Duisburg-Nord. Begegnungs- und Beratungszentren haben ein breites Angebot. Doch die Senioren- und Pflegeberatung wird kaum genutzt. Berater wollen dies ändern.

Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) ist bei Senioren vor allem bekannt für ein breites Freizeitangebot. Unbekannt ist dagegen größtenteils das Beratungsangebot. Das muss sich ändern, findet Cordula Römer, die das Begegnungs- und Beratungszentrum (BBZ) in Beeck leitet. Denn zu einem selbstbestimmten Leben gehöre eben auch, dass man für Notfälle vorsorgt. Dabei helfen die Awo, die Diakonie und die Kirchen. Sie alle bemerken, dass sich Senioren und Angehörige im Duisburger Norden inzwischen kaum noch beraten lassen. Dabei hat es viele Vorteile, wenn man sich auskennt.

Zum trägerübergreifenden Netzwerk gehören unter anderem Ute Hoffmeister (von links), Gisela Speer, Ulrike Quester, Christine Boscheinen, Cordula Römer und Georg Zeppenfeld. Sie möchten auf den Beratungsmangel bei Senioren aufmerksam machen.
Zum trägerübergreifenden Netzwerk gehören unter anderem Ute Hoffmeister (von links), Gisela Speer, Ulrike Quester, Christine Boscheinen, Cordula Römer und Georg Zeppenfeld. Sie möchten auf den Beratungsmangel bei Senioren aufmerksam machen. © STEFAN AREND

„Wer zu uns kommt, will mehr Freude im Leben haben“, sagt Römer. Ob Kaffeetrinken, Mittagstisch in netter Gesellschaft, Sitzgymnastik, Yoga oder Brettspiele. Senioren sollen möglichst lange fit bleiben. Zu einem selbstbestimmten Leben gehöre aber auch, für Notfälle und Krankheit vorzusorgen. Dabei helfen im Norden zahlreiche Beratungsstellen. Deren Leiter und Mitarbeiter raten etwa, sich frühzeitig um eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht zu kümmern. „Man sollte nicht erst zu uns kommen, wenn man Pflege im Heim braucht“, empfiehlt Cordula Römer. „Zu welchem Träger Senioren oder Angehörige gehen, ist gar nicht entscheidend. Wichtig ist, dass sie die Angebote wahrnehmen“, ergänzt Christine Boscheinen von der Heimstatt St. Barbara in Vierlinden .

Ohne Vorsorge bleibt kaum Entscheidungsspielraum

Zumal oftmals „Probleme schnell sehr komplex werden“, wenn ein Angehöriger etwa zu einem Pflegefall wird und schnell einen Heimplatz braucht, führt Ulrike Quester vom evangelischen Seniorentreff Ostacker aus, „weil dann alles adhoc geregelt werden muss.“ Alle Berater wissen, dass es oft schon zu spät ist, wenn man wartet, bis eine Notsituation eingetreten ist. Sofern etwa jemand dement werde, seien Kinder rechtlich nicht in der Lage, für Vater oder Mutter zu handeln – es sei denn, für diesen Fall wurde zuvor vorgesorgt. Muss zudem ein Senior in ein Pflegeheim, können die Angehörigen für ihn keinen Heimvertrag unterschreiben. Ohne entsprechende Vorbereitung werde der Entscheidungsspielraum der Betroffenen immer geringer; vielen sei aber wichtig, selbst zu wählen, ob sie Tagespflege bekommen, in einer betreuten Wohnung leben oder in einem Heim.

„Unser Job ist es, zu helfen, dass ältere Menschen möglichst lange in der eigenen Wohnung bleiben können, was sie auch wollen“, sagt Georg Zeppenfeld von der Diakonie. Genau dort setzen beispielsweise Gymnastikkurse oder Gedächtnistraining an. Ein Begegnungs- und Beratungszentrum unterstützt ebenfalls, wenn Formulare nicht verstanden werden oder wenn im Internet etwas recherchiert oder eine Mail geschrieben werden muss. Zudem gebe es auch Gemeinwohlarbeit, bei der Jüngere für Senioren dann einkaufen, sie zum Amt, Arzt oder zur Post begleiten.

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Vermittler selbst bei Schulden oder Suchtproblemen

„Wir sehen uns als Nahtstelle, die auch vermittelt“, sagt Zeppenfeld. Denn nicht nur bei Fragen rund um die Pflege wird aufgeklärt, oft leiden die Hilfesuchenden auch unter hohen Schulden und werden dann an entsprechende Beratungsstellen verwiesen. Die richtigen Ansprechpartner können die Mitarbeiter aber auch in anderen Fällen vermitteln, bei einer Suchterkrankung oder bei Aids. Selbst Jüngeren könnten sie helfen, die eine Schwangerschaftsberatung benötigen. Manchmal gehe es aber auch darum, bei einem Sportverein den richtigen Fitnesskurs zu finden.

Beratungsstellen für ältere Menschen

Die Arbeiterwohlfahrt hat vier BBZ im Duisburger Norden: In Vierlinden (Rudolfstraße 19), Alt-Hamborn (Duisburger Straße 241), Beeck (Goeckingstraße) und Meiderich (Am Bahnhof 10a). Die Diakonie und evangelische Kirche sind vertreten in Vierlinden (Franz-Lenze-Platz), Marxloh (Hermannstraße 46), Bruckhausen (Ostackerweg 75), Mittelmeiderich (Auf dem Damm 8) und die katholische Kirche in Vierlinden durch den Verein Heimstatt St. Barbara (Franz-Lenze-Platz 6).

Alle Beraterteams unterstützen sich untereinander in einem Netzwerk.

Wo die nächste Beratungsstelle und die nächsten Freizeitmöglichkeiten für Senioren sind, darüber erteilt auch der städtische Call Duisburg Auskunft unter 0203 - 94000.

Ohnehin möchten die Begegnungs- und Beratungszentren ihr Angebot erweitern und auch jüngere Menschen ansprechen, insbesondere Berufstätige. Das gelinge etwa durch Vorträge zum Schwerbehindertenrecht oder zum Erbrecht. „Wir haben aber auch oft die Polizei im Haus, dann geht es um Sicherheit zuhause oder den Enkeltrick“, ergänzt Ulrike Quester. Dass die Hilfs- und Freizeitangebote offen, trägerübergreifend und vor allem niederschwellig seien, würden die Betroffenen natürlich mögen, so Gisela Sper (Awo). Außerdem: „Zuhören ist für uns ganz wichtig. In vielen Ämtern geht es ja schnell, viel zu schnell. Wir nehmen uns aber Zeit.“ Und das werde sehr geschätzt. „Wir machen sogar Hausbesuche“, betont Cordula Römer.

Angebote sind noch zu unbekannt

So vermuten alle Senioren- und Pflegeberater im Duisburger Norden, ob von der Awo, der Diakonie oder den Kirchen, dass es nicht an den Angeboten liegt, warum sich noch wenige ältere Menschen bei ihnen melden. „Viele kennen uns einfach noch nicht“, sagt Cordula Römer. Aber das soll sich ändern, denn die Zentren wollen künftig verstärkt für sich werben, sowohl für Freizeitangebote als auch für die Beratung.