Duisburg-Beeckerwerth. Pöbeleien, Schwarzangler, illegales Schwimmen – Angler berichten, was sie am Beeckerwerther See in Duisburg erleben. Das sagen Polizei und Stadt.
Sie berichten von Pöbeleien, jeder Menge Müll, illegalem Grillen und Baden. Die Nerven der Mitglieder des Angelsportvereins Ruhrort 1934 liegen blank. Wenn sie von ihren Erlebnissen am Beeckerwerther See erzählen, erinnern die Geschichten stark an das, was sich an warmen Wochenenden am Masurensee abspielt. Dazu kommen Schwarzangler und ein immer aggressiveres Verhalten der Besucher.
Baden und Grillen: Beides ist hier in dem Naturschutzgebiet in Beeckerwerth verboten. Das schere die meisten Besucher allerdings nicht. „Sobald das Wetter schön ist, fallen die Leute wie Heuschrecken über den See her“, berichtet eine Anglerin, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. „Wenn wir zum Angeln kommen, und an unsere Plätze wollen, werden wir angepöbelt. Ich möchte nicht wiederholen, was ich mir schon alles anhören musste.“
Beeckerwerther See: Angler beklagen schlimme Zustände
Geangelt wird von eigenen Angelstellen, die nur vom Verein genutzt werden dürfen. Darauf weisen Schilder hin, die allerdings übersprüht oder überklebt wurden. „Wir haben natürlich nichts gegen Leute, die hier ihre Freizeit genießen wollen und die Füße ins Wasser halten. Aber wir möchten auch unserem Hobby nachkommen können, ohne angefeindet zu werden.“
Oft kämen Großfamilien an den See, Grills und große Schwimmtiere im Gepäck. „Ich bekomme als Mutter und Oma eine Gänsehaut, wenn ich die Kinder damit auf dem Wasser sehe. Das Baden im See ist ja nicht ohne Grund untersagt“, so die 58-Jährige.
Das Baden im See ist verboten – was viele trotzdem nicht daran hindert
Beim Beeckerwerther See handelt es sich um eine ehemalige Kiesgrube, die vom Rhein gespeist wird. Unterhöhlungen und unterirdische Strömungen machen das Schwimmen gefährlich. Lebensgefährlich, wie die Polizeistatistik zeigt: Zwei Menschen sind in den letzten Jahren, 2015 und 2017, im See ertrunken. „Sprechen wir die Leute an, werden wir regelmäßig beschimpft“, so die Anglerin.
„Baden verboten“-Schilder suchte man allerdings über Jahre vergeblich. An den Masten waren nur Halterungen zu erkennen, wo sie mal gehangen haben könnten. „Die Schilder haben irgendwann mal irgendwelche Leute abgerissen“, sagt ein Anwohner, der auch anonym bleiben möchte und sich schon nicht mehr daran erinnern kann, wann er selbst zuletzt ein solches Schild gesehen hätte.
Seit geraumer Zeit habe der Verein sich darum bemüht, dass neue aufgestellt werden, berichtet die Anglerin. Bisher vergeblich. Doch seit ein paar Tagen hängen die Verbotsschilder wieder. „Endlich! Mal sehen, wie lange“, unkt sie.
Anglerverein hat die See von der Stadt gepachtet und kümmert sich
Der Angelverein hat 50 aktive Mitglieder. Nur sie dürfen am Beeckerwerther See angeln. Der Verein hat das Gewässer von der Stadt gepachtet, trägt also auch Verantwortung für den See. „Wir setzen Fische ein, haben ein Auge darauf, ob die Tiere Parasiten haben“, erklärt die Anglerin.
