Duisburg. In einer Duisburger Gemeinde soll Spendengeld für private Zwecke verwendet worden sein. Die Gemeinde streitet, die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Es ist eine Partnerschaft, von der schon viele Menschen profitiert haben: Die Zusammenarbeit der katholischen Gemeinden St. Dionysius in Walsum und St. Joseph im ghanaischen Jirapa ermöglicht seit gut 30 Jahren interkulturelle Begegnungen, sogar Freundschaften. Spenden aus Duisburg helfen außerdem den Menschen in Jirapa, in technische Ausstattung von Schulen und andere Infrastruktur zu investieren. Nun aber gibt es in Walsum Streit um die Verwendung von Spendengeldern, der inzwischen sogar die Staatsanwaltschaft beschäftigt.
Von einem „Schlag ins Gesicht der Spender“ spricht Helga Strajhar, Vorsitzende des Ghanakreises, der die Partnerschaft organisiert. Nach ihrem Amtsantritt im Jahr 2017 wollte sie Einsicht in die Kassenunterlagen nehmen, um sich einen Überblick zu verschaffen. „Was ich fand, hat mir die Sprache verschlagen“, sagt sie. Grund für das Entsetzen: Spendenquittungen ohne weitere Belege, vor allem aber eine Vielzahl an Ausgaben, die Strajhar für nicht zweckentsprechend hält.
Spendenkreis zahlte Priester Flug nach Ghana
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Die Wehoferin kommt auf insgesamt rund 3200 Euro, die der vorherige Vorsitzende zwischen 2008 und 2017 zweckfremd verwendet haben soll. Strajhar kritisiert vor allem, manche Empfänger dieser Gelder hätten mit der Partnergemeinde St. Joseph überhaupt nichts zu tun gehabt. „Das waren einfach Freunde meines Vorgängers“, sagt sie. So bezahlte der Ghanakreis etwa den Flug eines Kaplans in das westafrikanische Land. Dieser Kaplan sei zwar in der Walsumer Gemeinde beschäftigt gewesen, so Strajhar, hätte mit dem Ghanakreis aber keinerlei Berührungspunkte gehabt.
Auch die Art einiger Ausgaben irritiert die frühere CDU-Ratsfrau. Die Unterlagen, die auch der Redaktion vorliegen, dokumentieren für den Besuch eines ghanaischen Priesters in Duisburg: Neben den Flugkosten wurde eine Reiseversicherung bezahlt, ebenso der Eintritt zu Sehenswürdigkeiten, Handyguthaben, Kaffee an der Tankstelle oder Bier in der Kneipe. „In Ghana wird man als Gast hofiert wie ein König“, sagt Strajhar. „Mein Vorgänger wollte seinem Besuch offenbar ähnliches bieten.“ Das jedoch, meint sie, hätte er auf eigene Kosten tun müssen, statt in die Spendenkasse zu greifen.
2018 trug Strajhar all das zusammen, und wandte sich an Gemeindepfarrer Werner Knoor, der sie wiederum an den Finanzausschuss des Kirchenvorstands verwies. Großes Interesse habe aber keiner der Verantwortlichen gezeigt. Strajhar blieb dennoch hartnäckig, auch, weil sie sich nicht dem Vorwurf ausgesetzt sehen wollte, als Mitwisserin nichts unternommen zu haben. Denn, so Strajhar: „Bestätigt sich der Verdacht der Zweckentfremdung, ist das eine Straftat.“
Bistum Münster sieht keine Hinweise auf zweckfremde Verwendung
Sie konnte Pfarrer und Kirchenvorstand dazu bewegen, die Kasse von der Revision des Bistums Münster kontrollieren zu lassen. Nach zwei Monaten kam Ende 2018 der Prüfbericht. Das Ergebnis: Mit Ausnahme eines Betrags von 200 Euro seien alle Ausgaben zweckentsprechend gewesen. Diese 200 Euro wurden daraufhin dem Ghanakreis aus dem Gemeindehaushalt erstattet.
Vor wenigen Wochen wurden die Kassenunterlagen erneut in Münster geprüft. „Es gibt keine Hinweise, dass Gelder veruntreut oder generell zweckwidrig verwendet worden wären“, betont Stephan Kronenburg, Pressesprecher des Bistums. Es sei wegen der ungleichen finanziellen Möglichkeiten durchaus üblich, Kosten für Flüge und Bewirtung von Gästen zu tragen. „Sonst wären Partner aus Ländern des globalen Südens nahezu nie in der Lage, Menschen in ihren deutschen Partnergemeinden zu besuchen“, so Kronenburg. Auch sieht das Bistum in der Übernahme der Flugkosten ausreichend Bezug zu der deutsch-ghanaischen Partnerschaft gegeben: So sei etwa der Kaplan, dessen Flug nach Ghana finanziert wurde, vor 20 Jahren in Jirapa tätig gewesen.
Eine zentrale Schwierigkeit sieht das Bistum in dem Umstand, dass der Ghanakreis über keine Satzung oder Geschäftsordnung verfügt, die den Spendenzweck klar definiert. Man habe deshalb die Empfehlung ausgesprochen, eine solche Satzung zu entwickeln. Kronenburg: „So soll vermieden werden, dass in Zukunft wieder Unklarheiten entstehen.“
Walsumer Pfarrer will den Spenden-Streit nicht kommentieren
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Helga Strajhar ist da anderer Meinung: „Der Ghanakreis ist kein eingetragener Verein, sondern ein Ausschuss innerhalb der Gemeinde. Also braucht er auch keine Satzung.“ Bei den Aktionen des Ghanakreises sei immer klar die Unterstützung der Partnergemeinde St. Joseph als Zweck benannt gewesen. „Dann muss das Geld auch den Menschen in St. Joseph zugute kommen. Für Besuche von Priestern aus anderen Gemeinden wurde nie gesammelt“, so Strajhar. Die Argumentation des Bistums gehe am Thema vorbei. „Die drehen sich das, wie es ihnen passt.“ Anfang des Jahres hat sie deshalb – auf Rat eines Anwalts – die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.
Das alles hat auch das Verhältnis zu Pfarrer Werner Knoor sehr belastet. Strajhar wirft ihm vor, den Ghanakreis zu schikanieren, ihr etwa die Unterschrift auf Spendenquittungen zu verweigern: „Das wurde jahrelang sofort erledigt. Jetzt lässt Herr Knoor über sein Sekretariat ausrichten, die Quittungen am Ende des Jahres unterschreiben zu wollen.“ Der schriftliche Kontakt mit einer Schlichtungsstelle des Bistums hat die Situation eher verschärft als entspannt.
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Knoor selbst möchte das Thema nicht weiter kommentieren und verweist auf die Antwort des Bistums. Zur Unterschrift der Spendenquittungen sagt er: „Ich handle innerhalb der gesetzlichen Vorgaben.“ Ob diese Vorgehensweise üblich sei, verrät er nicht. Auch der frühere Vorsitzende des Ghanakreises möchte auf Anfrage der Redaktion nicht Stellung beziehen.