Duisburg. Es war ein Paukenschlag: Das „Renzis“ in Duisburg verliert seine Betreiber. Ein emotionaler Rückblick – und was Sternekoch Sven Nöthel plant.
Es war ein Paukenschlag: Tobias und Astrid Bähner, die 16 Jahre lang erfolgreich verschiedene Restaurants in Duisburg-Baerl betrieben und mit dem Ausflugs- und Eventlokal „Renzis“ Stammgäste und Fans weit über Duisburg hinaus gewonnen haben, verkündeten in der vergangenen Woche, dass sie „ihr Baby“ zum Jahresende „in gute Hände“ abgeben werden. Die Hofnachbarn Sven Nöthel und Isabell Nöthel-Herbst, Inhaber des Sternerestaurants „Mod“, übernehmen im kommenden Jahr. Für die Bähners sind die letzten verbleibenden Tage „sehr emotional“.
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Jeden Tag kommen Anrufe. Stammgäste reservieren Tische, damit sie sich von den beiden noch verabschieden können. Schließlich haben sie mit ihrer Mannschaft bei vielen Gästen Familienereignisse wie runde Geburtstage, Taufen oder Hochzeiten begleitet. Und Sven Nöthel bekennt: „Das, was Astrid und Tobi aufgebaut haben, ist abartig. Es wäre einfacher, einen Laden zu übernehmen, der vor die Wand gefahren ist.“ Deshalb soll sich erst einmal gar nicht viel ändern. Rippchen wird es weiterhin gehen, Burger, Bowls. Ab und zu vielleicht mal etwas Neues auf der Tageskarte.
Familie Bähner prägte 16 Jahre die Gastro-Szene in Duisburg-Baerl
Tobias Bähner, Koch und Hotelfachmann, und seine Frau, haben sich während der Ausbildung kennengelernt. Bähners Familie stammt aus Baerl, also zog es sie wieder in den Duisburger Westen. Zwischen 2006 und heute gab es diverse Aufs und Abs in der Gastronomie. „Als wir damals mit Bähners am See angefangen haben, gab es Abende, da sind wir überrannt worden und der Tiefpunkt war, als nur ein Gast vorbei kam“, erinnert sich der 45-Jährige. Ein Jahr nach der Eröffnung begann die Bankenkrise – die Leute hatten das Geld nicht mehr so locker sitzen.
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Doch die Bähners überstanden die Zeit, zogen später zur Grafschafter Straße und schufen dort mit dem „Renzis“ ein Gastro-Idyll, das nicht nur bei Ausflüglern beliebt ist, sondern ebenso bei Brautpaaren, die im modernen Landhaus-Stil ihren besonderen Tag zelebrieren wollen.
In den vergangenen Tagen haben denn auch schon viele Paare besorgt nachgefragt, ob denn die Feiern wie gewohnt stattfinden können. Isabell Nöthel-Herbst betont: „Ja.“ Sie wird sich künftig um die Betreuung der Brautleute kümmern. Und weil viele noch ins „Renzis“ eingeladen haben, bleibt auch eine Flagge als Reminiszenz hängen, obwohl das Restaurant bald den Namen „Freya“ bekommen wird. „Der Name ist sehr persönlich mit Astrid und Tobi verknüpft, sonst hätten wir ihn vielleicht gar nicht geändert.“
Spitzenkoch Sven Nöthel wurde mit seinem Lokal „Entdeckung des Jahres“
Für Sven Nöthel ist es ein aufregendes Jahr: Gastrokritiker zeichneten ihn „als Entdeckung des Jahres aus“, das Mod erhielt einen Stern. Er und seine Frau gaben sich das Ja-Wort, das Baby ist unterwegs und bald ziehen sie von Mülheim nach Duisburg-Baerl. „Als ich damals hier für einen ersten Kaffee hin kam, habe ich mich sau wohl gefühlt“, blickt er zurück. Eigentlich hatte sich Nöthel als Küchenkraft für das Renzis beworben. Schnell merkten beide, dass sie auf andere Art und Weise zusammenarbeiten wollten. Sie bauten den ehemaligen Kuhstall um – das heutige Mod. „Astrid ist eine emotionale Freundin, Tobias wie ein großer Bruder“, beschreibt Nöthel das besondere Verhältnis.
Immer wenn er sich überlegt habe, irgendwann mal ein zweites Restaurant zu übernehmen, „dann sollte es so sein, dass ich innerhalb von einer Minute im anderen Laden sein kann.“ Im Sommer spielten Tobias und Astrid Bähner mit dem Gedanken, sich zurückzuziehen. „Das war immer so weit weg. Und jetzt sind es nur noch ein paar Tage“, erklärt Tobias Bähner und klingt melancholisch, aber auch glücklich.
„Schlaflose Nächte“ hatten die „Renzis“-Macher, als sie die Entscheidung ihrem Team mitteilen mussten. Viele arbeiten schon seit Jahren für die beiden, auch das eher ungewöhnlich in der Branche. „Es war erst Schockstille. Aber dann haben sie uns verstanden und beglückwünscht zu dem Schritt“, erzählt Astrid Bähner. Noch wichtiger: Niemand hat sich weg beworben – alle werden unter den Nöthels weiterarbeiten.
Astrid und Tobias Bähner wollen bis Silvester Vollgas geben – Schiss vor der plötzlichen Ruhe
Es wird weiterhin zwei Küchen geben. „Niemand muss Angst haben, dass es hier nur noch Sternefusel gibt.“ Für Gesellschaften ergeben sich aber neue Kombinationsmöglichkeiten: Große Runden, die bisher keinen Platz im Mod hatten, könnten zum Beispiel im „Atelier“ des künftigen „Freya“ feiern – aber Teile des Menüs vom Mod ordern. „Ich werde abends im Mod sein“, betont der Sternekoch. Im „Freya“ gibt es einen Betriebsleiter – und Astrid Bähner wird das Team noch bis Ende Februar begleiten.
„Ich glaube nicht, dass ich lange auf der Couch sitzen kann“, ahnt Tobias Bähner und hat auch ein bisschen Schiss vor der plötzlichen Ruhe. Er will mit seiner Frau und dem Team bis Silvester Vollgas geben. Ob sie sich noch einmal einen Job in der Gastronomie suchen werden? Sie wissen es nicht. In Baerl bleiben sie erst einmal wohnen.
Und sonst? „Ich habe vor ein paar Monaten einen Kite-Ausbilderschein gemacht. Kann sein, dass man mich im Sommer irgendwo in einem Gewässer finden wird.“ Auch Astrid Bähner kann Kiten. Aber auch den Jakobsweg zu pilgern, steht auf der Liste der Dinge, die sie unbedingt im Leben mal machen wollen. „Ich freue mich einfach darauf, was kommt“, sagt Astrid Bähner.
Auch Isabell und Sven Nöthel schauen voller Vorfreude auf das kommende Jahr. Im Juni erwarten sie das Baby. Im Mod sind schon viele Tische reserviert – und an den Wochenende im Renzis die eine oder andere Feier. „Im Januar und Februar ist im Mod aber noch etwas frei und wenn sich Paare für eine Feier melden, finden wir bestimmt einen Termin“, erklärt Isabell Nöthel-Herbst. Und Sven Nöthel sagt ebenso ungläubig wie dankbar: „Ich weiß gar nicht, wie sich dieses Jahr noch steigern lässt.“