Duisburg-Vierlinden. Müll, Drogen und Prostitution – Anwohner der früheren Frankenschule in Vierlinden beklagen eine „unerträgliche Situation“ in ihrer Nachbarschaft.

Es vergeht kein Tag mehr, an dem Kerstin Singh nicht darüber nachdenkt, aus dem schönen Vierlinden wegzuziehen. Denn sie wohnt direkt neben der ehemaligen Frankenschule und erträgt nicht mehr, was sie dort miterlebt: Müll, Vandalismus, Rauschgifthandel und Prostitution.

„Die Situation ist unerträglich“, findet die 58-Jährige, der inzwischen bereits ein flüchtiger Blick aufs Gelände die Laune verhagelt. Obwohl das Immobilien-Management Duisburg (IMD) dieses städtische Grundstück an der Frankenstraße und am Franz-Lenze-Platz zuletzt abgesperrt hat, ist aktuell das halbe Schulhoftor abgerissen und liegt im Gebüsch. Bauzäune sind verbogen und umgeworfen. Überall rund um den Gebäudekomplex findet sich Abfall – Matratzen, Müllsäcke, Altreifen, Kondome, Elektroschrott und Sperrmüll, Hundekotbeutel, Corona-Masken, Eisbecher und Essensreste. „Dadurch haben wir jetzt die Ratten hier, es wird immer schlimmer“, so Singh. Zudem füttere eine Nachbarin auch noch Wildkatzen.

Verständigt hätten Singh und ihr Mitstreiter Wolfgang Kühn die städtischen Wirtschaftsbetriebe schon oft wegen der illegalen Müllkippen, doch diese hätten meist nicht das Gelände von Müll befreit, sondern nur den Bürgersteig gereinigt und Unrat aus den Büschen dort gefischt worden.

Blick in die Turnhalle der ehemaligen Frankenschule in Duisburg-Vierlinden: In dem Gebäudekomplex, der zuletzt eine Unterkunft für Asylbewerber war, hat es mehrmals gebrannt.
Blick in die Turnhalle der ehemaligen Frankenschule in Duisburg-Vierlinden: In dem Gebäudekomplex, der zuletzt eine Unterkunft für Asylbewerber war, hat es mehrmals gebrannt. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

„Als die Asylbewerber noch hier waren, war alles sauber“, erinnert sich Kühn, der in der Flüchtlingshilfe Walsum engagiert war, als die frühere Frankenschule als Unterkunft genutzt wurde. Die Zuwanderer haben demnach selbst darauf geachtet, dass der Schulhof und der Rasen ordentlich waren. „Seitdem das Gebäude leer steht, ist es zu einem Schandfleck verkommen, zu einem Drecksloch“, kritisiert der 75-Jährige und verweist auch auf Beutezüge von Metalldieben.

Drogendealer und Prostituierte wickeln im Gebäudekomplex ihre Geschäfte ab

Schlimmer als die Müllkippen finden die beiden Vierlindener jedoch, dass das Gelände und der Gebäudekomplex verbotenerweise noch regelmäßig betreten werden. Allerdings müsse man unterschiedliche Gruppen von Eindringlingen unterscheiden, betont Kerstin Singh. Harmlos findet sie die Jugendlichen aus der Nachbarschaft, die sich dort treffen, um ihre Ruhe zu haben und ab und an Shisha, eine Wasserpfeife, rauchen. Doch sie erzählt auch von Rauschgifthändlern, die dort mit Junkies ihre Geschäfte abwickeln, und von Süchtigen, die auf dem Gelände Drogen nehmen.

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Deutlich weniger stiekum gehen allerdings die Prostituierten vor, wie Singh berichtet. Ihr zufolge fahren abends Autos vor, setzen junge Frauen ab, um sie ein paar Stunden später wieder abzuholen. In der Zwischenzeit führen die Sexarbeiterinnen ihre Freier durch aufgebrochene Türen ins Schulgebäude. Laute Lustgeräusche der Frauen höre man in der ganzen Nachbarschaft. „Das geht fast jede Nacht so, sobald es dunkel wird“, unterstreicht die Anwohnerin die Regelmäßigkeit dieser Vorfälle.

