Duisburg/Moers. Profi-Wrestlerin Alexandra Lippmann aus Duisburg ist Fans besser unter ihrem Ringnamen Lexa Valo bekannt. Erstmals verteidigt sie ihren Titel.

Die schwere Langhantel ruht auf ihren Schultern. Ihre Hände umschließen sie fester, dann beginnt Alexandra Lippmann mit tiefen Kniebeugen. Davon sollen ihre Oberschenkel wachsen. Die 29-jährige Duisburgerin trainiert ehrgeizig, diesmal in ihrer Heimatstadt Moers. Im Februar steht in London ihre erste Titelverteidigung an. Dafür will sie topfit sein – und im Ring natürlich gnadenlos. Denn in England startet sie gerade durch. Ob sie ihre Gegnerin besiegt, darauf hat sie allerdings keinen Einfluss. Denn die junge Frau aus Vierlinden ist Profi-Wrestlerin.

Im Ring teilt Lexa Valo (rechts) gerne harte Tritte aus, wie hier gegen Michelle Cooper. Spezialisiert hat sie sich jedoch auf Aufgabegriffe.
Im Ring teilt Lexa Valo (rechts) gerne harte Tritte aus, wie hier gegen Michelle Cooper. Spezialisiert hat sie sich jedoch auf Aufgabegriffe. © BEW

„Ich liebe Wrestling“, sagt Alexandra Lippmann. „Für mich war es ein Schritt, mich selber wiederzufinden.“ Diesen ging sie vor gut drei Jahren und krempelte dafür ihr Leben um. Schon als kleines Mädchen schaute sie mit ihren Eltern und Schwestern Wrestling im Fernsehen, vor allem die englische Liga WOS, aber auch die amerikanische WWE. „Ich war schon immer sportbegeistert“, sagt sie. Als Mädchen stieg sie jedoch nicht selbst in den Ring, sondern war erfolgreiche Eishockeyspielerin und trug später sogar das Nationaltrikot.

In der Essener WXW Academy ausgebildet

„Ich war schon immer total rastlos“, sagt Lippmann, die in Moers Sport- und Fitnesskauffrau gelernt hat. Zudem hat sie das Abitur nachgeholt, wurde Tierheilpraktikerin, studierte Theologie, schnupperte in die Tiermedizin hinein und arbeitet derzeit als Videodesignerin. Doch erst als sie wagte, in den Ring zu steigen, merkte sie, was ihr im Leben lange gefehlt hatte.

Ausgebildet wurde sie in der WXW Academy in Essen. „Das war echt hart“, erinnert sie sich an 2017 und ihr erstes Probetraining. „Beim Aufwärmtraining hätte ich mich fast übergeben.“ Zuvor hatte sie lange keinen Sport mehr getrieben. Sie biss aber die Zähne zusammen und hat sich die nächsten anderthalb Jahre krachend auf die Matte schmeißen lassen, hat Griffe, Würfe und Konter gelernt, und ihre Liebe fürs Wrestling entflammte vollends.

Als Bösewicht unermüdlich gegen die Helden

Demnächst ist ein Kampf im Ruhrgebiet angesetzt

Lexa Valo wird am heutigen Samstagabend, 1. Februar, ihren „Shooting Star“-Titel in Süd-London verteidigen. Bei der Veranstaltung namens „Rising Empire“ wird sie allerdings nicht die einzige Deutsche sein. Xara Grace aus Nürnberg wird ebenfalls bei British Empire Wrestling (BEW) in den Ring steigen. Weitere Informationen gibt es im Internet auf
www.britempirewrestling.co.uk.

Durch eine internationale Kooperation von BEW und Westside Xtreme Wrestling (WXW) aus Essen wird Lexa Valo nach langer Zeit wieder im Ruhrgebiet antreten. Bei „16 Carat Gold“ trifft sie am Samstag, 7. März, in der Oberhausener Turbinenhalle auf Kat von Kaige und will den Fans zeigen, welche Action BEW zu bieten hat. Weitere Infos gibt es auf wxw-wrestling.com.

Ihre Termine, auch außerhalb der BEW, veröffentlicht Lexa Valo unter anderem bei Facebook auf facebook.com/lexy.riot.5.

„Im Ring kann man alles sein, was man möchte“, schwärmt Lippmann. Sie ist dort Lexa Valo, eine moderne, blutrünstige Wikingerin mit dem Blut ihrer Feinde am Kinn und mit Runen auf der Kleidung. Erschaffen habe sie diese Kunstfigur, weil „ich finnische Wurzeln habe“. Lexa Valo ist überlebensgroß, denn im Ring wird stets der Kampf Gut gegen Böse ausgefochten. Und die Wikingerin ist ein Bösewicht. „Das Schlimmste ist, wenn die Zuschauer für mich jubeln. Sie sollen mich ja doof finden. Schließlich ist es mein Job, meine Gegnerin, die Heldin der Geschichte, möglichst gut aussehen zu lassen.“

Auch als Bösewicht hat Lexa Valo natürlich ihre Fans, umso mehr seit sie der Champion von British Empire Wrestling (BEW) ist. Ihr größter Unterstützer ist ihr Trainer Tobias Schumacher, den die Szene als Toby Blunt kennt. „Er hat sein ganzes Leben meiner Karriere untergeordnet“, so Lippmann. „Ohne Toby wäre ich nie in einem Ring gelandet und nie in England.“ Kennengelernt haben sich die beiden, als er sie in der WXW Academy drillte. Heute sind sie befreundet, „wir wohnen, trainieren und reisen zusammen“. Das war 2019 fast jedes Wochenende, quer durch Deutschland, Österreich, Benelux, Großbritannien und Malta.

