Duisburg-Neumühl. Belvona-Mieter an der Otto-Hahn-Straße in Duisburg leben mit katastrophalen Mängeln. Bei Nevim Bayraktar läuft seit Wochen Wasser aus der Decke.

„Luxus bezahlbar ab 349 Euro“ verspricht ein unübersehbares Schild auf der Wiese der Wohnanlage an der Otto-Hahn-Straße. Darüber kann Nevim Bayraktar nur lachen. Sie wohnt hier und wäre schon glücklich, wenn die kaputten Wasserleitungen repariert und Schimmel beseitigt würden und die Haustür wieder geschlossen werden könnte. Wirklich Hoffnung hat sie nicht: Ihre Vermieterin, die Belvona Real Estate GmbH mit Sitz in Düsseldorf, ist für ihre Mieterinnen und Mieter nicht erreichbar.

Nevim Bayraktar lebt schon mehr als 20 Jahre an der Otto-Hahn-Straße. „Anfangs waren das hier Gebag-Wohnungen. Da war alles supergepflegt und wir hatten eine tolle Hausgemeinschaft.“ Dann wurde der Gebäudekomplex in Neumühl dreimal verkauft „und mit jedem neuen Vermieter wurde es schlimmer“. Heute sind nur noch vier der zwölf Wohnungen in dem Teil vermietet, in dem die 52-Jährige lebt.

Dieses Rohr in einer Wohnung im vierten Stock verursacht den aktuellen Wasserschaden. Bei Nevim Bayraktar tropft es in der Küche von der Decke. Das Wasser sammelt sich im Keller. Trockenen Fußes kommen die Mieter dort nicht in ihre Räume.
Dieses Rohr in einer Wohnung im vierten Stock verursacht den aktuellen Wasserschaden. Bei Nevim Bayraktar tropft es in der Küche von der Decke. Das Wasser sammelt sich im Keller. Trockenen Fußes kommen die Mieter dort nicht in ihre Räume. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Mieterin der Wohnanlage im Duisburger Norden beklagt viele Mängel

Wer ins Haus möchte, muss einfach nur sanft gegen die Haustür drücken: Sie lässt sich seit Monaten nicht mehr schließen. Momentan vielleicht zumindest tagsüber ganz praktisch, denn auch die Klingeln funktionieren seit einem massiven Wasserschaden vor Weihnachten nicht mehr. Aber fürs Sicherheitsgefühl natürlich eine Katastrophe. „In der Vergangenheit haben auch schon Leute eine der Wohnungstüren aufgebrochen und dann mit 30 Leuten in einer der leeren Wohnungen gehaust. Das war eine schlimme Zeit. Die haben den Hausflur als Toilette benutzt und ihren Müll aus dem Fenster geworfen.“ Immerhin: Diese Familie ist inzwischen wieder weg.

Das Leben mit massiven Mängeln begann 2019. „Der Aufzug war zum Beispiel über ein Jahr lang kaputt. Den braucht mein Sohn aber dringend, weil er behindert ist. Heute funktioniert der Aufzug mal und dann wieder mal nicht. Ich benutze ihn nicht mehr, seit ich drin steckengeblieben bin.“

Schimmel im Badezimmer: Wasserschaden wurde offenbar nicht repariert

Dann war da 2019 der Wasserschaden im Badezimmer, von dem Nevim Bayraktar glaubt, dass er bis heute nicht richtig repariert wurde. „Ich habe damals selbst tagelang ein Trockengerät gemietet und auch den Strom dafür bezahlt. Dazu kommt ein Handwerker, der in meinem Auftrag eine spezielle Grundierung auf die Wände aufgebracht hat. Das hat mich über 1000 Euro gekostet“, erzählt sie achselzuckend und zeigt auf die Wand über der Badewanne. Hier ist ein riesiger, schwarzer Schimmelfleck zu sehen.

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Nevim Bayraktar wartet seit Mitte Dezember darauf, dass der Wasserschaden in ihrer Wohnung in Duisburg-Neumühl behoben wird. Seit Wochen muss sie den Eimer, mit dem sie das Wasser auffängt, dreimal am Tag leeren.
Nevim Bayraktar wartet seit Mitte Dezember darauf, dass der Wasserschaden in ihrer Wohnung in Duisburg-Neumühl behoben wird. Seit Wochen muss sie den Eimer, mit dem sie das Wasser auffängt, dreimal am Tag leeren. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Akuter ist der Wasserschaden, den Nevim Bayraktar eine Woche vor Weihnachten in ihrer Küche entdeckte. „Die Schale mit den Kartoffeln war voll mit Wasser.“ Der Wasserfleck an der Decke wurde schnell größer, es riecht trotz ständig geöffneten Fenster muffig. Und wieder begann das gleiche Prozedere wie immer in einem solchen Fall: „Ich habe alle Telefonnummern angerufen, die ich kenne, und Mails an verschiedene Adressen geschickt. Natürlich ohne Reaktion, nicht mal eine Eingangsbestätigung.“ Das Wasser sammelt sich im Untergeschoss. Hier waten die Mieter durchs Wasser, wenn sie in ihren Keller wollen.

