Duisburg. Busse statt Bahnen: So läuft der Ersatzverkehr zwischen Hamborn und Meiderich auf der Linie 903 nach der Urlaubszeit. Was die Fahrgäste sagen.

Wer es vermeiden kann, steigt lieber nicht ein. Alle anderen können unerschütterlich gute Laune oder Engelsgeduld gut gebrauchen. Noch immer pendeln Ersatzbusse zwischen Meiderich und Hamborn, während die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) Gleise auf der Strecke der Bahnlinie 903 erneuert. Dieser Schienenersatzverkehr läuft seit Ende Juni und ist bis zum 18. September geplant. Schon anfangs, in den Schulferien, waren die Busse rappelvoll – auch außerhalb der Stoßzeiten. Nicht wenige Duisburgerinnen und Duisburger befürchteten, dass die Situation nach Ende der Urlaubszeit noch schlimmer wird. Trifft diese Prognose zu?

Gegen 8 Uhr morgens herrscht reges Treiben am Meidericher Bahnhof. Die einfahrende U-Bahn, die drei Haltestellen vorher am Hauptbahnhof hielt, hat noch viele leere Sitzplätze. Hier endet die Fahrt auf Schienen wegen der Baustellen. Ein Aufsteller und Aufkleber auf dem Bahnhofboden weisen den Weg nach oben zum Bussteig 6, wo die Ersatzbusse zum Hamborner Rathaus starten.

Monatelang Ersatzbusse auf der Linie 903: Fahrgäste brauchen Gelassenheit

Diesmal wollen rund 30 Pendler in den Stadtnorden. Die 26-jährige Lisa ist eine von ihnen und gerade unterwegs zur Arbeit. Natürlich braucht der Schienenersatzverkehr allein durchs Umsteigen länger als die reguläre Direktverbindung mit der Bahn. Doch die Berufspendlerin hat sich an den Zeitverzug „gewöhnt“ und sieht ihren werktäglichen Arbeitsweg „total gelassen“. Allerdings sei es nachmittags deutlich voller. Dann bleibe ihr oft nur ein Stehplatz. Tatsächlich sind aber auch morgens entgegenkommende Linienbusse und der SEV 903 nach Meiderich merklich voller als der Bus nach Norden.

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Der Ersatzbus kommt gut durch den Verkehr, passiert viele rot-weiße Absperrungen der Baustellen. Für die Schaufelbagger, Lastwagen und Bauarbeiter in orangefarbenen Warnwesten interessieren sich die Fahrgäste nicht. Das war zu Beginn der Gleisarbeiten noch anders. Eine knappe Viertelstunde später ist mit dem Hamborner Rathaus die Endstation erreicht.

Parallel fährt die Straßenbahn aus Dinslaken ein und spuckt gut hundert Menschen aus. Nicht alle bleiben an der roten Ampel stehen. Einige hasten zum Bussteig 3 zum gelben Ersatzbus aus Essen, sie wollen mit dem SEV 903 weiter in die City. Aber längst nicht alle Pendler wollen oder können zum Bussteig rennen. Manche wissen, dass gleich auch mehrere Linienbusse ankommen, die ganz regulär nach Meiderich fahren. Sie gehen lieber zur Trinkhalle direkt hinter der Haltestelle und kaufen bei Petra Kövari eine kalte Limo oder ein Wasser.

Befürchtetes Verkehrschaos blieb aus, aber die Wut ist noch da

„Das befürchtete Chaos ist ausgeblieben“, sagt die Kiosk-Verkäuferin, der die proppevollen Busse im Juli noch gut in Erinnerung sind. Mütter mit Kinderwagen und Rentner mit Rollatoren fanden da oft keinen Platz mehr und mussten draußen bleiben. Petra Kövari hatte nach den Sommerferien noch mehr Schwierigkeiten erwartet. Eingetroffen seien sie nicht, auch nicht im Berufsverkehr. „Die Wut ist aber noch da“, berichtet sie von pampigen Kunden, die am Kioskschalter immer noch Luft ablassen.

Die Duisburger Verkehrsgesellschaft lässt zwischen Meiderich und Hamborn Gleisarbeiten durchführen. Sie sollen bis zum 18. September dauern. Solange fahren dort Ersatzbusse statt die Straßenbahnen der 903.
Die Duisburger Verkehrsgesellschaft lässt zwischen Meiderich und Hamborn Gleisarbeiten durchführen. Sie sollen bis zum 18. September dauern. Solange fahren dort Ersatzbusse statt die Straßenbahnen der 903. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Doch das Umsteigen sei gut fürs Geschäft. Deutlich mehr Menschen kaufen demnach an der Trinkhalle, ob Käffchen oder gemischte Tüten. Allerdings profitieren schon die beiden nahen Bäckereien am Rathausplatz nicht mehr von den Pendlern, wie Mitarbeiter auf Nachfrage berichten. Vermutlich will niemand riskieren, nicht am Bussteig zu sein, wenn der SEV 3 abfahrbereit ist.

