Duisburg. Die Grundschulen im Duisburger Norden leiden an zu großen Klassen und an Personalmangel. Welche Maßnahmen Lehrer und Gewerkschafter nun fordern.

Eltern wie Lehrer wissen, dass die Herausforderungen an Grundschulen im armen Duisburger Norden deutlich größer sind als im reichen Süden. Die Ratsfrau Pelin Osman (Grüne), selbst Grundschullehrerin im Bezirk Hamborn, will sich nicht damit abfinden. Dass viele Kinder mit Förderbedarf in überfüllten Klassen in alten Schulgebäuden hocken, ist für sie ein Unding.

Sie fordert jetzt von der Stadt, neue Grundschulen zu bauen, möglichst gleiche Bedingungen zu schaffen und appelliert an Eltern, ihre Kinder in der Nachbarschaft einzuschulen und sie nicht quer durch Duisburg zu fahren.

GEW: Kleinere Klassen in sozialen Brennpunkten

Rückendeckung bekommt Osman von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). So unterstützt Rüdiger Wüllner als hiesiger GEW-Vorsitzender natürlich den Neubau von Grundschulen. Wichtiger und längst überfällig findet er jedoch, „die Klassengröße in sozialen Brennpunkten zu begrenzen“. So seien im Norden Klassen mit 29 Kindern nicht selten und liegen demnach deutlich über dem NRW-Durchschnitt von 23. „Ohne hochengagierte Kollegen, die alle an einem Strang ziehen und sich drei Beine ausreißen, wäre uns das Grundschulsystem im Duisburger Norden längst weggebröselt“, ist der Gewerkschafter überzeugt.

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Zwar ist er auch ein Verfechter davon, dass Kinder dort eingeschult werden, wo sie und ihre Freunde aus dem Kindergarten und der Nachbarschaft wohnen und von wo aus sie zu Fuß zum Unterricht gehen können. Die freie Grundschulwahl der Eltern ist für ihn jedoch nicht die größte Hürde für Chancengleichheit.

Personalmangel ist für Schulen im Duisburger Norden ein großes Problem

Größeren Handlungsbedarf sieht er vielmehr beim Personal. So hätten zwar Grundschulen in Stadtteilen mit hohem Migrationsanteil und vielen armen Familien durchaus die bewilligten Stellen, doch kaum Interessenten, da eben die Klassen und der Förderbedarf bei vielen Kindern groß, die Gebäude alt und die Ausstattung nicht vergleichbar sei mit Schulen im Süden. In Stadtteilen wie Marxloh, Bruckhausen, Obermarxloh oder Beeck arbeiten zudem selten „vollständig ausgebildete Lehrer“, sondern „oft Seiteneinsteiger“.

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Personalmangel spüren allerdings nicht nur die Nordgrundschulen, betont Jens-Uwe Hoffmann. „Personell bräuchten wir alle Verstärkung“, sagt der Schulformsprecher, sieht aber im schäbigen Image Duisburgs und vor allem seiner nördlichen Stadtteile durchaus ein Problem. „In Duisburg schreiben wir seit drei, vier Jahren schulscharfe Stellen aus, bekommen aber keine Bewerbungen.“ Die Stadt sei für viele Lehrkräfte nicht attraktiv.

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Der Fachkräftemangel ist so groß, dass sich Lehrerinnen und Lehrer mit einer Dreier- oder Vierer-Abschlussnote „die Schulen immer noch aussuchen können“, beobachtet Hoffmann. Damit sie sich für Duisburg entscheiden, müsse die Stadt attraktiver werden. Da zuletzt nicht mal finanzielle Anreize wie Lohnzuschläge halfen, müsse die Landesregierung - wie in der Vergangenheit - Lehrer wieder schulscharf zuweisen. Denn die aktuelle Situation zermürbt Lehrer wie Eltern gleichermaßen, weiß Jens-Uwe Hoffmann, und „wir sind von Chancengleichheit noch sehr weit entfernt“.