Duisburg-Röttgersbach. Röttgersbach hat beim Stadtteil-Check die besten Noten im Duisburger Norden erhalten. Zwei Röttgersbacher erzählen, was ihre Heimat auszeichnet.

Das Lebensgefühl im Hamborner Nordosten zu beschreiben, scheint leicht: „Röttgersbach ist ein Dorf, hier kennt man sich.“ Meint zumindest Jörg Stratenhoff, der seit 30 Jahren hier lebt und sich pudelwohl fühlt. Das trifft auf viele weitere Röttgersbacher zu, die im Frühjahr am Stadtteil-Check teilgenommen haben. Ihr „Dorf“ hat von allen Stadtteilen im Duisburger Norden die beste Gesamtnote erhalten: Mit 2,12 im Durchschnitt führt Röttgersbach diese Statistik vor Alt-Walsum (2,21), Wehofen (2,38) und Overbruch (2,55) an. Zum Vergleich: Das benachbarte Alt-Hamborn kommt gerade mal auf eine 3,70.

Stratenhoff, der sich ehrenamtlich in der selbstverwalteten Gemeinde St. Barbara engagiert, ist nicht ursprünglich „von hier“. Er kam 1990, wurde als Zugezogener aber sofort an- und aufgenommen, erinnert er sich. Schnell habe er ein Gemeinschaftsgefühl empfunden, und tue das auch heute noch: „Hier wird jeder akzeptiert, ob in den Vereinen oder einfach in der Kneipe.“

Im „Senftöpfchen“ kommt das Röttgersbacher Gemeinschaftsgefühl zum Ausdruck

Besonders gut komme das im „Senftöpfchen“ zum Ausdruck: „Hier treffen sich wirklich alle, unabhängig von Beruf oder Alter“, sagt der frühere Bergbau-Ingenieur. „Man kommt immer mit anderen ins Gespräch. Wir sind wirklich froh, dass es jetzt wieder geöffnet ist.“ Nette Gespräche kämen auch in alltäglichen Situationen oft zustande, etwa beim Einkaufen. Stratenhoff: „Man trifft immer ein bekanntes Gesicht.“ Entsprechend haben die Teilnehmer beim Stadtteil-Check Röttgersbach in der Kategorie Gemeinschaftsgefühl mit 2,86 bewertet; im Duisburger Norden hat sonst nur Alt-Walsum eine Zwei vor dem Komma (ebenfalls 2,86).

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Doch wie ist dieser Kontrast zu den umliegenden Stadtteilen entstanden? Einer, der es wissen muss, ist der Röttgersbacher Historiker Thorsten Fischer. Fischer, der auch für den Heimatverein Hamborn forscht und Vorträge hält, findet den entscheidenden Unterschied im Strukturwandel. Der habe Röttgersbach weniger hart getroffen als andere Teile von Duisburg: „Nach 1945 haben sich hier deutlich mehr Lehrer oder andere Beamte niedergelassen als anderswo. Auch in Röttgersbach haben viele Menschen von der Stahlindustrie oder vom Bergbau gelebt, aber die Bevölkerung war stärker durchmischt.“

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Mattlerbusch und Niederrheintherme locken Menschen aus der ganzen Region

Diese „soziale Durchmischung“ zeichne den Stadtteil heute noch aus, auch in Bezug auf das Alter der Bevölkerung. „Weil die Menschen sich wohlfühlen und bis ins hohe Alter hier leben, vergreisen manche Siedlungen“, sagt Fischer. „Auf der anderen Seite wird in Röttgersbach aber viel gebaut. Das lockt wiederum junge Familien an.“ Dass Röttgersbach für alle Generationen attraktiv ist, spiegelt der Stadtteil-Check wider: Die Note in der Kategorie Seniorenfreundlichkeit (2,54) ist ebenso gut, wie in der Kategorie Kinderfreundlichkeit (2,64).

Das liegt nicht zuletzt an den Freizeitmöglichkeiten, an denen in Röttgersbach kein Mangel herrscht (Note 2,39 im Stadtteil-Check). Da ist natürlich der Revierpark Mattlerbusch , den sowohl Fischer als auch Stratenhoff zu ihren Lieblingsorten zählen, vor allem, weil er sehr gepflegt sei. Die Niederrheintherme im Park zieht Menschen aus der ganzen Region an. Fischer ergänzt noch die Nähe zum Landschaftspark Nord mit seinen vielen Kulturveranstaltungen. Und in der Gemeinde St. Barbara mit ihren Freizeitangeboten finden viele Senioren ein zweites Zuhause, sagt Stratenhoff.

Stadtteil-Check: Der Nahverkehr ist in Röttgersbach das einzige Sorgenkind

Jörg Stratenhoff kam vor 30 Jahren nach Röttgersbach und hatte gleich ein Gefühl von Gemeinschaft. Stratenhoff engagiert sich sehr in der Gemeinde St. Barbara.
Jörg Stratenhoff kam vor 30 Jahren nach Röttgersbach und hatte gleich ein Gefühl von Gemeinschaft. Stratenhoff engagiert sich sehr in der Gemeinde St. Barbara. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Wenn es in Röttgersbach etwas zu verbessern gibt, da sind sich beide einig, dann die Anbindung an den Nahverkehr. Das bestätigt der Stadtteil-Check: Mit 3,30 gibt es hier nur eine mittelmäßige Note. Fährt Fischer mit Bus und Bahn zu seinem Arbeitsplatz an der Universität in Essen, plant er anderthalb Stunden ein. Er weiß, dass das nicht zuletzt der geografischen Ausdehnung Duisburgs geschuldet ist, sagt aber auch: „Die Taktung könnte deutlich besser sein. Vor allem wäre es für Jugendliche in Röttgersbach schön, wenn sie in der Nacht etwas später aus der Innenstadt zurückfahren könnten.“

Wer sich in Röttgersbach wohlfühlt, nimmt das aber in Kauf. Schließlich ist man im „Dorf“, wo der Nahverkehr ohnehin meist nicht mit der Großstadt zu vergleichen ist.

>> „SENFTÖPFCHEN“: RÖTTGERSBACHER „DORFKNEIPE“ IST WIEDER DA

• Mit dem „Senftöpfchen“ haben die Röttgersbacher seit dem Wochenende den sozialen Mittelpunkt ihres Stadtteils wieder.

• Nach dem Tod von Wirt Jürgen Theis war die Kneipe neun Monate lang geschlossen. Mit Christian Niersbach und Michael Marzein haben jetzt zwei Stammgäste den Laden renoviert und wieder eröffnet. Der Andrang war schon am ersten Wochenende groß: Für alle drei Tage waren alle Plätze in der Kneipe schon im Vorfeld reserviert.