Duisburg. . Raquel Lourenço träumt von der großen Wrestling-Karriere. Dafür ist sie von Portugal nach Duisburg gezogen und mischt die deutschen Ligen auf.

Ihr Handschlag ist zart, ihre Stimme freundlich und ihr Lächeln ansteckend fröhlich. Im Wrestlingring aber ist Raquel Lourenço gnadenlos und lächelt nicht, denn sie will an die Weltspitze. Dafür ist sie jetzt von Lissabon nach Duisburg gezogen und hat sich im Ruhrgebiet auf Anhieb viele Fans erarbeitet. Diese kennen die 25-Jährige unter ihrem Kampfnamen Killer Kelly.

Den Kampfnamen Killer Kelly trägt Raquel Lourenço, weil sie gerne Männer verprügelt. Das bekommt auch Redakteur Oliver Kühn beim Interview zu spüren.
Den Kampfnamen Killer Kelly trägt Raquel Lourenço, weil sie gerne Männer verprügelt. Das bekommt auch Redakteur Oliver Kühn beim Interview zu spüren. © Kerstin Kokoska

„Den Namen hat mir das Publikum gegeben, weil ich viele Männer verprügelt habe“, sagt Lourenço und lacht. In Portugal gebe es kaum Wrestlerinnen, so dass sie nun mal gegen Männer antreten musste. Schon als 14-Jährige gab es in Lissabon keine Mädchen, die sich ebenso für Wrestling begeisterten wie Lourenço, also trainierte sie mit Jungs und harten Kerlen.

Ehrgeizig bei jeglichem Sport

Als die Zuschauer sie plötzlich Killer Kelly tauften, und ihr laut zujubelten, war ihr Pseudonym geboren. Zwar geht es beim Wrestling oft um den Kampf von Gut gegen Böse, bei dem es gerne auch mal Kloppe mit dem Klappstuhl gibt, doch Raquel Lourenço schlüpft im Ring nicht in die Rolle eines Bösewichts oder einer Heldin. „Killer Kelly, das bin ich: ein Mädchen, das Wrestling liebt und genauso den Wettkampf.“ Ohnehin sei Kelly schon lange vorher ihr Spitzname gewesen.

Ehrgeizig sei sie bei jeglichem Sport schon immer gewesen, sie war früher in Portugal eine Leistungsschwimmerin und trainiert außerdem Kickboxen und den Kampfsport Mixed Martial Arts. „Beim Sport bin ich leidenschaftlich, aber auch sehr konzentriert.“

Trainingskurs bei Essener Talentschmiede der WXW

Doch Wrestling werde für sie immer etwas Besonderes sein, seitdem sie als siebenjähriges Mädchen dank ihres älteren Bruders ihr erstes Match der US-Liga WWE im Fernsehen gesehen hat. Der Undertaker und Kane sind damals einmarschiert und haben ihre Gegner platt gemacht. „Das entfachte meine Leidenschaft für Wrestling und ich verliebte mich in Kane.“ Auch heute ist der muskelbepackte Hüne weiterhin ihr Liebling.

Bis die gelernte Grafik-Designerin allerdings ihren Wunsch, Profi-Wrestlerin zu werden, ernsthaft umsetzte, dauerte es fast zwei Jahrzehnte. Ihr Debüt bei einer Wrestling-Show war 2016. Die Entscheidung jedoch, richtig durchzustarten, traf sie erst im vergangenen März – im Ruhrgebiet. Sie nahm an einem Intensivtrainingskurs bei Westside Xtreme Wrestling (WXW) in Essen teil, eine internationale Talentschmiede der gleichnamigen Liga. „Ich will die Beste sein und meinen Traum verfolgen, für die WWE anzutreten.“ Sie erkannte, dass sie dafür nach Deutschland kommen musste, ins Ruhrgebiet, wo sie mit viel mehr Wrestlern trainieren und an viel mehr Shows teilnehmen kann als in Portugal.

Jubel der hiesigen Fans beendete ihr Lampenfieber

Ausschlaggebend war jedoch, dass ihr Freund Rafael Silva, der als Wrestler Rafa heißt, sie nach Duisburg begleitet hat und mit ihr bei der WXW trainiert, derzeit aber am Knie verletzt ist. „Wir haben lange über den Umzug nachgedacht und uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“, sagt Lourenço. Tatsächlich sei sie es gewesen, die diesen Schritt scheute. Würde sie gut genug sein? Würden sie die Ligen überhaupt buchen und die Fans sie mögen? „Ich hatte wirklich Angst“, gesteht sie. Ihr Freund zweifelte jedoch nie an ihr, und er sollte recht behalten.

