Duisburg. Seit 2015 fahren in Duisburg Ersatzbusse statt Straßenbahnen zwischen Laar und Obermarxloh. Was die DVG zur Situation und zu Perspektiven sagt.
Aus Überzeugung steigt Katrin Weiner auf ihrem Arbeitsweg bewusst in Straßenbahn und Bus ein und nicht ins Familienauto. Doch das Pendeln von Beeck in die Duisburger Innenstadt und zurück ist für die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin schon lange ein Ärgernis. Denn auf der Straßenbahnlinie 901 verkehren seit fast sieben Jahren, seit dem 12. August 2015, Ersatzbusse zwischen Laar und Obermarxloh. „Warum müssen jahrelang dieselben Stadtteile den Schienenersatzverkehr erleiden?“
Diese Frage ist eine Anklage und zugleich eine Forderung. Katrin Weiner (Grüne) sieht die strukturelle Benachteiligung des Nordens dadurch deutlich verstärkt. „Dieser Schienenersatzverkehr ist der absolute Wahnsinn.“ Deshalb fordert sie von der Stadt und von der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG), auf der Strecke zwischen den Haltestellen „Scholtenhofstraße“ und „Obermarxloh Schleife“ schnellstmöglich die Bahnen wieder regulär fahren zu lassen. Indem man den Schienenersatzverkehr auf einer anderen Strecke oder Linie einsetzt. Zumal die Ersatzbusse, die dort werktags von morgens bis abends unterwegs sind, nicht wegen einer riesigen Baustelle eingesetzt werden müssen. In Duisburg gibt es schlichtweg zu wenige funktionierende Straßenbahnen.
Sieben Jahre lang Ersatzbusse: Duisburg fehlen funktionierende Straßenbahnen
So benötigt die DVG nach eigenen Angaben für den regulären Betrieb auf den Linien 901 und 903 insgesamt 38 Bahnen. Es stehen aber nur 30 zur Verfügung, so dass aktuell acht Bahnen fehlen. Eingespart werden sie zwischen Laar und Obermarxloh. Zudem kompensieren Busse auch auf der 903 die sogenannten Verstärkerfahrten morgens und mittags, wenn besonders viele Pendlerinnen und Pendler mit dem ÖPNV unterwegs sind.
Neue Fahrzeuge hätten das Problem längst lösen sollen, doch der Hersteller Bombardier hat Lieferprobleme. Aktuell ist daher unklar, wann die erwarteten neuen 49 Bahnen durch Duisburg fahren können. Für Katrin Weiner ist das jedoch kein Grund. Sie wirft der DVG vor, die aktuelle Situation auszusitzen. „Das Problem wird auf dem Rücken der Leute ausgetragen, die keine andere Option haben“, sagt sie und verweist darauf, dass gerade im Stadtnorden viele ärmere Familien leben. Dass gerade dort viele Menschen auf den ÖPNV angewiesen sind, etwa weil sie in Jobs arbeiten, für die sie nicht im Homeoffice bleiben können.
Alternativen würden deutlich mehr Duisburger Pendler treffen
„Wir verstehen, dass die Situation für die betroffenen Fahrgäste nicht zufriedenstellend ist“, sagt DVG-Sprecherin Kathrin Naß. „Wir bitten um Verständnis für die Situation.“ Einem Rotationsprinzip, wie es die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin fordert, erteilt das städtische Unternehmen jedoch eine Absage. Mit der aktuellen Lösung „halten wir die Einschränkungen für den Großteil der Fahrgäste gering“.
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Denn, erläutert Naß, „um ein vergleichbares Einsparpotenzial an Fahrzeugen zu erreichen, hätten bei allen anderen Varianten entweder zwei Schienenersatzverkehrsabschnitte oder aber auch Abschnitte mit sehr hoher Fahrgastnachfrage mit Schienenersatzverkehr gefahren werden müssen“.
Obendrein besteht auf den Linien 901 und der 903 die Schwierigkeit, dass sie mit einem anderen technischen System betrieben werden. Dort fahren Niederflurbahnen und auf der U79 Hochflurbahnen. Deshalb lassen sich auch von benachbarten Verkehrsbetrieben keine betriebsfähigen Straßenbahnen ausleihen.
Fahrgastverband Pro Bahn NRW hält die aktuelle Lösung für alternativlos
Tatsächlich bewertet der Fahrgastverband Pro Bahn NRW die derzeitige Lösung für die kaputten Bahnen als „bestmöglich“ und „alternativlos“, wenngleich ein fast sieben Jahre andauernder Ersatzverkehr in Nordrhein-Westfalen einmalig sei. „Die Bahnlinie 903 ist viel bedeutender“, ordnet Verbandssprecher Lothar Ebbers ein. Daher warnt er davor, dort Ersatzbusse fahren zu lassen, damit an der Haltestelle Scholtenhofstraße die Bahnen der 901 wieder durchfahren. Jedoch fordert er: „Sobald etwa sechs neue Fahrzeuge fahrfähig sind, muss sofort Schluss sein mit dem Schienenersatzverkehr.“
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Das unterstützt auch Katrin Weiner. Sie geht aber noch einen Schritt weiter und wünscht sich, dass die DVG ein Zeichen setzt und den Menschen, die jahrelang auf einen reibungslosen Nahverkehr verzichten mussten, etwas Gutes getan wird. Dass vielleicht die ganz bewusst allerersten Bombardier-Fahrzeuge zwischen Obermarxloh und Laar eingesetzt werden.
Versprechen kann das die DVG nicht, aber Sprecherin Kathrin Naß versichert, „dass die obere Priorität bei der Inbetriebnahme der neuen Bahnen“ auch da liege, den Streckenabschnitt zwischen den Stopps Obermarxloh Schleife und Scholtenhofstraße wieder regulär zu bedienen. „Wir arbeiten weiterhin mit Hochdruck daran, die neuen Bahnen in Betrieb zu nehmen.“
Darauf will die stellvertretende Bürgermeisterin jedoch nicht warten. Sie fährt nicht mehr mit dem Ersatzverkehr von Beeck in die City, wenn sie nicht im Homeoffice arbeitet. Sie nimmt den Linienbus in der Nachbarschaft zum Meidericher Bahnhof und steigt dort in die U-Bahn.
>> DUISBURG: GUTER NAHVERKEHR ALS WICHTIGER STANDORTFAKTOR
● Einen gut funktionierenden ÖPNV sieht Katrin Weiner (Grüne) als wichtigen Standortfaktor, nicht nur für den Duisburger Norden.
● Gerade in Beeck, wo sie lebt, sieht sie durch den Leerstand bezahlbarer Wohnungen durchaus Potenzial für Studentinnen und Studenten, die in der Stadtmitte nichts Passendes finden. Dafür muss aber vor allem die 901 wieder schnell, zuverlässig und ohne die langsameren Ersatzbusse zur Universität fahren.