Duisburg-Marxloh. Die SPD Marxloh will einen Neuanfang im Duisburger Stadtteil. Ideen und Forderungen schrieb sie in ihrem Marxloh-Plan auf. Was sich ändern soll.
Marxloh ist eine eigene Stadt innerhalb der Stadt Duisburg. Dieser Ansicht ist zumindest der dortige SPD-Ortsverein und hat sechs Monate lang ein Konzeptpapier, den Marxloh-Plan, entwickelt. Dieser greift auf, was seit 2014 falsch gelaufen ist und was sich nach der Kommunalwahl am 13. September verbessern soll. Ein eigenes Wahlkampfprogramm für den Stadtteil soll dieses Papier allerdings nicht sein, betont die SPD, sondern „ein Vorschlag und ein Angebot, was wir alle gemeinsam in Marxloh in den nächsten Jahren erreichen können“. Dabei geht es auch darum, wie man die 50 Millionen Euro Fördergeld für den Bezirk am sinnvollsten nutzt.
Viele Erkenntnisse darin seien bereits Jahrzehnte alt, wissen Marxlohs neuer SPD-Vorsitzender Jan Ingensiep und sein Vize Claus Krönke. Doch die beiden wollen im Stadtteil neue Ansätze verfolgen, um bestehende Probleme zu lösen. Dies fordern sie auch von Stadtverwaltung und Oberbürgermeister Sören Link (SPD) ein. „Es wird immer über Betroffene gesprochen, aber nicht mit ihnen“, sagt Krönke, künftige Maßnahmen müssen demnach aber dringend auf die spezielle Situation vor Ort und auf die Bedürfnisse der Einwohner angepasst werden.
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SPD Marxloh fordert zentrale Anlaufstelle für Neuankömmlinge
Dafür ist laut Krönke ein Eingeständnis nötig: „Marxloh ist ein Ankunfts-Stadtteil.“ Daher brauche es eine wirksame, niederschwellige und zentrale Anlaufstelle für Neuankömmlinge – ein „Welcome-Center“. „Die Menschen sollen sich empfangen fühlen und ihnen soll geholfen werden“, ergänzt Jan Ingensiep, „bisher kennen viele Marxloher ja städtische Maßnahmen nur, wenn ihr Haus geräumt wird“.
Wer jedoch nach Marxloh kommt, brauche eine Kontaktstelle, wo er oder sie nicht nur erfährt, welche Behördengänge alle erledigt werden müssen, sondern wo sie auch möglichst alle erledigt werden können, um Behörden-Odysseen zu vermeiden. Wer Kinder hat, soll sie beispielsweise direkt für eine Schule anmelden können und auch das Auto soll direkt umgemeldet werden. Zudem sollen Wohlfahrtsverbände und Hilfsorganisationen ebenfalls alle im Stadtteil vertreten sein.
Trotz Millioneninvestitionen geht der Stadtteil seit Jahren bergab
„Marxloh ist ein Ferrari, der aber bisher nur im ersten Gang fährt“, ist Claus Krönke überzeugt, „wir haben viele tolle Menschen und viele tolle Projekte, aber müssen jetzt die ganze Power zusammenführen“. Das Potenzial sei zweifelsfrei da, finden die Sozialdemokraten – und auch das Geld. „Hier wurden bereits Millionen Euro investiert, aber der Stadtteil geht trotzdem seit Jahren bergab“, so der SPD-Vize, und fordert daher von Duisburg, vom Land und vom Bund, besser zu kontrollieren, dass Investitionen bestmöglich helfen.
Das gilt natürlich auch für die 50 Millionen Euro Fördergeld, mit denen im Bezirk zahlreiche Projekte finanziert werden sollen – und einige davon stehen auch im Marxloh-Plan der SPD. So soll der August-Bebel-Platz zu einem zentralen Treffpunkt im Stadtteil umgebaut werden. Krönke könnte sich dort eine Markthalle vorstellen, die kleine Geschäfte mit rund zehn Quadratmetern und Imbisse beherbergt. Außerdem möchten die Sozialdemokraten den dortigen Busbahnhof vorm Marxloh-Center an die Weseler Straße verlegen. Das ersetze natürlich nicht die notwendige Neufassung von Parkplatz-, Verkehrs- und Einzelhandelskonzepten, betont Jan Ingensiep. „Das Wichtigste ist aber: Wir brauchen Arbeit für Marxloh.“
SPD will die Nahversorgung verbessern und die Brautmodenmeile stärken
Das bekräftigt auch Claus Krönke und will mit einem Vorurteil aufräumen: „Niemand, der hier hinkommt, will Sozialleistungen. Die Leute wollen alle Arbeit.“ Das zeige sich auch an „illegalen Startups“, wo etwa Klamotten aus dem Autokofferraum heraus verkauft würden, weil der Händler keinen Laden oder dafür keinen Kredit bekomme.
