Duisburg-Neumühl. Um Heimat und verschiedene Kulturen drehte sich nun alles beim Mädchenfest der „Awo Integration“ auf dem Bauspielplatz Neumühl. Es wurde getanzt, gelacht und ganz nebenbei wurden Vorurteile abgebaut.
Was bedeutet Heimat für Kinder, die eingewandert sind? Genauer: Für Mädchen aus Bulgarien und Rumänien, die nun in Duisburg leben, und über deren Eltern oft gemeckert wird – weil sie ihren Müll nicht wegräumen und auf der Straße, etwa in Hochfeld, für Tagesjobs anheuern? Um Heimat und verschiedene Kulturen drehte sich nun alles beim Mädchenfest der „Awo Integration“ auf dem Bauspielplatz Neumühl. Es wurde getanzt, gelacht und ganz nebenbei wurden Vorurteile abgebaut. Unsere Zeitung hat das Fest besucht – und traf auf Esmaralda. Sie ist elf Jahre alt und voller Träume. Deutschland hat sie sich freilich ganz anders vorgestellt.
Esmaralda kommt, wie viele andere Bulgaren, die nach Duisburg zogen, aus der Stadt Vrbica. „Mein Papa hatte keine Arbeit und wollte deshalb nach Deutschland“, erinnert sie sich. „Alle sagen in Bulgarien, dass es in Deutschland besser ist.“ Ihr Vater reiste schon zwei Jahre eher nach Duisburg, blieb und holte Frau und Kinder später nach. „Mein Vater hat gesagt, dass es hier gut ist, weil man in der Schule viel lernen kann“, sagt Esmaralda. Mit einem Koffer voller Kleidung kam sie hier an. Andenken an Bulgarien hat sie keine eingepackt – Spielsachen gibt es schließlich auch hier.
Kaum deutsche Freunde
Sie kam zunächst auf die Grundschule, konnte kein Wort Deutsch und bekam von der Lehrerin immer wieder gesagt, wie wichtig die Sprache ist. Schnell spricht sie so gut, dass sie auch für ihre Eltern dolmetscht. Sie wechselt auf die Globus Gesamtschule. Die Schule macht ihr Spaß. Dennoch ist der Alltag hart. Viele deutsche Freunde hat sie nicht. „Die rufen immer: ,Ihr Scheiß-Bulgaren’“. Wenn sie das hört wird sie traurig – und findet es obendrein auch noch gemein, denn die wenigsten Klassenkameraden fragen, warum sie hier ist oder wie es ihr geht.
Mit den anderen Mädchen aus Bulgarien versteht sie sich besser. „In der großen Pause sprechen wir dann oft bulgarisch, aber nur, wenn kein Lehrer in der Nähe ist“, verrät sie. In Vrbica sind sie nach dem Unterricht oft schwimmen gegangen. In Hochfeld läuft Esmaralda mit den anderen Mädchen in die türkische Bäckerei oder hockt im Internetcafé, um mit ihrer Oma via Internet zu telefonieren. Sie ist die einzige, die noch in Bulgarien lebt.
3575 Bulgaren wohnen in Duisburg
Derzeit wohnen 3575 Bulgaren sowie 1704 rumänische Staatsangehörige in Duisburg. Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat einige Maßnahmen ins Leben gerufen, um sich um die Zielgruppe zu kümmern. „Ambulante kulturspezifische Gesundheitsvorsorge für Zuwanderer aus Südosteuropa insbesondere Bulgarien“, heißt ein Programm. Klingt kompliziert, spricht aber ganz praktisch die Mütter an, um ihnen zu erklären, wie das deutsche Gesundheitssystem funktioniert, dass sie sich versichern müssen und was bei der Gesundheitsvorsorge, vor allem für die Kleinen, beachtet werden soll.
„Wir sind selbst auf die Menschen zugegangen und haben sie eingeladen, vorbei zu kommen“, erklärt Selda Baykal. Das funktioniere bisher am besten. Die Diplom-Sozialpädagogin arbeitet bei der „Awo Integrations GmbH“. Für die Maßnahmen wurden gezielt muttersprachliche Honorarkräfte eingestellt, die die Kinder betreuen. Neulich war Esmaralda mit der Mädchengruppe im Zoo und hat dabei ganz viel über Delfine gelernt. Es war ein schöner Nachmittag. Ein bisschen Abwechslung.
Esmaralda möchte für immer in Deutschland bleiben
Esmaralda möchte übrigens gerne für immer in Deutschland bleiben. Auch wenn die Oma sich sehr wünscht, dass die Familie bald zurückkommt. Die Elfjährige kann sich noch nicht entscheiden, was Heimat für sie wirklich bedeutet. „Heimat ist, wo die Familie lebt. Aber auch, wo man geboren ist.“