Duisburg-Hamborn. Junkies pöbeln immer öfter Passanten an. Viele Händler in Duisburg-Hamborn wollen dies nicht länger dulden. So äußern sich Polizei und Stadt.

Händler in Alt-Hamborn beobachten die Szene beinahe täglich: Drogensüchtige am Hamborner Altmarkt und rund um das Rathaus pöbeln Anwohner und Kunden an. Manchmal würden sie Passanten sogar bespucken, sagt Andreas Feller, der Vorsitzende des Werberings. Die Händler wollen dieses Verhalten nicht länger hinnehmen.

„Es war hier früher schon schlimm, aber jetzt ist es massiv schlimmer geworden“, kritisiert Andreas Feller. Seitdem das Suchthilfezentrum an der Rathausstraße im Oktober eröffnet habe, gebe es immer wieder Probleme mit Junkies. „Das ist katastrophal für Hamborn, die Leute kommen nicht mehr hier hin.“

 Ein bekannter Treffpunkt für die Duisburger Drogenszene ist der Hamborner Altmarkt. Weil die Probleme dort zunehmen, schlagen die Einzelhändler Alarm.
Ein bekannter Treffpunkt für die Duisburger Drogenszene ist der Hamborner Altmarkt. Weil die Probleme dort zunehmen, schlagen die Einzelhändler Alarm. © Frank Oppitz / FUNKE Foto Services

Die Händler fürchten, dass deshalb auch nach dem Lockdown die Kundschaft ausbleiben könnte. Denn nicht nur Drogensüchtige hielten sich dort auf, sondern auch Alkoholiker und Bettler. Neben Pöbeleien und Spuckattacken habe Feller auch einige Handgreiflichkeiten beobachtet. „Das Ordnungsamt und die Polizei müssen aktiv werden“, fordert er für den Werbering. „Sie kümmern sich aber nicht, wir fühlen uns im Stich gelassen.“ Selbst wenn die Behörden einschreiten, würden sie sich nämlich mit den Junkies nur „freundlich unterhalten“ und sie wegschicken. Kurz darauf seien die Junkies aber wieder zurück.

Einige Anwohner und Geschäftsleute resignieren schon wegen der Drogensüchtigen

Tatsächlich hätten Anwohner und Gewerbetreibende teils schon resigniert und würden längst nicht mehr bei jedem Vorfall die Polizei rufen, schildert Anwältin Sonja Herzberg, deren Kanzlei in einem Wohnhaus an der Rathausstraße liegt. So berichtet sie etwa, dass eine junge Drogensüchtige sich mehrmals Zugang zum Haus verschafft habe, um der Kälte zu entgehen oder sich dort Heroin zu spritzen. Auch würden Süchtige in der Umgebung in Hausflure und Foyers pinkeln.

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„Wir sind uns alle einig, dass diesen Menschen geholfen werden muss“, betont Herzberg, jedoch hätten solche Vorfälle zuletzt massiv zugenommen. Sie habe viele Mandanten aus der Nachbarschaft „und die Eltern sorgen sich alle um ihre Kinder“. Zumal der Weg zum Spielplatz am Discounter Netto vorbeiführe, vor dem sich sowohl Trinker als auch Rauschgiftabhängige und Dealer gerne aufhielten.

Polizei Duisburg: „Es ist kein Brennpunkt“

„Wir wissen genau, wer aus der Drogenszene sich da aufhält. Wir nehmen das ernst. Aber es ist kein Brennpunkt aus polizeilicher Sicht“, sagt Polizeisprecherin Stefanie Bersin und ergänzt: „Wir haben keinen signifikanten Anstieg an Drogendelikten“, weder am Rathaus noch am Altmarkt. So habe es seit der Eröffnung des Suchthilfezentrums im Oktober nur vier Einsätze wegen Drogendelikten gegeben, zwei davon im neuen Jahr.

