Duisburg-Hamborn. . Der Notfall-Seelsorger Frater Michael aus der Hamborner Abtei versteht, dass viele Menschen agesichts der Katastrophe in Japan geschockt sind. Aufgrund der intensiven Berichterstattung entstehe eine Betroffenheit, auch fernab des Krisengebiets.

Frater Michael am Kreuzgang der Abtei Hamborn. Foto: Udo Milbret
Frater Michael am Kreuzgang der Abtei Hamborn. Foto: Udo Milbret © WAZ-Fotopool

Natürlich verfolge auch er in Fernsehen und Internet die Nachrichten intensiv mit, die nach Erdbeben und Tsunami aus dem bis ins Mark erschütterten Japan zu uns dringen, sagt Frater Michael, der sich in der Hamborner Abtei spontan Zeit für ein Gespräch mit unserer Zeitung genommen hat.

Der Diplom-Theologe und Notfall-Seelsorger, der unter anderem zahlreiche Menschen bei der Verarbeitung der Loveparade-Katastrophe begleitet und begleitet hat, versteht, dass es unter unseren Lesern viele gibt, die in Anbetracht dessen, was in Japan passiert und passiert ist, geschockt, ja, paralysiert sind.

Man sollte nicht alles zu nah an sich heranlassen

„In der Aufnahme und Verarbeitung dessen, was wir da sehen und hören aus Japan“, sagt der Mönch, „sollte man einen gesunden Mittelweg finden. Natürlich die Nachrichten verfolgen, aber das Ganze dann vielleicht auch nicht zu nah an einen heran lassen.“

Wenn die Bilder der Medien zu sehr bedrückten, sei es klug, einfach mal abzuschalten, bewusst für eine Weile wegzuschauen: „Es ist wie bei anderen Unglücken auch: Wenn es einem sehr zusetzt, dann sollte man genau das tun, von dem man weiß, dass es einem in diesem Moment gut tut.“

Menschen nehmen heute intensiver an Katastrophen teil

Die Menschen sind besorgt

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    Viel intensiver als früher, sagt der Frater, nehme man in diesen Zeiten der unbegrenzten medialen Vielfalt an Katastrophen teil: „Im Internet bei Facebook, Twitter, Youtube, im Fernsehen auf allen Kanälen, es ist ein viel intensiveres Erleben als zu früheren Zeiten.“ Was früher an Informationen aus einer Katastrophengegend in 1, 2 Tagen, einer Woche, bekannt geworden wäre, erfasse man heute innerhalb von Stunden: „Der Fluss der Nachrichten wurde ganz enorm verstärkt.“

    Ob dies denn generell schlecht sei? „Sehr gute Frage. Kann ich nicht beantworten“, sagt Frater Michael. Sehr gut verstehen könne er hingegen was aus dieser medialen Überflutung entstehe, Betroffenheit und Verzweiflung der Menschen, fernab der Katastrophe: „Es tut mir weh, das zu sagen, aber die Welt ist eben nicht gut. Wir leben in keiner heilen Welt. Wir wünschten natürlich, dass das anders wäre.“

    Frater kritisiert Lesungs-Empfehlung der katholischen Kirche

    Es habe ihn erschreckt, dass die Lesungs-Empfehlung der katholischen Kirche für den gestrigen Sonntag ausgerechnet den Sündenfall zum Thema hatte: „Das passt derzeit natürlich wie die Faust aufs Auge.“

    Nun auf die Katastrophe zu reagieren, indem man eine diffuse Atom-Lobby an den Pranger stelle, vorschnell wütend Schuldige zu suchen, sei keine Lösung: „Das drückt eigentlich die Angst aus, die viele Menschen davor haben, dass sie ihre eigene heile Welt, oder die Vorstellung davon verlieren könnten.“ Angst, Hilflosigkeit und Wut angesichts dieser oder anderer Katastrophen, sagt der Prämonstratenser-Pater, solle man mit Menschen besprechen, die einem lieb seien: „In der Familie oder im Freundeskreis. Sprechen sie über Gefühle – gerne auch mit Freunden bei einem Bierchen.“ Wer weiteren Zuspruch brauche, der solle sich an die Sorgentelefone der Kirchen wenden. Und: „Gehen sie in ihre Kirche, zünden sie eine Kerze an.“