Mieterbund Rhein-Ruhr wird mit Beschwerden über Belvona überhäuft

Im Treppenhaus ein Aushang, von dem die Mieter sich verhöhnt fühlen. Da ist zu lesen: „Die Belvona- Zufriedenheitsgarantie: Wir wollen mit Ihnen die Werte aus der guten alten Zeit wiederbeleben. Regelmäßige Mietersprechstunden vor Ort. Das Ziel: Ihre 100 Prozent Zufriedenheit als Mieter.“ Auf einem Foto ein Mitarbeiter, der namentlich genannt wird. „Ich bin ihr freundlicher Ansprechpartner.“ Nur ist der leider nicht zu sprechen – übrigens auch nicht für Journalisten. Eine Anfrage per E-Mail bei Belvona versandete ebenfalls im Nichts.

Das Unternehmen ist beim Mieterbund kein unbekanntes: „Die Mieter an der Otto-Hahn-Straße sind gebeutelt. Die Häuser werden nicht instandgehalten. Das Aufzugthema ist ein Dauerbrenner. Momentan werden wir mit überzogenen Nebenkostenabrechnungen überschüttet“, sagt Rechtsanwältin Sonja Herzberg, Vorsitzende des Mieterbunds Rhein-Ruhr.

„Mieterzufriedenheit ist Chefsache…“: Nevim Bayraktar hat auch schon an diese E-Mail-Adresse geschrieben. Auf eine Antwort wartet sie seit Wochen vergeblich.
„Mieterzufriedenheit ist Chefsache…“: Nevim Bayraktar hat auch schon an diese E-Mail-Adresse geschrieben. Auf eine Antwort wartet sie seit Wochen vergeblich. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Aus einem Rohr in der Wand läuft rund um die Uhr Wasser – Keller ist ein kleiner See

Nevim Bayraktar ist zunehmend genervt und wütend. Die Ursache des Wassereinfalls hat sie selbst gefunden. Im vierten Stock wird offenbar seit längerem eine Wohnung renoviert. Auch deren Tür steht offen. In einem Zimmer bietet ein Loch in der Wand freien Blick auf ein Rohr, aus dem permanent, Wasser läuft. Läuft, nicht tröpfelt. Es sieht so aus, als ob es jemand provisorisch reparieren wollte – offensichtlich ohne Erfolg. Mit der Konsequenz, dass die Mieterin dreimal am Tag den Eimer leeren muss, der auf ihrer Anrichte das Wasser auffängt.

Warum die Belvona ihre Mieter im Regen stehen lässt? Die 52-Jährige kann nur mutmaßen: „Vielleicht wollen sie uns letzte Mieter rausekeln, um dann teurer zu vermieten?“ Sie hat den Mieterschutzbund eingeschaltet und auf Anraten des Anwalts die Miete um 50 Prozent gekürzt. „Ich bin eine Kämpferin, aber mir geht das alles an die Nieren. Ich lade schon niemanden mehr ein, weil ich mich so schäme.“ Dabei ist ihre Wohnung liebevoll und gemütlich eingerichtet – man darf nur nicht das Bad mit seinem Schimmelbefall und inzwischen maroden Wänden betreten.

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Natürlich macht sich Nevim Bayraktar auch Sorgen um mögliche gesundheitliche Folgen. „Ich habe sehr oft meine beiden kleinen Enkelinnen Elli und Emmi hier. Die sind erst drei Jahre und 14 Monate alt. Das ist doch unzumutbar.“ Eigentlich will sie nur noch weg: „Ich bin schon länger auf der Suche nach einer Wohnung. Aber ich finde keine passende. Mein Sohn wird bei mir bleiben. Also muss die Wohnung etwas größer sein. Und sie sollte eine separate Toilette haben, weil er wegen seiner Behinderung inkontinent ist.“ Ihr größter Wunsch ist eigentlich ein bescheidener: „Ich will einfach nur vernünftig leben!“