Duisburg-Obermarxloh. Kinder und Jugendliche verbreiten jetzt witzige Kurzvideos über Corona-Regeln. Dahinter stecken das Duisburger Jugendamt und das Projekt Heroes.

Corona und die Folgen für Gesundheit und Wirtschaft sind ernst. Dennoch setzt die jüngste Kampagne der Stadt Duisburg im Kampf gegen die Pandemie auf Humor. Bereits zu Tausenden schmunzeln Jugendliche, die Zielgruppe, über die kurzen Videos, die neuerdings in der Jugendszene viral gehen. Diese Filmchen stammen aus Obermarxloh und sollen die Akzeptanz der Corona-Regeln erhöhen.

„Jugendliche wollen auf gar keinen Fall belehrt werden“, weiß Initiatorin Katrin Bade vom Jugendamt. Um die Jugend also gezielt anzusprechen, musste die Stadt eine ganz andere Ansprache finden als noch bei anderen Kampagnen mit mehrsprachigen Informationsbroschüren oder mit Lautsprecherwagen, die durch Wohnviertel fahren.

Eine moderne, jugendgerechte Kampagne hatte sich der städtische Krisenstab vor gut anderthalb Monaten vom Jugendamt gewünscht. Damals, im April, lag der Inzidenzwert in Duisburg noch deutlich über 200. Die Landesregierung ließ nach den Osterferien wieder schrittweise die Schulen öffnen, obwohl auch sie in der dritten Welle zu Infektionsherden wurden.

Stadt Duisburg hat das Projekt Heroes für ihre neue Corona-Jugendkampagne engagiert

„Wir brauchten eine Idee, die Jugendliche anspricht, die sie lustig finden, zum Nachdenken bringen und bei der sie mitmachen“, erläutert Marc Suhren. Er verantwortet im Jugendamt als Abteilungsleiter die Jugendförderung. „Das Ergebnis sollte so gut, so attraktiv sein, dass sie es selbst teilen“, ergänzt Katrin Bade. Daher engagierte sie dafür die Mitglieder des Duisburger Projekts Heroes, mit deren Arbeit und antirassistischen Videos sie schon vertraut war.

„Wir haben einen großen Vertrauensvorschuss bekommen“, freut sich Heroes-Gruppenleiter Mehmet Ersöz, der für die Videos die Drehbücher schrieb und Regie führte. Drehort war das Heroes-Hauptquartier in Obermarxloh, das Jugendzentrum Zitrone. Die Dreharbeiten in dieser städtischen Einrichtung wurden jedoch durch die Corona-Pandemie und die Schutzverordnung massiv erschwert, wie Ersöz erzählt. So durften er und Kameramann Marcel Kaya, ein professioneller Filmemacher, immer nur mit einer weiteren Person drehen. Gemeinsame Szenen und Dialoge konnten daher ausschließlich im Schneideraum entstehen.

Eine Botschaft: „Maskentragen hat auch etwas Cooles“

Die Heroes Duisburg haben die Videos für die neue Corona-Jugendkampagne in Obermarxloh gedreht, an ihrem Hauptquartier, dem Jugendzentrum Zitrone. Die Schutzverordnung stellte das Team vor besondere Herausforderungen.
Die Heroes Duisburg haben die Videos für die neue Corona-Jugendkampagne in Obermarxloh gedreht, an ihrem Hauptquartier, dem Jugendzentrum Zitrone. Die Schutzverordnung stellte das Team vor besondere Herausforderungen. © Heroes Duisburg

Doch das Ergebnis kann sich sehen lassen, findet Mehmet Ergöz, der auf authentische Sprache und Improvisation setzte. Herausgekommen sind drei Videos, zwischen einer halben und anderthalb Minuten lang. Lob gibt es auch von Auftraggeberin Katrin Bade. Nicht nur zeigt diese Kampagne ihr zufolge, dass Maskentragen auch etwas Cooles hat, die gute Resonanz unter den Jugendlichen hat auch alle Erwartungen übertroffen. „Wir haben damit einen Stein ins Rollen gebracht, der dann eine Lawine ausgelöst hat“, lobt sie.

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Die erst kürzlich veröffentlichten Kurzvideos haben demnach die Duisburger Jugendszene im Sturm erobert und verbreiten sich rasant in den sozialen Medien Tiktok und Instagram sowie über Nachrichtendienste wie Whatsapp. Dabei helfen durch ihre Netzwerke auch örtliche Jugendzentren, Sportvereine oder der Jugendring. „Wir haben das bewusst aus der Hand gegeben – und jetzt sind die Videos überall in der Stadt“, so Katrin Bade.

Darin sieht Heroes-Leiterin Susanne Reitemeier-Lohaus einen enormen Mehrwert für die Jugendlichen im armen Duisburger Norden. „Jetzt sind sie Vorbilder für alle in Duisburg und zeigen, dass es hier tolle Projekte und ganz tolle Menschen gibt.“ Plötzlich verbindet man mit ihnen mehr als Menschen in sozialen Brennpunkten, jetzt sind sie Botschafter für die AHA-Regeln („Abstand halten, Hygiene beachten und im Alltag Maske tragen“). Und ihre Botschaften sind knackig und humorvoll.

Jugendamt: „Kinder und Jugendliche sind extrem sensibel und opferbereit“

Das findet auch Katrin Bade und möchte einem Missverständnis vorbeugen: Diese neue städtische AHA-Kampagne ist nur ein Baustein, um die gesamte Bevölkerung zu erreichen. Zwar richtet sie sich gezielt an die Jugend, diese ist aber in der Pandemie nicht besonders unwissend oder leichtsinnig – ganz im Gegenteil: „Kinder und Jugendliche sind extrem sensibel und opferbereit. Sie sind nicht die Quertreiber, sondern passen stark auf ihre Oma oder auf ihre Eltern auf.“

Vielmehr haben, wie Bade betont, gerade Teenager seit anderthalb Jahren darauf verzichtet, wichtige eigene Erfahrungen zu sammeln, heimlich etwas zu erleben, wovon die Eltern nichts wissen und Grenzen auszuloten. Für einen Jugendlichen dürfe dies auch in der Coronakrise nicht bloß bedeuten, „ohne Maske auf dem Spielplatz zu sitzen“.

Zwar ist die Kampagne, die die Videos über die AHA-Regeln noch durch Plakate ergänzt, zunächst beendet. Doch Katrin Bade und Marc Suhren vom Jugendamt erwägen eine Neuauflage – dann vielleicht zum Thema Impfen.

>> DURCHWEG POSITIVE RESONANZ

Nicht nur unter Kindern und Jugendlichen kommt die neue AHA-Kampagne mit den Heroes-Videos gut an. Laut dem Jugendamt hat es dafür bislang ausschließlich Lob gegeben – auch von Eltern oder Lehrern.

Heroes-Chefin Susanne Reitemeier-Lohaus betont, dass die Botschaften der Videos wichtig bleiben, obwohl die Inzidenzwerte zuletzt merklich gesunken sind. Corona ist schließlich nicht schnell vorbei, ebenso wenig die massiv verstärkten „Ungleichheitsverhältnisse“ zwischen armen und reichen Familien sowie Stadtteilen. Daher mahnt sie: „Jetzt nicht unvorsichtig werden.“