Duisburg. Grabräuber schlagen immer wieder in Duisburg zu. Ein Hinterbliebener sieht die Friedhofsverwaltung in der Pflicht. Was Polizei und Stadt sagen.

Mit Entsetzen stellt Udo Münster beim Friedhofsbesuch fest, dass Grabräuber die letzte Ruhestätte seiner Eltern verwüstet haben. Seine Mutter hat er 1998 auf dem städtischen Friedhof in Duisburg-Neumühl beerdigt, seinen Vater vier Jahre später. Ihre Totenruhe wurde gestört.

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Das Familiengrab, so schildert es Udo Münster, findet er zerwühlt und zertrampelt vor. Die Bronze-Laternen sind von ihren Granitsockeln abgeflext. Die Sockel haben die unbekannten Täter achtlos in den Rhododendren hinter den Gräbern entsorgt. „Ich bin einfach tieftraurig“, sagt der Duisburger und ist auch noch Wochen nach dem Vorfall, der sich bereits vor Ostern ereignete, merklich getroffen.

Duisburger Familiengrab bereits zum dritten Mal von Grabräubern verwüstet

„Das brennt mir auf der Seele, das haben meine Eltern nicht verdient. Andere aber natürlich auch nicht“, sagt Münster. Es ist bereits das dritte Mal in 20 Jahren, dass das Familiengrab verwüstet und geplündert wurde.

Ungepflegte Gräber- Stadt Duisburg veröffentlicht 372 NamenBeim ersten Mal, im Jahr 2002, habe er sich noch auf die Polizei verlassen. Deshalb habe er Anzeige erstattet, obwohl der Polizist ihm damals voraussagte, dass er nicht auf einen Ermittlungserfolg hoffen dürfe. So war es dann auch. Danach verzichtete er auf Anzeigen – auch nach dem jüngsten Vorfall. Ohnehin seien auf dem Friedhof an der Fiskusstraße in den vergangenen Jahren so einige Diebstähle nicht bei der Polizei gemeldet worden.

„Der Schock ist groß, und die Täter wird niemand finden“, ergänzt die befreundete Petra Kober, die Münster damals zum Familiengrab begleitet hatte. Sie erinnert sich gut an „das fürchterliche Bild“, das die beiden vorfanden. Diese Grabschändung empfindet sie als „einfach nur widerlich“. Wenn auch der Grabschmuck aus Bronze nicht günstig war, so ist für Udo Münster der emotionale Schaden deutlich schlimmer – und das bei jedem Vorfall.

Weitere Vorfälle gab es zuletzt in Neumühl und Marxloh

Tatsächlich treiben Grabräuber immer wieder in Duisburg ihr Unwesen. So machte die Polizei Ende April einen weiteren Fall in Neumühl öffentlich. Aktuell beklagen auch in Marxloh Angehörige solche Diebstähle: Auf dem evangelischen Friedhof an der Schwabenstraße sollen zuletzt mehrfach Schalen und Lampen verschwunden sein.

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In mindestens einem Fall wurde ein Strafantrag gestellt. Doch die Polizei hat begrenzte Möglichkeiten, die Täter ausfindig zu machen. „Ohne Kameraüberwachung oder Zeugen ist es für uns sehr schwer“, sagt eine Polizeisprecherin auf Nachfrage, wobei es an Friedhöfen nur sehr selten Kameras gebe. „Eine Riesensauerei“ nennt sie solche Delikte. „Es handelt sich bei Sachbeschädigung ohnehin um eine Straftat, aber hier kommt noch der emotionale Aspekt hinzu. Friedhöfe sollen Orte des Friedens und der Ruhe sein und den Angehörigen Trost spenden.“

Die Motivation der Täter sei jedoch nicht immer materieller Natur. „Natürlich werden häufig Messingteile entfernt und mitgenommen. Aber manchmal handelt es sich auch um Vandalismus, der aus bloßer Langeweile begangen wird.“

Hinterbliebener fordert Konsequenzen: Friedhofwächter oder Videoüberwachung

Unabhängig von der Motivation der Grabräuber auf dem städtischen Friedhof in Neumühl sieht Udo Münster als Betroffener die Wirtschaftsbetriebe Duisburg (WBD) jetzt in der Pflicht, die die Begräbnisstätte verwalten.

