London/Duisburg. Wrestlerin Lexa Valo aus Duisburg verteidigte gerade erst ihren Gürtel in London, schon steht ein neuer Titelkampf an – erstmals im Ruhrgebiet.
Die beiden Wrestlerinnen schenken sich im Ring nichts. Sie sind bereits erschöpft, aber Lexa Valo bleibt entschlossen, greift erneut an. Ihr Schwitzkasten sitzt. Sie zerrt die Gegnerin auf den Ringboden, umschlingt sie mit starken Beinen und drückt mit aller Kraft zu. Aus, vorbei, Sieg durch Aufgabe! Die Zuschauer jubeln, vor allem die Kinder. Sie rufen den Namen der blutrünstigen Wikingerin, Lexa Valo, den Namen des Champions.
Ihre erste Titelverteidigung in London bei der Liga British Empire Wrestling (BEW) lief für Alexandra Lippmann, die im Ring Lexa Valo ist, äußerst erfolgreich – und dennoch unerwartet. Denn die BEW-Chefs Declan Kellett und Tim Birkett hatten entschieden, dass die 29-Jährige aus Duisburg-Vierlinden nicht länger einen Bösewicht darstellen wird, der gegen eine Heldin antritt. Solche Fieslinge lassen ihre Gegner gut aussehen und werden möglichst ausgebuht. Als Champion war sie nun selbst die Heldin. „Es ist wirklich ein seltsames Gefühl, plötzlich der Liebling im Ring zu sein, sehr ungewohnt“, sagt die Athletin. Durch den Jubel wurde für sie ein ohnehin schon besonderer Kampf umso schöner.
Zwar stehen beim Wrestling die Sieger vorab fest, und die vermeintlichen Gegner unterstützen sich insgeheim, doch Lippmann und ihre Mitstreiterinnen müssen fit sein, um spektakuläre Würfe, Tritte, Sprünge und Aufgabegriffe sicher ausführen zu können. Denn die blauen Flecken nach jedem Kampf sind echt. Als Champion genießt Lexa Valo das Vertrauen von British Empire Wrestling, repräsentiert die Liga und ist zugleich eine überlebensgroße Hauptdarstellerin künftiger Fehden.
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Die Duisburgerin bekommt viel Anerkennung für ihre Nachwuchsarbeit
Der Titel bedeutet Anerkennung; diese bekommt Lippmann nicht nur für ihre Leistungen im Ring, sondern ebenso für ihre gute Nachwuchsarbeit. „Sie hilft ihren Kolleginnen aktiv, dort Arbeit zu finden, wo sie wachsen können“, lobte unlängst Declan Kellett. Ihm hat die Duisburgerin für die Veranstaltung, bei der sie ihren Championgürtel verteidigte, Xara Grace aus Nürnberg für einen Kampf empfohlen.
So kam das fränkische Kraftpaket jetzt zu ihrem England-Debüt und nahm gegen die erfahrene Schottin Molly Spartan sofort die rund 100 Zuschauer in der Sporthalle der Hillcross-Grundschule für sich ein. Ihr wohl größter Fan ist jedoch Alexandra Lippmann: „Ich bin unglaublich stolz auf Xara! Ich war bei ihrem Debüt zwar genauso nervös wie vor meinem eigenen Match, aber ich wusste, dass sie liefern wird. Und das hat sie.“ Die Nürnbergerin habe eine beeindruckende „Power im Ring“ und weil sie „unglaublich stark ist, wäre es für mich ein Herzenswunsch, meinen Titel gegen sie zu verteidigen“. Christina Dörfler alias Xara Grace hört dieses Lob natürlich gerne. „Ich habe Lexa viel zu verdanken“, betont sie, und würde jederzeit mit der Wikingerin in einen Ring steigen; als Gegnerin oder als Team-Partnerin. Die Team-Idee gefällt auch Lippmann gut: „Zusammen wären wir unschlagbar!“
Die ganze Wrestling-Welt schaut jetzt aufs Ruhrgebiet
Zunächst muss sie sich aber auf eine andere Wrestlerin vorbereiten. Denn am 7. März steht ein neuer Titelkampf an – zuhause im Ruhrgebiet. Bei „16 Carat Gold“ vertritt sie die BEW und kämpft gegen Liga-Kollegin Kat Von Kaige. „Es ist das größte europäische Turnier“, erläutert die Duisburgerin. „Die ganze Wrestling-Welt schaut an diesem Wochenende nach Oberhausen. Es ist der helle Wahnsinn.“ Für sie ist die Teilnahme eine Ehre und ganz besonders. Zumal dieses Turnier sie einst als Zuschauerin dazu inspirierte, eine Profi-Wrestlerin zu werden.
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Großer Druck beim Titelkampf in der Heimat
„Es ist allerdings auch ein wenig bittersüß“, gesteht Lippmann, die 2017, zu Beginn ihrer Karriere, in der WXW Academy trainierte, einer Wrestling-Schule in Essen. „Hier in Deutschland hat man mir gesagt, dass ich es nie schaffen werde.“ Jetzt kehrt sie erstmals zurück „in exakt den Ring, zu dem Turnier, an dem alles begann. Aber diesmal bin ich Champion einer wichtigen englischen Liga“. Bei dieser Rückkehr, so empfindet sie es, „herrscht natürlich auch großer Druck, den Leuten, die über mich gelacht haben, zu beweisen, dass sie sich geirrt haben. Und ich will gleichzeitig der BEW beweisen, dass sie sich eben nicht in mir geirrt haben.“
Als Lexa Valo will sie ihren Titel daher keinesfalls kampflos aufgeben, „schon gar nicht vor Freunden und Familie in meiner Heimat“. Im Ruhrgebiet soll ihre Gegnerin eine krachende Niederlage erleiden, im Aufgabegriff, zerquetscht zwischen kraftvollen Oberschenkeln.