Duisburger verliebt sich in DVG-Busfahrerin – mit Happy EndAuffallend entspannt sind die wenigen Schülerinnen und Schüler, die noch gegen 9 Uhr zum Unterricht in die Innenstadt wollen. Sie haben Freistunden. An anderen Tagen wären sie schon längst in der Klasse. „Dann ist es mir im Bus eigentlich zu voll“, sagt die 17-jährige Mine Yildirim über ihre übliche Abfahrtszeit. Zumal sie durch den Schienenersatzverkehr jetzt mindestens eine halbe Stunde früher aus dem Haus muss. Anstrengend findet sie es, im vollen Ersatzbus die Corona-Maske zu tragen. Jedoch hätten längst nicht alle Fahrgäste eine Maske auf, kritisiert sie. „Aber ich muss mitfahren.“

Zumindest einen Stehplatz zu bekommen, sei aber auch zwischen 7 und 8 Uhr kein Problem mehr. „Ich komme eigentlich immer irgendwie rein“, bestätigt die 19-jährige Dilan Ceylen.

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Pro Bahn-Sprecher: Die Pendler suchen Alternativen

Dass die Ersatzbusse nach mehreren Wochen nicht mehr rappelvoll sind, überrascht Lothar Ebbers, den Sprecher vom Fahrgastverband Pro Bahn NRW, keineswegs: „Nach der Eingewöhnungsphase wird es immer ruhiger.“ Die Pendler haben sich darauf eingestellt, dass sie die Bahn 903 zwischen Meiderich und Hamborn nicht benutzen können. Sie haben sich, wo es möglich ist, Ausweichmöglichkeiten gesucht. Oder für die Freizeit besser erreichbare Ziele.

Zwei Attacken in wenigen Tagen- So geht’s den DVG-BusfahrernSo verweist der Nahverkehrsexperte darauf, dass etwa aus Marxloh viele Duisburger die Bahn 901 in die Innenstadt nehmen, weil sie zum Hauptbahnhof durchfährt. Das günstige 9-Euro-Ticket habe zusätzliche Möglichkeiten eröffnet, weil dadurch die Stadtgrenze – anders als beim regulären Tarif – „kein Hindernis“ mehr ist. Andererseits steigen manche auch wieder ins Auto, aufs Fahrrad oder auf den Motorroller.

Dass das Ferienende den Schienenersatzverkehr nicht überlastet, erklärt Ebbers damit, dass der Schülerverkehr meistens im jeweiligen Stadtbezirk bleibe und dass die „Sonderspitze bei Schulbeginn“, bei dem etwa Eltern anfangs mit ihren Kindern nach einem Schulwechsel mitfahren, ausgestanden sei.

Duisburger Verkehrsgesellschaft: „Der Schienenersatzverkehr funktioniert derzeit gut“

„Die Busse sind zwar teilweise zu Stoßzeiten gut besetzt, aber nicht überfüllt“, bestätigt DVG-Sprecherin Kathrin Naß und ergänzt: „Der Schienenersatzverkehr funktioniert derzeit aus unserer Sicht gut.“ Aktuell seien seitens der Fahrgäste bei der städtischen Verkehrsgesellschaft keine Beschwerden über zu volle Ersatzbusse bekannt.

Zwar findet ÖPNV-Experte Lothar Ebbers die Situation des Duisburger Nahverkehrs derzeit „alles andere als glücklich“. Parallel zu den Gleisarbeiten werden die Bahnhaltestellen in Meiderich und Hamborn modernisiert. Die neue Trassenführung und die barrierefreien Haltestellen bedeuten, so Ebbers, „eine Verbesserung. Das lohnt sich, ich freu mich drauf.“

>> 9-EURO-TICKET: NAHVERKEHR BLEIBT IN DUISBURG ANGESAGT

● Der Nahverkehr bleibt in Duisburg angesagt: Allein im Juli hat die DVG 60.777 9-EUR-Tickets verkauft. Für August waren es bis zum Wochenende insgesamt 60.175.

● Die DVG baut derzeit für die 903 die Haltestelle Brückelstraße in Meiderich neu. Sie soll den Stopp Voßstraße ersetzen. Nächstes Jahr soll eine neue Haltestelle Bronkhorststraße den Halt Emilstraße ablösen. Barrierefrei modernisiert wird innerhalb dieses Projekts 2024 auch die Haltestelle am Landschaftspark Nord.

● Derzeit wird zudem die Haltestelle Hamborn Feuerwache umgebaut. Die Gleisarbeiten und der Schienenersatzverkehr zwischen Meiderich und Hamborn sind bis zum 18. September geplant.