Die Anwohnerin Kerstin Singh und ihr Mitstreiter Wolfgang Kühn beklagen, dass die Situation auf dem Gelände der früheren Frankenschule in Vierlinden immer schlimmer wird. Sie fordern eine Lösung von der Polizei und der Stadt Duisburg.
Die Anwohnerin Kerstin Singh und ihr Mitstreiter Wolfgang Kühn beklagen, dass die Situation auf dem Gelände der früheren Frankenschule in Vierlinden immer schlimmer wird. Sie fordern eine Lösung von der Polizei und der Stadt Duisburg. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Wegen der wilden Müllkippen, Drogendealer und der Prostituierten habe sie sich schon „die Finger am Telefon wund gewählt“ und entsprechend die Wirtschaftsbetriebe, das IMD, das Ordnungsamt oder die Polizei verständigt. Doch bei den Anrufen sei wenig herumgekommen. „Die Polizei kommt mit Blaulicht, das warnt doch alle vor.“ So seien Eindringlinge längst durch die zahlreichen Schlupflöcher entkommen, bevor Polizisten jemanden erwischen können. „Letztlich müssen Polizei und Ordnungsamt hier mehr kontrollieren“, fordert Wolfgang Kühn. „Das Gelände muss regelmäßig gesäubert werden“, bekräftigt seine Mitstreiterin. „Noch besser wäre, die Schule endlich abzureißen. Hier kann man nichts mehr retten.“

Stadt Duisburg will Kontrollen verstärken und wünscht sich einen Abriss

Der Stadt Duisburg ist die Situation der ehemaligen Frankenschule bekannt, auch dank Hinweisen von Anwohnern, wie Sprecherin Gabi Priem bestätigt. „Auch wir sind nicht glücklich über die dortigen Zustände und haben deshalb einen Sicherheitsdienst zur Überwachung des Geländes beauftragt, der uns auch Störungen meldet.“ Dessen Einsatzzeiten sollen „noch einmal optimiert“ werden. „Eine dauerhafte Verbesserung der Situation vor Ort kann nach unserer Ansicht nur durch eine bauliche Neugestaltung des Geländes erreicht werden“, so Gabi Priem weiter. Das soll eine Vorlage für die politischen Gremien ermöglichen, die aktuell vorbereitet wird. Die Stadt will das Grundstück verkaufen und plant einen Bieterwettbewerb.

Solange will Kerstin Singh jedoch nicht auf Besserung warten: „Ich will hier wegziehen. Ich bin schon auf Wohnungssuche.“

>> DIE POLIZEI FÄHRT DORT IMMER WIEDER STREIFE

● Die Stadt Duisburg hat laut Sprecherin Gabi Priem inzwischen den Müll entsorgt, „die Einzäunung“ instand gesetzt. „Auch laufen derzeit Maßnahmen zur zusätzlichen Sicherung des Geländes und Gebäudes. Vermutlich können wir auch damit nicht alle Störungen in Gänze verhindern, aber perspektivisch wird sich mit einer anderen Nutzung der Fläche die Situation ändern. Bis es so weit ist, versuchen wir weiterhin durch Kontrollen die Situation zu verbessern.“

● Die Polizei hat das Schulgelände im Blick. „Wir haben dort immer mal wieder Einsätze“, so Sprecher Jonas Tepe. Nicht jedoch wegen Drogendelikten und Prostitution, sondern wegen Jugendlichen, die Randale machen. Polizisten führen zudem „dort auch immer wieder Streife“. Falls Anwohner etwas Verdächtiges bemerken, sollen sie den Notruf 110 wählen.