„Das war ein krasses Jahr“, gesteht Lippmann, die sich jetzt hauptberuflich in Lexa Valo verwandelt, fürs Wrestling sowie als Model für Fotos oder Musikvideos. Nachdem sie bereits eine Nackenverletzung und eine Gehirnerschütterung erlitt, will sie allerdings fitter werden und weitere Kilos Muskeln aufbauen. „Je stärker ich bin, umso weniger verletzte ich meine Gegner und mich selbst.“

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Fünfmal pro Woche ins Fitnessstudio

Obwohl das Ergebnis der Kämpfe nämlich vorab feststeht und die Wrestler sich insgeheim im Ring unterstützen und vieles schmerzhafter aussieht als es ist, sind die blauen Flecken dennoch echt. Und es schmerzt, wenn man vom obersten Ringseil auf den Boden geworfen wird. „ Nach anderthalb Jahren als Profi-Wrestlerin bin ich kaputter als nach 16 Jahren Eishockey“, sagt Lippmann.

Als Titelträgerin repräsentiert Fiesling Lexa Valo die englische Liga British Empire Wrestling mit Sitz in London.
Als Titelträgerin repräsentiert Fiesling Lexa Valo die englische Liga British Empire Wrestling mit Sitz in London. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Deshalb trainiert sie fünfmal pro Woche, sie will größere Muckis – vor allem wuchtige Oberschenkel. „Sie sollen so kraftvoll sein, dass ich meine Gegner damit in der Mitte durchbrechen kann“, sagt sie und lacht. Doch sie will nicht nur fit aussehen, sondern auch fit sein. „Denn ich will möglichst mit 70 noch wrestlen.“

Stolz ist Alexandra Lippmann darauf, in England zu kämpfen. „Das wollte ich unbedingt, das ist die Wiege des Wrestlings.“ Von dort stammen auch ihre Vorbilder William Regal oder Johnny Saint. „In England sind Frauen nicht nur Beiwerk“, sagt sie. Während in Deutschland nur wenige Wrestlerinnen gebucht würden und viele Fans deren Kämpfe oft für Toilettenpausen nutzten, sei die Wertschätzung in Großbritannien deutlich größer. Allein London gibt es zwei Ligen, die auf Frauen-Wrestling spezialisiert sind. Eine ist British Empire Wrestling (BEW), zu deren festem Kader Lippmann alias Lexa Valo gehört.

Dies habe sie sich durch harte Arbeit verdient, lobt ihr Trainer Tobias Schumacher. „Sie hat viel Potenzial und ist gewillt, sich für ihren Traum selber zu geißeln.“ Das Zeug zum Wrestling-Star bescheinigt ihr auch Declan Kellett, Gründer von BEW. Nicht nur ihr Look sei sehr gefragt, „Lexa hat eine tolle Einstellung, sie hat in weniger als einem Jahr immer größere Erfolge erzielt und wird immer besser.“ Dasselbe Potenzial habe er früher bei Toni Storm und Tegan Nox erkannt, und sie stehen nun beim amerikanischen Wrestling-Riesen WWE unter Vertrag.

Viel fürs Frauen-Wrestling geleistet

Dass Kellett große Stücke auf Lexa Valo hält, zeigt sich auch daran, dass sie einer von fünf BEW-Champions ist. Dadurch repräsentiert sie nicht nur British Empire Wrestling, sondern ist auch Hauptdarstellerin künftiger Fehden, Gut gegen Böse. Doch Lippmann hat sich ein Ziel gesetzt, für das sie keine Titelträgerin sein muss. „Ich möchte den Markt für andere deutsche Mädchen öffnen und helfen, dass noch mehr Leute aufs Frauen-Wrestling schauen.“ Zumal heutzutage Wrestlerinnen genauso gut ausgebildet seien wie die Männer, was etwa Lita, Beth Phoenix, Natalya, Charlotte Flair oder Taya Valkyrie längst bewiesen hätten.

Ihrem Ziel ist Lippmann schon näher gekommen. So betont Declan Kellett, er habe auf ihre Empfehlung hin Babie Allision (Frankfurt) und Xara Grace (Nürnberg) gebucht. „Lexa hat mehr für das Frauen-Wrestling in Deutschland getan als irgendwer vor ihr“, findet der BEW-Chef. „Sie hilft ihren Kolleginnen aktiv, dort Arbeit zu finden, wo sie wachsen können.“ Sie setze sich für die gesamte Branche eins und dafür, dass das europäische Frauen-Wrestling wachse.

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Im Ruhrgebiet schätzt man Alexandra Lippmann ebenfalls. Sie ist nur im Ring fies, aber außerhalb sind ihre Umarmungen herzlich und ihr Lächeln ist fröhlich. „Sie gibt einem immer das Gefühl, dass man selbst kaum Fehler macht“, lobt Julie Böx alias Ruby Rebel von Dockers Wrestling in Duisburg. Gerade für Anfängerinnen habe sie immer aufmunternde Worte und sei bei ihnen zurecht sehr beliebt. „Wir würden sie jederzeit wieder buchen.“