Allerdings verfolgt die Polizei Straftaten; für Wildpinkeln, Pöbeleien und Bespucken ist dagegen die Kommune zuständig. „Das Ordnungsamt hat seit der Eröffnung der Anlaufstelle für diesen Bereich keine Zunahme von Beschwerden registriert“, sagt Stadtsprecher Maximilian Böttner und verweist darauf, dass man mit einem weiteren Suchthilfezentrum in der Duisburger Innenstadt bereits gute Erfahrungen gemacht habe. Ein Runder Tisch mit Stadt und Polizei sei seit 2019 damit beschäftigt, die Situation in Hamborn zu verbessern. Doch für Suchtkranke könne nur eine Lösung vor Ort eine effektive Hilfe sein.

Suchthilfeverbund teilt die Beobachtungen der Hamborner nicht

In seiner Hamborner Kontakt- und Anlaufstelle unterstützt der Suchthilfeverbund die Betroffenen neben Drogenberatung mit niederschwelligen Angeboten, darunter Spritzentausch, Duschen, Waschmaschinen, Essens- und Kleidungsausgabe oder eine Postadresse für Obdachlose. Außerdem werden Suchtkranke in Notsituationen unterstützt und können auf ein Hilfsnetzwerk aus Behörden und anderen Akteuren zurückgreifen, auch damit sie ihre Grundsicherung bekommen.

Die Geschäftsführer des Suchthilfeverbunds Duisburg, Mustafa Arslan (links) und Dita Gomfers, schätzen die Situation in Duisburg-Hamborn anders ein als Händler und Anwohner, erklären sich aber gesprächsbereit.
Die Geschäftsführer des Suchthilfeverbunds Duisburg, Mustafa Arslan (links) und Dita Gomfers, schätzen die Situation in Duisburg-Hamborn anders ein als Händler und Anwohner, erklären sich aber gesprächsbereit. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Obwohl wegen Corona das neue Suchthilfezentrum aktuell maximal zwei Betroffenen gleichzeitig zur Verfügung steht, werden die Angebote in Hamborn laut Geschäftsführer Mustafa Arslan gut angenommen. „In der Regel sind die Hilfeangebote kein Anziehungspunkt, höchstens punktuell und zeitlich begrenzt“, so Arslan weiter. Vielmehr würde die Suchthilfe die Drogensüchtigen dort aufsuchen, wo sie sich aufhalten. Doch der Hamborner Standort sei „unmittelbar in der Nähe der Szene“.

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Bei ihren fast täglichen Außeneinsätzen konnten die Streetworkerinnen Jalda Fasli und Nicole Smyt, die ihre Arbeit im vergangenen November aufgenommen haben, keinen Konsum von illegalen Drogen im öffentlichen Raum beobachten. Um die Situation zu verbessern, kündigt der Suchthilfeverbund an, dass er die Süchtigen für die Beschwerden verstärkt dafür sensibilisieren will, keine Drogen in der Öffentlichkeit zu nehmen. Außerdem will er sie auf die akuten Beschwerden aus der Nachbarschaft hinweisen.

Duisburger Ordnungsamt will auf die Beschwerden reagieren

Indes kündigt die Stadt Duisburg an, auf Initiative von Bezirksbürgermeisterin Martina Herrmann die Patrouillen des Ordnungsamtes künftig zu verstärken. Die Polizei werde auch sofort eingreifen, so Sprecherin Stefanie Bersin, falls sich der Altmarkt und der Rathausvorplatz zu einem Schwerpunkt für Drogenkriminalität entwickelt.

>> SUCHTHILFEVERBUND ZEIGT SICH GESPRÄCHSBEREIT

● Geschäftsführer Mustafa Arslan betont, dass alle niederschwelligen Angebote für Suchtkranke „eine Brückenfunktion in weiterführende Angebote gesundheitlicher und psychosozialer Unterstützung“ leisten. Doch die Probleme der Drogensüchtigen „können aus unserer Sicht nie alle allein durch die Angebote der Suchthilfe gelöst werden“.

● Der Suchthilfeverbund will mit Geschäftsleuten und Anwohnern ins Gespräch kommen. So sind beispielsweise die Streetworkerinnen jederzeit ansprechbar: Jalda Fasli (0203 984302-265), Nicole Smyt (-264) und Sonja Frunder (-266). Weitere Infos: www.suchthilfeverbund-duisburg.de