Die Mitglieder fischen abgebrochene Äste aus dem Wasser, schneiden kleinere von Bäumen ab, bevor sie im See landen. Geht größere Gefahr von den Bäumen aus, informieren sie den Förster. Auch wenn es nicht ihre Aufgabe ist, sammeln sie herumliegenden Müll auf, „damit die Tiere keinen Schaden nehmen.“
Viele Mitglieder haben den Anglerverein aus Frust über die Zustände am See verlassen
Das alles machten sie über viele Jahre gerne, schließlich haben sie die Zeit am See genossen. Und sie lieben ihr Hobby. „Inzwischen ist es aber so, dass einige von uns gleichzeitig Mitglied in anderen Vereinen sind, die ein eingezäuntes Gelände haben“, erklärt die 58-Jährige. „Im letzten Jahr hatten wir einen regelrechten Mitgliederschwund. Meine Söhne sind auch ausgetreten, als sie von Schwarzanglern mit Ästen beworfen wurden.“
Marcel Knülle kommt aus Essen nach Beeckerwerth. Er ist vor vier Jahren mit vier Freunden in den ASV Ruhrort 1934 eingetreten. „Ich überlege aber, wieder wegzugehen. Es macht einfach keinen Spaß mehr“, sagt der Familienvater. „Wenn wir an den See kommen, sammeln wir zum Beispiel erst einmal die Scherben von zerbrochenen Flaschen auf. Viele Menschen benehmen sich hier wie die Axt im Walde.“
Ausgebildete Fischereiaufseher haben ein Auge auf den Beeckerwerther See
Der Essener hat sich zum Fischereiaufseher ausbilden lassen, darf sich zum Beispiel den Angelschein zeigen lassen, wenn er den Verdacht hegt, dass jemand schwarz angelt. Und er hat ein Auge auf das, was am See passiert. „Besucher reißen zum Beispiel Mülltonnen aus der Verankerung und werfen die ins Wasser. Also fischen wir die wieder raus, holen den Abfall mit dem Kescher aus dem See und stellen die Mülleimer wieder auf.“
Notfalls kämen die Wirtschaftsbetriebe und brächten neue an. Anglerin und Marcel Knülle freuen sich über die gute Zusammenarbeit: „Die Wirtschaftsbetriebe kommen zweimal in der Woche, sogar auch sonntags“, so die Anglerin. Die Müllsituation sei wirklich besser geworden, bestätigt Marcel Knülle: „Die Mitarbeiter geben uns Säcke, in denen wir auch Müll sammeln und die wir dann vorne auf den Parkplatz stellen.“
Angler berichtet: „Meine Familie und ich wurden am See mit einem Messer bedroht“
Nicht alle Besucher seien uneinsichtig: „Neulich sind Jugendliche vom Plateau ins Wasser gesprungen. Sie konnten kein Deutsch. Da habe ich mit dem Handy übersetzt, warum das Baden so gefährlich ist. Sie sind sofort raus aus dem Wasser. Solche Situationen gibt es zum Glück auch“, sagt Marcel Knülle.
Ein schlimmes Erlebnis hatte er vor einigen Monaten: „Ich war mit meiner Freundin und unserem zehnjährigen Sohn am See, als uns ein Mann mit einem Messer bedroht hat. Er war offensichtlich schwer alkoholisiert und wollte, dass wir ihm eine Zigarette drehen. Ich glaube, er meinte einen Joint“, berichtet der 37-Jährige. Er konnte den Mann mit ein paar passenden Worten verscheuchen. Anzeige erstattet hat er nicht: „Das verläuft doch eh im Sand und kostet viel Zeit.“
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Polizei und Stadt bewerten den Beeckerwerther See nicht als Hotspot. „In diesem Jahr hatten wir bisher nur einen Einsatz am See. Da haben Beamte einen Grill gelöscht und aggressiven Jugendlichen einen Platzverweis erteilt“, erklärt Polizeisprecher Stefan Hausch. „Unsere Bezirksbeamten bieten sich aber gerne als Gesprächspartner an.“
Auch die Stadt sieht keine massiven Probleme. „Dem städtischen Außendienst (SAD) war die beschriebene Problematik am Beeckerwerther See nicht bekannt. Bei den Kontrollen in jüngster Vergangenheit konnten keine Missstände festgestellt werden. Wir werden an dem See weitere Kontrollen durchführen und die Situation im Blick behalten. Wenn sich wieder heiße Tage ankündigen, wird auch der SAD hier kontrollieren“, sagt Stadtsprecher Malte Werning.
Darauf hoffen die Mitglieder des Angelsportvereins Ruhrort 1934. Denn sie fühlen sich stiefmütterlich behandelt. „Wir haben einfach den Eindruck, dass der Fokus auf der Sechs-Seen-Platte liegt“, sagt die Anglerin.