Duisburg-Beeck. Kleingärten sollen in Beeck Wohnhäusern weichen. Pächter wehren sich, wollen aber erfahren haben, dass die Stadt bereits Kündigungen schreibt.

Die Pächter sind noch immer fassungslos. Die Stadt Duisburg will Gärten an der Flottenstraße für ein Wohnquartier räumen. Dieses solle das Neubauprojekt auf dem Gelände des früheren Beecker Hallenbads ergänzen. Die Pläne stellte die Verwaltung bislang nur nichtöffentlich in politischen Gremien vor, die Betroffenen erfuhren davon aus dieser Zeitung. Für sie hat damit der Kampf um ihre Gärten begonnen.

„Diese Nachricht traf mich wie der Schlag. Das bricht mir echt das Herz“, sagt Anke Jansen, die erst vor knapp zwei Jahren einen der Gärten in Beeck von der Stadt pachten konnte. Seit elf Jahren lebt sie in einer kleinen Wohnung in Neudorf, die nicht mal einen Balkon hat. Ihren Schrebergarten an der Flottenstraße empfindet sie als „einen Sechser im Lotto“, er ist ihr Ausgleich für einen stressigen Job in einer Kinderzahnarztpraxis.

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„Im Sommer ist das wunderschön hier“, schwärmt Anke Jansen. Viel Geld und Arbeit habe sie bereits in das 580 Quadratmeter große Grundstück mit kleinem Häuschen investiert. „Keinen Garten mehr zu haben, wäre schlimm.“ Sollte das Rathaus tatsächlich das städtische Grabeland räumen, auf dem rund 15 Gärten angelegt sind, erhofft sich die Neudorferin zumindest einen Ersatz angeboten zu bekommen.

Pächter: „Stadt Duisburg arbeitet bereits an Kündigungsschreiben“

Solch ein Ersatz wäre für Thomas und Gabriele Richter nur die letzte Option. Zwar wohnen sie in Dinslaken, wollen aber als Kleingärtner möglichst in Beeck bleiben, wo sie Verwandte und viele Freunde haben. Dass die benachbarte Hallenbadruine einem Wohnviertel weichen soll, kann Thomas Richter durchaus nachvollziehen. Nicht aber, dass die Gärten und die Natur drumherum zusätzlich geopfert werden. „Beeck hat viel Leerstand“, weshalb er keine Notwendigkeit sieht, „uns den Grünstreifen hier wegzunehmen“.

Den Widerstand gegen das städtische Vorhaben sieht er daher auch als Kampf für die Natur, für „Bussard, Fischreiher, Fuchs, Buntspecht und Eichhörnchen“. Stark entfacht ist der Kampfeswille in der 1959 gegründeten Bergmannssiedlung durch eine Information, die das Ehepaar Richter aus dem zuständigen Amt für Bodenordnung erhalten haben will: Demnach arbeiten Beamte im Stadthaus bereits an Kündigungsschreiben für die Pachtverträge, und bis zum Monatsende sollen sie verschickt sein.

Verwaltung hat Kaufangebote aus der Nachbarschaft immer abgelehnt

Um das Wohnbauprojekt noch zu verhindern, haben sich die Grabeland-Pächter erstmals zusammengetan. Einerseits gehören Auswärtige wie Anke Jansen und die Richters dazu, die zweite Gruppe besteht aus den Familien in den fünf benachbarten Eigentumshäusern an der Friedhofstraße. Sie wiederum nutzen das Grabeland, das direkt vor ihrer Haustür liegt, teils in der dritten Generation als zusätzliche Hausgärten.

„Die ganze Nachbarschaft ist geschockt“, sagt Sylvia Hayduck, deren gepachteter Garten mit über 850 Quadratmeter der größte auf dem städtischen Gelände ist. Zwar haben die Siedler noch kleinere Gärten, die zu den Eigenheimen gehören. Diese sind aber mit 100 bis 150 Quadratmeter deutlich kleiner als die teils seit rund sechzig Jahren gepachteten Flächen.

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Tatsächlich haben die Familien im Viertel seit Jahren immer wieder versucht, die Grabeland-Grundstücke zu kaufen. „Das hat die Stadt aber immer abgelehnt“, so Sylvia Hayduck. Umso größer ist in der Nachbarschaft der Ärger über die aktuellen Verkaufsverhandlungen mit einem Investor.

Betroffene wollen Politiker und Naturschützer als Mitstreiter gewinnen

„Wenn das Grabeland erstmal weg ist, dann verschwindet auch ganz schnell der Kleingartenverein nebenan und dann ist sicher auch der ganze Wald hier weg“, ist Pächter Karl-Heinz Volkmann überzeugt. Deshalb betont auch seine Nachbarin Ulrike Kandalowski, dass es nicht nur um die Gärten gehe, sondern insgesamt um „Beecks grüne Lunge gegen Thyssen“. Daher wollen die Betroffenen jetzt Politiker und Naturschutzverbände als Mitstreiter gewinnen.

Der Kampfeswille der Wahldinslakener Thomas und Gabriele Richter ist gestärkt. Sie wollen vom Amt für Bodenordnung erfahren haben, dass dort die Kündigungsschreiben für ihren und die benachbarten circa 15 Gärten in Duisburg-Beeck bereits vorbereitet werden.
Der Kampfeswille der Wahldinslakener Thomas und Gabriele Richter ist gestärkt. Sie wollen vom Amt für Bodenordnung erfahren haben, dass dort die Kündigungsschreiben für ihren und die benachbarten circa 15 Gärten in Duisburg-Beeck bereits vorbereitet werden. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Entmutigen lassen wollen sie sich auf keinen Fall, auch nicht von den angekündigten Kündigungsschreiben. „Wir kämpfen weiter“, verspricht Ulrike Kandalowski. „Unsere Anwälte stehen in den Startlöchern.“

Stadtsprecher widerspricht den Vorwürfen der Pächter

Dagegen bestreitet die Stadt auf Nachfrage, dass sie Kündigungen vorbereite. Diese Briefe seien „lediglich ein Informationsschreiben für die Pächter“, so ein Stadtsprecher. „Darin informieren wir umfassend über die mögliche Entwicklung der Fläche. Wir befinden uns weiterhin in konstruktiven Gesprächen und Abstimmungen mit einem möglichen Investor hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise und Planungen.“ Also könne die Verwaltung zu dem Wohnbauprojekt „noch keine konkreteren Angaben machen“.

>> KLEINGARTENVEREIN RHEINLUST VON WOHNBAU-PROJEKTEN NICHT BETROFFEN

● Die Kleingärten, die die Stadt Duisburg für Wohnhäuser zu räumen plant, gehören nicht zum Kleingartenverein Rheinlust. Dessen Gelände liegt zwar zwischen dem Hallenbad-Gelände und dem Grabeland, ist aber nicht städtisch.

● Unabhängig von den Plänen für das Grabeland schreitet das Wohnungsbauprojekt auf dem Hallenbad-Gelände voran. Die Stadt hat dieses Grundstück bereits an den Investor verkauft.