Duisburg-Huckingen. Theo Brockerhoff lieferte als Kind Brötchen mit dem Pferdekarren aus, im Zweiten Weltkrieg war er Soldat. Erinnerungen an ein Huckinger Original.
Er hat zwei Weltkriege überlebt und lebte in einer Zeit, in der die Bäckerei noch durch ein Pferd betrieben wurde: Theo Brockerhoff war ein Huckinger Original. 2019 jährte sich sein Todestag zum 10. Mal. So erinnert der Bürgerverein Huckingen an ihn:
Theo Brockerhoff kam am 5. Juli 1913 als Sohn von Theodor Hubert Brockerhoff (1870 - 1935), Dickbäckisch Düres genannt, und dessen Ehefrau Anna zur Welt. 1898 war Theodors Vater verstorben. Der gelernte Bäcker und Bierbrauer Theodor übernahm von ihm die an der Düsseldorfer Landstraße gelegene Schenkwirtschaft und Bäckerei Wilhelm Brockerhoff. Das Haus Brockerhoff genannte Gebäude hatte damals eine Hausbrauerei, einen kleinen Bäckerei-Verkaufsladen, in dem Brot, Kraut, Schnaps und Gewürze verkauft wurden, eine Kegelbahn, einen kleinen Saal und drei Wohnungen. Dort wuchs Theo mit seinen vier Geschwistern auf.
Ein Pferd sorgte für den Strom in der Duisburger Bäckerei
Als Theo noch ein kleines Kind war, hatte die Elektrizität in Huckingen noch nicht Einzug gehalten. Entsprechend musste die Knetmaschine in der Bäckerei noch durch ein sogenanntes Göpelwerk, eine Kraftmaschine, angetrieben werden, das wiederum im benachbarten Schuppen durch das Pferd Gretchen in Bewegung gesetzt werden musste.
Hinter der Backstube war das Brauhaus. Beim Verpichen der Bierfässer mussten die Kinder helfen. Sie mussten die Fässer im Hof solange hin und her rollen, bis das Pech in allen Fugen verlaufen war. Das eingefüllte Bier war ein obergäriges, dunkles Bier, das viele Abnehmer fand. Der größte Konsument, so berichtete Theos ältester Bruder Wilhelm in seinen Erinnerungen, war Schloss Heltorf, weil die Bediensteten morgens, mittags und abends einen Schoppen Bier bekamen.
Bis 1927 wurden Brot und Brötchen mit dem Pferdekarren ausgeliefert
Die Kinder waren es gewohnt, überall mitzuhelfen. Sei es beim Antreiben von Gretchen, bei Auslieferungen oder anderen Aufgaben. Auch Theo half viele Jahre in der Bäckerei. Mit seinem Bruder Josef zusammen lieferte er die Produkte der Bäckerei aus. Bis 1927 erfolgten die Auslieferungen mit einem Pferdekarren, vor den das Pferd Max gespannt war. 1927 schaffte die Familie einen Opel 4 PS, im Volksmund Laubfrosch genannt, an.
Dann kam es zu Erbstreitigkeiten, und die Familie Brockerhoff musste das seit mehreren Generationen in ihrem Eigentum befindliche Gebäude mit Gasthaus verkaufen. Neuer Eigentümer wurde August Beyer, der die Gaststätte verpachtete.
Theos Bruder Peter übernahm die Brockerhoffsche Bäckerei und wechselte mit ihr in das wenige Häuser entfernte, alte Pastoratsgebäude. Später wurde die Bäckerei von Peters Schwiegersohn Richard Ernenputsch (†2015) übernommen. Dessen Söhne betreiben die Bäckerei an gleicher Stelle noch heute.
Theo Brockerhoff war im Zweiten Weltkrieg Soldat in Norwegen
Theo Brockerhoff half auch nach dem Umzug weiter in der Bäckerei. Einige Jahre später wollte er eigentlich eine Ausbildung zum Chemielaboranten machen. Der Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 jedoch machte dem 26-Jährigen einen Strich durch die Rechnung. Statt einer Ausbildung folgten einige Jahre als Soldat in Norwegen. Nach dem Krieg kam er zurück in die Bäckerei und belieferte wieder Kunden. Theo Brockerhoff heiratete Elisabeth (geb. Baltes) und bekam mit ihr eine Tochter, Anneliese. Beide verstarben jedoch früh. Zwei von vielen Schicksalsschlägen, die Theo im Laufe seines langen Lebens einstecken musste.
Er ließ sich aber nicht unterkriegen. Mit der Rente fing er bei Edeka an. Bis Anfang der 1990er Jahre malte Opa Theo Schilder und war Mädchen für alles. Schon von weitem konnte man ihn an seinem Markenzeichen, dem grauen Kittel, erkennen. In seiner Freizeit war er für die Huckinger Vereine sehr aktiv, zum Beispiel im Männergesangverein MGV Erholung oder auch im Huckinger Schützenverein. Ferner bemalte er zeitweise die Karnevalswagen der Südsterne in Serm. Auch ein Wandgemälde im Balkanhof trägt seinen Schriftzug.
Jahrzehntelang sammelte er historische Fotos und Unterlagen
Sehr viel Leidenschaft investierte er auch in die Unterstützung des Huckinger Bürgervereins. Bereits zum ersten Huckinger Heimatbuch, dass 1992 erschien, steuerte er zusammen mit Johann Bremen einen Artikel zur Familie Brockerhoff bei. Für das zweite Huckinger Heimatbuch war er einer der Hauptzulieferer. Durch sein jahrzehntelanges Zusammentragen von historischen Fotos und Unterlagen schuf er eine umfangreiche Sammlung zur Huckinger Geschichte. Deshalb war er auch lange Jahre der Ansprechpartner zur Geschichte Huckingens. Wenn man so will, dann war Theo Brockerhoff Huckingens erster Heimatforscher.
Sein Nachfolger war Bernd Braun (†2014), gefolgt von Dietmar Ahlemann. Insbesondere die Sammlung historischer Fotos aus Huckingen und Umgebung ist ein äußerst wichtiges Zeugnis der Huckinger Geschichte der letzten 100 Jahre. Der größte Teil der Sammlung fand nach Theo Brockerhoffs Tod durch Schenkungen von Heinz Baltes (†2018) und Edgar Christmann (†2019) seinen Weg in das Archiv des Huckinger Bürgervereins.
Zuletzt lebte Theo Brockerhoff in einem Seniorenheim. Am 17. Juni 2009 verstarb er im Alter von 95 Jahren.