Essen-Katernberg. Seit einigen Wochen lehrt der Österrreicher Walter Hahn die Kunst des Wrestling in seiner Academy in Katernberg. Show und Sport finden hier zusammen.
Wrestling und Katernberg: Das passt auf den ersten Blick so gut zusammen wie Eishockey und Copacabana. Und doch gibt es im Essener Norden einen Ort, wo man sich sehr intensiv dieser speziellen Version des Ringkampfes widmet. Der englischen Sprache geschuldet ist es eine „Academy“ und nicht Akademie. Betrieben wird sie von der Firma wXw. Das Kürzel steht für Westside Xtreme Wrestling. Noch internationaler wird es, wenn der Trainer ins Spiel kommt. In der Szene nennen alle Walter Hahn nur „Big Daddy“.
Ein krisensicherer Job
Die Eltern gingen in Wien oft zum Wrestling. Klein-Walter ging mit. Zwar spielte dieser lange Zeit Fußball, doch dann fand er Spaß am Wrestling. 2004 begann er mit dem Training. „2008 bin ich dann nach Hannover gegangen – der Liebe wegen“, erzählt der 28-Jährige. Trotz 193 Zentimeter Körpergröße und 136 Kilogramm Kampfgewicht wirkt er nicht wie einer dieser Muskel- und Fleischberge, die man aus dem Fernsehen kennt. In Hannover arbeitete er als Lagerleiter eines großen Lebensmittel-Logistikers. Ein krisensicherer Job. Wrestling lief nebenher. Doch dann reizte den 28-Jährigen, der bislang über 600 Profi-Kämpfe in Europa, USA und Japan bestritten hat, hauptberuflich für Westside Xtreme Wrestling zu arbeiten. Der Promoter mit Sitz in Oberhausen veranstaltet seit 15 Jahren Events. „Wir haben schon lange Räumlichkeiten für eine Academy gesucht, an der wir den Nachwuchs ausbilden können“, erzählt Walter Hahn. Bei der ehemaligen Dachdeckerei in einem Jugendstilhaus mit renovierter Fassade an der Gelsenkirchener Straße wurden die Oberhausener fündig. Seit Oktober 2015 wird hier offiziell trainiert. Die Mitglieder, im Moment sind es 37 aus NRW und angrenzenden Bundesländern, zahlen eine Monatsgebühr. Für diejenigen, die Wrestling einfach nur mal ausprobieren möchten, werden vier Wochenend-Seminare pro Jahr angeboten.
Jeder ist willkommen. Wer hofft, es ginge gleich voll zur Sache, der irrt. „Wer bisher nur mit Kartoffelchips auf der Couch gesessen hat, kann nicht gleich in den Ring steigen“, bremst Walter Hahn möglicherweise übermotivierte Anfänger. Spektakuläre Sprünge, Würfe oder Griffe sollte nämlich nur der anwenden, der auch weiß, wie man richtig fällt, ohne sich selbst zu verletzen. Außerdem gelte es zu lernen, dass beim Wrestling zwar vieles erlaubt sei, es aber trotzdem ein Regelwerk gebe. Verboten seien u.a. Griffe in Haare, Mund und Nase, Attacken auf die Augen oder den Kehlkopf, Faustschläge zum Kopf, Tiefschläge sowie Kratzen und Beißen.
Der Sieger steht schon vorher fest
Den Gutgläubigen unter den Zuschauern raubt Walter Hahn jede Illusion. „Wer den Kampf gewinnt, steht vorher fest, auch wenn es keine bis ins Detail ausgearbeitete Choreografie gibt“, sagt der 28-Jährige. Also doch nur alles Show? „Die eine Hälfte ist Show, die andere Hälfte ist Sport“, stellt Walter Hahn klar. Körperliche Fitness sei die Grundvoraussetzung dafür, „dem Publikum drei Stunden Live-Unterhaltung bieten zu können – denn das ist unsere Aufgabe.“ Die Charaktere der Kämpfer seien facettenreicher als früher. Das Publikum sei gemischt, „vom Hartz-4-Empfänger bis zum Akademiker“. Zielpublikum seien die 16- bis 35-Jährigen.
Die Trainertätigkeit ist die eine Seite des Wrestlers aus der Alpenrepublik. Der 28-Jährige steigt weiterhin auch selbst in den Ring. „Ich war bisher nie ernsthaft verletzt. So 15 Jahre will ich es noch kämpfen“, sagt er. Bei der jährlich größten Wrestling-Veranstaltung Europas, dem „wXw 16 Carat Gold 2016“ vom 11. bis 13. März in der Oberhausener Turbinenhalle, tritt das österreichische Schwergewicht an und will seine Lieblingstechnik „Big Splash“ zeigen. Dabei lässt sich „Big Daddy“ von dem oberen Seil einer Ringecke auf seinen in der Mitte auf dem Boden liegenden Konkurrenten fallen. Kämpfe beendet Walter Hahn vorzugsweise mit einer „Powerbomb“. Dabei nimmt er seinen Gegner zunächst auf die Schulter, um ihn danach von dort mit dem Rücken auf den Ringboden krachen zu lassen.