Duisburg. .

Beim Stahlunternehmen Arcelor-Mittal hängt der Haussegen schief: Das Unternehmen will seine jungen Mitarbeiter in einer Zeitarbeitsfirma parken, statt sie zu übernehmen. Gewerkschaft und Betriebsrat laufen Sturm.

Dass die Glocken der Mittelmeidericher Kirche genau in dem Augenblick läuteten, als die Jugendlichen einen Sarg mit ihrer Zukunft um das Gotteshaus schleppten, war sicher mehr als ein Symbol. Und dass dem Sarg Menschen in Rollstühlen und mit Rollator folgten, war auch kein Zufall.

Bei Arcelor-Mittal hängt nämlich der Haussegen schief. Zwischen Betriebsrat und Unternehmen ist man zwar über den Abbau von 130 Stellen im Zusammenhang mit der Produktionsverlagerung der Drahtstraße von Hochfeld nach Ruhrort einig geworden. Das soll über Altersteilzeit geschehen. Gleichzeitig drückt das Unternehmen aber eine ziemlich Alterslast. Betriebsrat Uwe Scharnberg: „Die Hälfte der Belegschaft ist in fünf Jahren über 50.“ Um den Altersdurchschnitt zu senken, könnte das Unternehmen junge Mitarbeiter übernehmen, die ihre Ausbildung beendet haben und älteren Mitarbeitern einen Ausstieg über Altersteilzeit ermöglichen. Das aber lehnt Arcelor-Mittal als zu teuer ab.

Pläne: den Nachwuchs auslagern

Stattdessen sollen die Auszubildenden in einer Zeitarbeitsfirma (Peag) geparkt werden und dann an Arcelor-Mittal als Leiharbeiter zurückgeholt werden. „Ich bin in meinem letzten Lehrjahr und weiß nicht, was ich machen soll“, klagt Mike Wenders. Der Auszubildende macht eine Lehre als Elektroniker und schaut mit einiger Skepsis auf die Peag. Der jüngste Tarifvertrag verhindert zwar, dass die Leiharbeiter - anders als bisher - als Menschen zweiter Klasse und weniger Einkommen beschäftigt werden. Aber eine Perspektive ist das nicht. Mike Wenders: „Ich möchte doch auch mal die Perspektive haben, eine Familie zu gründen.“ Und dann greift er schmunzelnd Vaters Spruch auf: „...und einen Baum pflanzen.“

Ähnlich sieht das eine Kollegin, die aber ihren Namen nicht in den Medien lesen möchte: „Das ist doch alles zu unsicher.“ Denn während im Unternehmen Arcelor-Mittal einigermaßen geregelte Verhältnisse herrschen, ist bei den Leiharbeitsfirmen die Lage anders. Hier lassen sich Menschen auch schon mal schneller auf den Arbeitsmarkt entsorgen.

„Wir brauchen Leute“

Alles das wurde bei der außerordentlichen Betriebsversammlung am Donnerstag noch einmal zwischen Belegschaft, Gewerkschaft, Betriebsrat und Unternehmensführung in einer nichtöffentlichen Betriebsversammlung besprochen. Allerdings ist die Lage bei Acelor-Mittal anders als bei ThyssenKrupp Steel. Die Geschäftsführung muss sich ihre Entscheidungen bei der Konzernmutter absegnen lassen. Und für die zählt eben eher, dass die Stammbelegschaft reduziert worden ist als die strategische Entscheidung für die Zukunft. Denn für Betriebsrat Michael Andrejewski steht fest: „Wir brauchen die Leute.“ Er sieht die Gefahr, dass die gut ausgebildeten Leute von der Peag aus zu anderen Unternehmen gehen und für Arcelor-Mittal auf immer verloren sein werden.