 Brote backt er jeden Tag, steht dafür morgens um 5 Uhr schon in der Backstube, oft früher. Um 6.30 Uhr öffnen sich die Ladentüren, um 8 gibt’s die ersten Brote, Spezialbrote ab 10, 11 Uhr.
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Spezialbrote? Bei Brockerhoff lässt sich an der Brottüte ablesen, welcher Tag ist, jedes Brot hat seinen Stammtag: Montags steckt zum Beispiel zusätzlich zum Standard-Sortiment Sechskorn- oder Purpurbrot drin, dienstags Dinkelbrot. 20 Brotsorten gibt es. Solange Ernenputsch keinen Urlaub macht: Dann ist der Laden dicht, und Huckingen muss ein paar Wochen ohne seinen Stammbäcker auskommen.
Wenn die Bäckerei Brockerhoff Urlaub macht, kaufen die Huckinger Brötchen zum Einfrieren
Oder auch nicht: Andere lassen sich nicht die Butter vom Brot nehmen, die Huckinger lassen sich nicht das Brockerhoff-Brot vom Frühstückstisch nehmen. „Wir haben Leute, die kommen vor dem Urlaub und kaufen Brote und 30, 40 Brötchen.“ Zum Einfrieren.
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Bauernbrötchen, natürlich. Wer sie haben will, muss früh aufstehen: Um 9 Uhr sind sie schon mal ausverkauft. Richards Bruder Peter Ernenputsch erzählt: „Es gab schon Jahre, wo Kollegen versucht haben, das zu kopieren.“ Hat nicht geklappt. Als die Bäckerei zu Beginn der Corona-Pandemie den Fensterverkauf für Vorbestellungen einführte, bangten die Duisburger um Klopapier; die Huckinger um ihre Bauernbrötchen. „Die Schlange am Anfang ging bis zur Sparkasse“, erinnert sich Peter Ernenputsch: immerhin 60 Meter.
Mit der Rente des Inhabers droht der Bäckerei Brockerhoff das Aus
Corona, zwei Weltkriege, einen Umzug ins heutige Haus, wo Brockerhoff seit den 1950ern ansässig ist: Die Bäckerei hat schon einiges überstanden. Vom Konsum-Markt, der hier früher war, sind heute noch die Fliesen auf dem Boden sichtbar, das Haus von 1848 ist verwinkelt wie die Original-Regale im Laden. Einige mehr als die bisherigen 160 Jahre werden es noch werden, „solange es läuft, führe ich den Laden weiter“, sagt Richard Ernenputsch.
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Aber: Er selber zählt 57 Jahre, sein Bruder Peter ist schon in Rente, hilft nur noch aus. „Wir beiden sind die letzten“, sagt Richard Ernenputsch. Auch außerhalb der Familie dürfte die Suche nach einem Nachfolger vergeblich bleiben, schätzt er: „Es ist schwierig, jemanden zu finden, der sich sowas noch antun will.“ Zumal bei einer Übernahme neue Auflagen zu erfüllen wären, das Haus müsste wohl umgebaut werden. Für Peter Ernenputsch ist damit klar: „Irgendwann wird hier Schluss sein.“
Dann verliert Huckingen nicht nur die Bauernbrötchen, sondern auch eine Institution mit Geschichte: Die Bäckerei Brockerhoff stammt noch aus einer Zeit, als Pferd Gretchen die Pferdestärke für die Knetmaschine lieferte und das Brot per Karren aus.
Erstmal aber ist es noch nicht so weit. Und so kann Peter Ernenputsch nicht ohne Stolz sagen: „Wir sind der älteste Backbetrieb in Duisburg.“
>> BÄCKEREI BROCKERHOFF: GELERNTER BÄCKER OHNE ABSCHLUSS
- Richard Ernenputsch hat das Bäckereihandwerk im Laden zwar von der Pike auf gelernt, hat aber kein Zeugnis, auf dem das steht. Bevor er ins Geschäft einstieg, studierte er ein paar Semester BWL, „aber das war nicht meins.“
- Theodor Brockerhoff, der Urgroßvater der Brüder Ernenputsch, gründete die Bäckerei 1861.
- Adresse und Öffnungszeiten: Düsseldorfer Landstraße 306; Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 6.30 bis 13 und 15 bis 18 Uhr, Mittwoch und Samstag von 16.30 bis 18 Uhr.