Duisburg-Meiderich. Der alte Meidericher Marktplatz soll wieder zentraler Treffpunkt im Stadtteil werden. Mit welchen Ideen die Kulturwerkstatt das erreichen will.

Gut erinnert sich der Vorsitzende der Kulturwerkstatt, Peter Weber, an die Pläne aus den Siebzigerjahren für den alten Meidericher Marktplatz. Dort, an der Bahnhofstraße, sollte ein Bürgerhaus gebaut werden, wie es heute beispielsweise am Hagenshof steht. Umgesetzt wurde dies bekanntlich nie. Daher haben Weber und seine Mitstreiter jetzt neue Pläne für den Marktplatz, auf dem vor dem Zweiten Weltkrieg das Meidericher Rathaus stand. Sie wollen diesen öffentlichen Platz wiederbeleben und ihn zu einem Ort der Begegnung machen. Begonnen haben sie damit in der Corona-Pandemie bereits mit Kinderprojekten – und haben noch viel mehr Ideen.

„Der Marktplatz ist schön, aber steril“, findet Peter Weber. Natürlich gebe es hier und dort etwas auszubessern. Aber eigentlich warte der Standort nur darauf, dass sich dort wieder Menschen treffen, um Zusammenleben, Gemeinschaft, aber auch Kultur und Kunst zu erleben. „Wir wollen hier Kultur greifbar und erlebbar machen“, sagt David P. Fischer von der Künstlerinitiative „Stadt.Raum.Museum“, die von Berlin aus Verbindungen nach Meiderich geknüpft hat und mit der Kulturwerkstatt zusammenarbeitet. „Wir haben die gleichen Denkansätze“, erläutert Weber, warum die Kooperation gut funktioniere.

Kunst und Kultur müssten wieder draußen stattfinden, wo sie sichtbar sind, findet auch sein Sohn und der Kulturwerkstatt-Vize Ingo Weber. Zu viele Erwachsene haben sich demnach damit abgefunden, dass wegen der Corona-Pandemie kaum noch Veranstaltungen stattfinden. Doch gerade der Kinder im Stadtteil zuliebe „muss jetzt ein Knall passieren“. Schluss mit den Überbleibseln vom Lockdownblues, fordern alle Beteiligten und krempeln dafür gemeinsam die Ärmel hoch.

Kulturwerkstatt will das Zusammenleben am alten Meidericher Markt verbessern

Denn es geht vor allem darum, den alten Marktplatz für Jung und Alt gleichermaßen wieder zu bespielen. Den Anfang haben Kinderprojekte gemacht. In den Ferien hat der örtliche Nachwuchs etwa einen eigenen Staat erfunden, und künftig soll es virtuelle Urlaubsreisen zu digitalen Brieffreunden nach Berlin, Ägypten, Syrien oder Usbekistan geben. Für die lebendige Zukunft des Marktplatzes wollen die Kulturschaffenden aber nicht als Veranstalter auftreten, die eine Show oder ein Event anbieten. Sie wollen Funkenschläger sein, die kreative Ideen entfachen. „Das ist ein Prozess“, sagt Andreas Sternberg, der in beiden Vereinen aktiv ist und sich für Meiderich eine Kulturbewegung und „eine Stadt von unten wünscht“.

Das Vorbild ist eine italienische Piazza: Kulturschaffende wollen mit den Anwohnern den alten Meidericher Marktplatz wieder bespielen.
Das Vorbild ist eine italienische Piazza: Kulturschaffende wollen mit den Anwohnern den alten Meidericher Marktplatz wieder bespielen. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

So sollen aus der Kulturwerkstatt verstärkt Impulse kommen, die das Zusammenleben auf und am alten Markt verbessern. Im Idealfall stoßen die Künstlerinnen und Künstler so gemeinsame Projekte mit den Anwohnern an. Dass das Bedürfnis danach stark gewachsen ist, hat etwa Ingo Weber beobachtet, als ein einfacher Stuhl auf dem Marktplatz stehenblieb und sich daraus tagelang ein Treffpunkt entwickelte.

Tatsächlich fehlen Sitzmöglichkeiten, findet Andreas Sternberg und daher könne etwa ein künftiges Projekt mit den Meiderichern sein, mobile Bänke zu bauen. Ihm schwebt als Vorbild für einen lebendigen Marktplatz eine italienische Piazza vor.

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Bei der Ferienbetreuung zumindest fanden Kinder und Jugendliche, dass der große Platz gegenüber der Kulturwerkstatt hässlich aussieht und schmückten ihn in einer Guerilla-Kunstaktion mit knallbuntem Krepppapier.

Gerade für Kinder und Jugendliche müssten jetzt weitere Angebote vor ihrer Haustür gemacht werden, betont Ingo Weber, denn „bei ihnen gibt es viel Frust, sie sind inzwischen gewohnt, zu verzichten“. Ihnen „Selbstverwirklichung zu schenken“ bedürfe jedoch gar nicht viel, wie die Krepppapier-Kunst zeige.

Ob Freiluftkino oder Stadtteilfest: Neues Projekt soll bei Förderanträgen helfen

Sie wollen als Netzwerker den alten Marktplatz in Duisburg-Meiderich wiederbeleben und damit Kultur und außerschulische Bildung stärken: David P. Fischer (von links), Ingo Weber, Peter Weber und Andreas Sternberg.
Sie wollen als Netzwerker den alten Marktplatz in Duisburg-Meiderich wiederbeleben und damit Kultur und außerschulische Bildung stärken: David P. Fischer (von links), Ingo Weber, Peter Weber und Andreas Sternberg. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Das Wichtigste ist den beiden Vereinen jedoch, ein Dialog mit den Menschen aus Meiderich über ihren künftigen Treffpunkt anzustoßen, ein Zusammenkommen von Künstlern und Anwohnern. Sie verstehen ihre Impulse als offenes Angebot, bei dem die Nachbarschaft entscheidet, was mit dem Marktplatz geschehen soll: von mobilen Bänken, über Freiluftkino zu Stadtteilfesten. Das Projekt „Förderkorb“, ein aktuell erarbeiteter Leitfaden für Förderanträge, soll alle Interessierten zudem in die Lage versetzen, künftig selbstständig eigene Ideen anzugehen.

„Hier kann man jede Menge machen“, findet Peter Weber und plant zum Kennenlernen und Ideen Sammeln ein Stadtteilfrühstück. Ein Bürgerhaus, das weiß er, wird zwar nicht mehr auf dem alten Marktplatz gebaut. Aber ein Treffpunkt voller Leben soll er werden.

>> NÄCHSTER KUNSTMARKT FÜR 2023 GEPLANT

● Die Kunstwerkstatt Meiderich besteht seit 1978. „Beuys war hier und andere, die haben uns gezeigt, wo der Hammer hängt“, erinnert sich Peter Weber an die Anfangszeit und an einen „Riesenzulauf“.

● Den Verein haben seit damals die Kunstmärkte am Leben erhalten. Die 42. Auflage von 2019 war wegen Corona die bislang letzte. Im nächsten Jahr soll es aber die beliebte Veranstaltung wieder geben – natürlich auf dem alten Marktplatz.