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Dabei gebe es viele leerstehende Ladenlokale. Die müsse man wieder beleben, auch die Nahversorgung verbessern und die Brautmodenmeile stärken. Dabei soll ein neues Leerstandskataster helfen. Genug Arbeitsplätze, insbesondere für Muskelarbeit, wird es laut SPD aber in absehbarer Zeit nicht geben. „Wir können aber qualifizieren“, sagt Krönke, selbst wenn die Betroffenen ihre Jobs danach nicht in Duisburg finden, sondern vielleicht in Frankfurt.
Die Freiwillige Feuerwehr soll Marxloh erhalten bleiben
Eine Chance für Jugendliche sehen die Sozialdemokraten auch in den Plänen, die Jugendfeuerwehr stärker interkulturell zu öffnen. So könne die Jugend einerseits Disziplin und Respekt lernen und sich andererseits Berufschancen eröffnen. Derzeit sucht die Freiwillige Feuerwehr einen neuen Standort. „Wenn wir keinen finden, muss sie Marxloh verlassen“, bedauert Jan Ingensiep und möchte dieses Ergebnis verhindern.
>> Alteingesessene und Neuankömmlinge sollen sich vernetzen
Die SPD will mit ihrem Konzeptpapier nicht nur erreichen, dass Marxloh durch viele Einzelmaßnahmen als Ankunfts-Stadtteil gestärkt wird. „Die Menschen sollen auch wieder stolz auf ihren Stadtteil sein“, sagt Claus Krönke. Dafür sollen sich Alteingesessene und Neuankömmlinge erstmals vernetzen und zusammenarbeiten. Einfach werde das jedoch nicht, denn „es herrscht eine riesige Fluktuation“.
Doch nicht guter Wille und Ehrenamt allein sollen den Stadtteil lebenswerter machen, sondern natürlich auch das Fördergeld in Millionenhöhe. „Wir müssten eigentlich die ganze Innenstadt neu machen“, sagt Jan Ingensiep. Doch dafür fehlt – trotz Fördermillionen – das Geld. Zumindest aber sauber und begrünt sollte es demnächst sein, verlangt Krönke. Zwar schicken die Wirtschaftsbetriebe bereits häufiger die Müllabfuhr, „doch wir brauchen massiv Mülltonnen und feste Reinigungsteams in den Straßen, die die Menschen kennen und direkt ansprechen können“.
Appell: Möglichst viele Marxloher sollen zur Kommunalwahl gehen
Besonders wichtig ist der SPD aber, dass die Marxloher – ob Alteingesessene oder Neubürger – sich selbst einbringen und mitbestimmen. Das gilt auch bei der Kommunalwahl, denn diese sei für die Situation vor Ort enorm wichtig. Dennoch haben 2014 nur gut 20 Prozent der Marxloher ihre Stimme abgegeben. Seither würden fast nur gut situierte Mandatsträger über den Stadtteil entscheiden, die gar nicht wüssten, wie das Leben an der Weseler Straße, an der Hagedornstraße oder an der Piazza wirklich ist. Deshalb ruft Claus Krönke alle wahlberechtigten Marxloher auf, teilzunehmen, damit ihre Interessen auch im Duisburger Rathaus vertreten werden. „Ob sie CDU, SPD, Linke oder die Tierpartei wählen, ist mir egal – solange sie keine rechten Parteien wählen.“
Um für ein besseres Marxloh zu kämpfen, können jedoch alle Parteien noch weitere Mitstreiter gebrauchen. So hat allein der komplette Marxloh-Plan der Sozialdemokraten etwa 180 Einzelpunkte in acht Kapiteln. „Wir sind stolz darauf, dass er alle Lebensbereiche abdeckt“, sagt Claus Krönke und will diese Forderungen und Ideen in den nächsten Jahren mit Jan Ingensiep, den übrigen SPD-Genossen und der Stadtverwaltung bestmöglich umsetzen.