Kaum betrat Killer Kelly bei ihrem Deutschland-Debüt die Turbinenhalle in Oberhausen, bejubelten sie hunderte Fans euphorisch, besonders die aus dem Revier. Die Ringsprecherin der WXW hatte sie als Duisburgerin angekündigt und sofort hatte sie die Unterstützung zahlreicher Fans aus dem Ruhrgebiet. Plötzlich war ihr Lampenfieber verflogen. „Das war umwerfend und sehr bewegend. Es war perfekt.“

Sie überzeugte durch kraftvolle Tritte, Schläge und ihren liebsten Überwurf, den Suplex. Allerdings ist beim Wrestling vorher klar, wer gewinnt. Doch das findet die ehrgeizige Killer Kelly gar nicht schlimm, sondern empfindet es als eine besondere Herausforderung: „Wir sind Sportler, aber auch Entertainer. Wrestling ist Theater mit Stunts, sehr körperbetont, kreativ und emotional. Wir erzählen Geschichten mit unseren Körpern – und ich am liebsten mit harten Tritten“, sagt sie und lacht.

Die Wahlduisburgerin kämpf derzeit fast jede Woche

Dem deutschen Publikum gefällt die Wahlduisburgerin, und sie wird für immer mehr Shows gebucht und reist derzeit fast jedes Wochenende in eine andere Stadt. Noch kann Raquel Lourenço nicht von den Gagen leben, sondern verdient ihr Geld größtenteils als Grafikdesignerin. Doch sie ist überzeugt, dass ihr Traum wahr wird und dass sie sich an die Weltspitze des Wrestling kämpfen wird, zur US-Liga WWE. Den ersten Schritt hat sie bereits getan, mit dem Umzug nach Duisburg.

>>> Nach starkem Debüt startet die Duisburgerin durch

Christian Michael Jakobi, Geschäftsführer der WXW, hat Raquel bestärkt, ins Ruhrgebiet zu ziehen.
Christian Michael Jakobi, Geschäftsführer der WXW, hat Raquel bestärkt, ins Ruhrgebiet zu ziehen. © Kerstin Kokoska

Der Geschäftsführer von Westside Extreme Wrestling, Christian Michael Jakobi, hat Raquel Lourenço darin bestärkt, ins Ruhrgebiet zu ziehen, um an ihrer Karriere zu arbeiten. „Wrestling als Beruf ausüben zu können, ist wie ein Lottogewinn“, sagt Jakobi; nur die Wenigsten würden Weltklasseniveau erreichen und davon leben können. Killer Kelly habe aber einen außergewöhnlichen Eindruck auf ihn gemacht. „Sie ist noch jung genug, das Wagnis einzugehen, und bei ihrem Debüt ist sie beim Publikum megagut angekommen.“

Beeindruckt hat sie zudem Rob Graves, Geschäftsführer der Ruhrpottliga Wrestlingkult. Dort gehört Killer Kelly inzwischen zum Stammkader. „Sie hat viel Potenzial. Ich suche grundsätzlich Mädels, die ordentlich draufhauen und etwas härter sind.“ Dass sie als Kämpferin auftritt, mit Mundschutz und entschlossenem Blick, gefalle den Zuschauern. Außerdem ziehe im Ruhrgebiet der Lokalpatriotismus, den Killer Kelly als Duisburgerin anspricht.

Regelmäßig in die Muckibude

Gestählt in der Muckibude und der WXW Academy: 
Wrestlerin Raquel Lourenço  hat  als  Killer Kelly ein 
starkes Debüt hingelegt.
Gestählt in der Muckibude und der WXW Academy: Wrestlerin Raquel Lourenço hat als  Killer Kelly ein starkes Debüt hingelegt. © Kerstin Kokoska

Lourenço will sich aber nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen, sondern trainiert fünf Mal wöchentlich im Fitnessstudio, zweimal zusätzlich bei der WXW Academy in Essen-Katernberg und hat an den Wochenenden noch ihre Auftritte. „Dieses Training ist mir sehr, sehr wichtig. Ich möchte stärker werden und eine bessere Ausdauer bekommen, auch um Verletzungen zu vermeiden.“ Vor allem will sie weiterhin überzeugen. Denn das Ansehen von Frauenwrestling ändere sich gerade. „Früher haben viele Wrestlingfans die Frauenmatches für Toilettenpausen genutzt“, auch weil eher Fitnessmodels als echte Athletinnen eingesetzt wurden und es deutliche Niveauunterschiede zu den Männern gab. „Jetzt sind wir Frauen gleichwertige sportliche Attraktionen.“

Daher wird die 1,65 Meter große Kämpferin in Deutschland und in den Nachbarländern gegen andere Wrestlerinnen antreten und nicht gegen Männer in den Ring steigen. Dennoch hat sie einen männlichen Wunschgegner: ihren Cheftrainer Walter Hahn. „Er tritt mir natürlich kräftig in den Arsch, aber ich würde ihm einen tollen Kampf liefern“, sagt Raquel Lourenço und lacht.

>>> Killer Kellys nächster Kampf ist am 23. Dezember

Raquel Lourenço wird inzwischen häufig für Kämpfe gebucht. Im Ruhrpott kämpft sie wieder am Samstag, 23. Dezember, in Oberhausen für die WXW (wxw-wrestling.com), am 10. Februar für die Liga Wrestlingkult (wrestlingkult.com) in Bochum.

Alle ihre Termine veröffentlicht Killer Kelly bei Facebook auf facebook.com/KellyWrestling.