„Sie müssten aktiv werden, für Sicherheit sorgen“, fordert der 66-Jährige. „Dass sie einfach nur auf die Polizei verweisen, ist schlichtweg zu wenig.“ Er erinnert sich daran, dass dort in den 60er Jahren noch Friedhofswächter waren. Sie mahnten ihn oft, vom Rad abzusteigen, als er „als Piccolo“ über den Friedhof raste, den er damals als Abkürzung nutzte. Man könne womöglich Ein-Euro-Jobber dafür gewinnen.

„Es klaut nur jemand auf dem Friedhof, der sich unbeobachtet fühlt“, ist Münster überzeugt. Statt Wächter anzustellen, könnten die Wirtschaftsbetriebe alternativ Videoüberwachung einsetzen, schlägt er vor. Oder abends den Friedhof abschließen.

Keine konkreten Maßnahmen: Stadttochter hält Überwachung für nicht möglich

Bei den Wirtschaftsbetrieben sind jedoch auch nach den Vorfällen keine „konkreten Maßnahmen“ angedacht, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilt. Die Stadttochter ist nach eigenen Angaben für 17 kommunale Friedhöfe zuständig und „eine übergreifende Bewachung aller Friedhöfe ist aus logistischer, datenschutzrechtlicher und finanzieller Sicht nicht möglich“.

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Zwar hat sich das Problem laut den WBD nicht verschlimmert. Die Anzahl der Diebstähle und der Vandalismusschäden seien „in den letzten Jahren in etwa gleichgeblieben und treten häufig punktuell auf“. Dennoch raten die Wirtschaftsbetriebe davon ab, hochwertigen Grabschmuck, beispielsweise aus Bronze, zu verwenden, „da dieser häufig entwendet wird“.

Dieser Ratschlag ist für Udo Münster viel zu wenig. „Ich fühle mich allein gelassen und nicht ernst genommen.“ Er wünscht sich, dass die städtische Friedhofsverwaltung Vandalismus und Diebstähle aktiv bekämpft. Er will es jedoch bei seinem Appell belassen, denn „ein Friedhof ist ein Ort der Ruhe, er ist kein Ort für eine Bürgerinitiative“.

Regionalkommissariate nehmen die Strafanzeigen entgegen

Trotz der schwierigen Ermittlungsarbeit ermuntert die Polizei Duisburg Angehörige, solche Vorfälle zu melden. Zuständig ist das jeweilige Regionalkommissariat: 0203 28-00.

>> FRIEDHOFSVERWALTUNG UNTERSTÜTZT NACH DIEBSTÄHLEN UND VANDALISMUS

● Bei Vandalismusschäden auf Friedhöfen müssen die Geschädigten selbst bei der Polizei eine Strafanzeige stellen. Handelt es sich um einen städtischen Friedhof, unterstützen die Wirtschaftsbetriebe durch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung dabei.

● Dass die Polizei in solchen Fällen nicht machtlos ist, davon ist Petra Kober überzeugt. Zwar sei die Chance gering, die Grabräuber zu ermitteln oder zu bestrafen. Aber es sei sicher effektiv, sich die Hehler vorzuknöpfen.

● „Jeder Schrotthändler, der eine abgeflexte Grablaterne aus Bronze sieht, weiß doch, dass sie gestohlen ist“, so Petra Kober. Ihr seien erfolgreiche Ermittlungen gegen Hehler in Düsseldorf bekannt, durch die eine gestohlene Bronzefigur wieder bei der betreffenden Friedhofsverwaltung anonym abgegeben wurde. Mithilfe von Fotos konnte der Eigentümer ermittelt werden.