Duisburg. Der Masurensee in Duisburg ist ein Sommer-Hotspot: „Das hier ist ein Stück Freiheit“, sagen Besucher. Dabei gelten Grillverbot und Badeverbot.
Die Sonne brennt vom Himmel, da gibt es für viele nur ein Ziel: den Masurensee. Dort sind Baden und Grillen verboten. Viele wissen das nicht, andere stören die Verbote nicht. Die halbe Welt macht es sich regelmäßig am Baggersee gemütlich: Deutsche, Türken, Syrer, Polen, Russen und Ukrainer aus dem nahen und weiten Umkreis von Duisburg genießen die heißen Tage: Sie baden, grillen, sonnen sich, haben Decken dabei und jede Menge Essen und Getränke. Obwohl viele extra Tüten mitgenommen haben, um keine Spuren zu hinterlassen, fliegen bereits früh nachmittags die ersten Plastikflaschen, Servietten und anderes Papier durch die Gegend.
Hitze und Wochenende an Duisburgs Masurensee: kein Ordnungsamt in Sicht
Auch die Polizei schaut mal vorbei, moniert aber nur das Shisha-Rauchen, Mitarbeiter des Ordnungsamtes werden nicht gesichtet. Sieht man sich die Autokennzeichen an, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Aus Aachen kommen die Gäste, Bochum ist genauso dabei wie Unna, Essen, Moers, Mettmann, Wuppertal, Göppingen, Solingen, Düsseldorf, Köln, Viersen, Bottrop, Ukraine und Polen.
Aber warum ist gerade der Masurensee so reizvoll? Die Antwort ist fast immer dieselbe: „Hier ist die Natur so schön, man muss nichts bezahlen und kann sogar umsonst parken.“ Auch, wenn das eher einem Glücksspiel gleicht. Denn ab mittags ist eher ein langer Fußmarsch angesagt. Es reiht sich Auto an Auto, die ganze Straße entlang.
Eine Polin ist ganz begeistert von dem Fleckchen in Duisburg. Sie ist mit ihrem Mann aus Essen-Stoppenberg angereist und liebt den See. Seit drei bis vier Jahren fahren die beiden immer hierhin. Der Zaun, den sie im hinteren Bereich des Sees vor der Nase haben, stört sie nicht. Man kann sich ja umdrehen und den Blick Richtung See wenden.
Kempen, Montabaur, Köln: weite Anreise nach Duisburg zum verbotenen Grillen und Baden
Auch für Lars und Agnieszka ist das Wasser der Wahl der Masurensee. Sie kommen mit ihrem Kombi aus Kempen. „Bei uns gibt es nur den Hariksee, und der ist klein. Da macht es hier viel mehr Spaß, weil man so eine weite Fläche hat und viele Seen“, sagt Lars. Sie haben ein Kajak, das man zusammensetzen kann, so dass es prima in einen Kombi passt. Die vier Teile haben sie bereits um 10 Uhr zusammengesteckt und sind in See gestochen. Man müsse früh hier sein, sonst habe man keine Chance mehr auf eine Parklücke.
Weiter Richtung Ufer hat man das Gefühl, dass manche Großfamilien ihren gesamten Hausrat mitgenommen haben. Eine Familie mit zwölf Personen hat es sich auf Decken gemütlich gemacht, Stühle und Tische aufgestellt, eine Strandmuschel dabei, ein Grill ist aufgestellt, Bälle müssen wieder eingefangen werden, wenn sie Richtung See rollen, und eine Horde spielender Kinder tobt um die Bäume herum.
Im Masurensee herrscht Badeverbot – die Besucher kommen mit Schwimmwesten
Aus Montabaur, einer Kreisstadt des Westerwaldkreises in Rheinland-Pfalz, ist der gebürtige Russe Kondienko mit Familie und Freunden angereist. Er kam mit zwölf Jahren in Duisburg mit seiner Familie an und liebt das Ruhrgebiet nach wie vor. In Heiligenhaus haben sie Verwandtschaft, nach Montabaur zog es ihn vor Jahren, weil seine Frau dort Arbeit gefunden hat. „Aber die Stadt ist mir viel zu ruhig“, gibt er zu. Er vermisst Duisburg, „hier ist immer was los“, sagt er und ist glücklich, den Sommer-Sonnen-Tag am See zu verbringen. Mit insgesamt neun Leuten sind sie aufgeschlagen – inklusiv fünf Kindern. Für die Kleinsten haben sie Schwimmwesten dabei. Abends wird dann in Heiligenhaus übernachtet, und am nächsten Tag geht’s zurück in die ruhige Stadt in Rheinland-Pfalz.
Grillverbot an der Sechs-Seen-Platte? „Wir grillen nicht, wir braten nur“
Aus Köln kommt das Ehepaar Dieter und Regina. Mit einem Van haben die 70- und 72-Jährigen den Weg von der Domstadt nach Duisburg gefunden und lassen es sich gutgehen. Einen Grill haben sie aufgestellt und für Schutzmaßnahmen vor Feuer gesorgt. Dass hier nicht gegrillt werden darf, weiß der Kölner. „Wir grillen ja auch nicht, wir braten nur“, sagt er augenzwinkernd. Bei dem internationalen Sprachenmix fällt ihm ein Spruch von Friedrich Schiller ein: „Wer zählt die Völker, nennt die Namen, die gastlich hier zusammenkamen.“ Ihm und seiner Frau gefällt es am Masurensee. „Es ist ein Stück Freiheit bei so viel Vorschriften und Beschränkungen, die einem sonst überall begegnen.“ Während es sich viele mit Sonnenschirm oder Käppi am braunen Strand gemütlich machen, spielen und toben 30 bis 40 Kinder stundenlang im Wasser.
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Die beiden Syrerinnen, die vor acht Jahren als unbegleitete Kinder aus dem Kriegsgebiet um Aleppo nach Oberhausen kamen, freuen sich über den unverbauten Blick aufs Wasser. „Wir haben im Internet diesen Strand gefunden“, sagen sie in fließendem Deutsch. Vor einigen Jahren entdeckten sie das daneben befindliche Freibad, aber das kostet Eintritt. „Hier ist es genauso schön, und es kostet nichts“, sagen die beiden. Während Rama (25) ihren Schulabschluss längst hinter sich hat und Wirtschaft studiert, macht Shaimaa (17) bald ihr Abitur. Am Masurensee sind sie in diesem Sommer nicht zum letzten Mal, versichern sie.
Informatiker Max (25) und sein Freund, der Mechatronikermeister (24), lieben das Stand-up-Paddling auf den Seen. Sie kommen mit ihrem Bus aus Unna und klappern immer alle Seen in der Umgebung ab. „Es ist hier so toll, weil man direkt bis ans Wasser fahren kann und es nichts kostet. Am Lippesee in Paderborn zahlt man pro Person für den Eintritt fünf Euro und für das Board noch einmal acht Euro. Hier kann man sogar von einem See zum nächsten fahren. Das ist einfach super.“