Duisburg-Ruhrort. Gabriele Wennmann und Michael Büttgenbach wollen etwas gegen Leerstand in Ruhrort tun. Doch nicht überall stießen ihre Ideen auf Gegenliebe.
Michael Büttgenbach und Gabriele Wennmann, beide ebenso engagierte wie überzeugte Ruhrorter, haben mit ihren Ideen, wie man den Leerstand in dem Hafenstadtteil beheben könnte, ein großes Echo erzeugt. Unter anderem wünschten sich die beiden eine italienische Eisdiele, aber auch Friseure oder einen Schuster. Auf Facebook hagelte es danach dutzende verärgerte Kommentare. Mittlerweile gibt es sogar ein viel beachtetes Parodie-Video. Damit hatten die beiden nicht gerechnet. Eine Bestandsaufnahme zur Einzelhandelsversorgung in Duisburg-Ruhrort.
Ruhrort- 70 Prozent Leerstand – Initiative will helfen „Ich wohne seit 61 Jahren in Ruhrort. Natürlich kenne ich mich hier aus und muss auch niemanden fragen, wenn ich Ideen oder Vorschläge für unseren Stadtteil habe“, stellt Gabriele Wennmann klar. Gemeinsam mit dem CDU-Politiker Büttgenbach engagiert sie sich im Förderverein der Maximiliankirche, hat in der Vergangenheit zum Beispiel einiges im Umfeld des Gotteshauses organisiert und dabei stets gutes Feedback bekommen, sagt sie. Die heftige Kritik hat sie dennoch überrascht. „Aber ich habe ein breites Kreuz.“
Ruhrorter „Anker“-Gastronom spricht von „Rufschädigung“
Mit Blick auf die Gegenargumente, dass es zum Beispiel im „Anker“ oder bei Café Kurz durchaus ein Eis gebe, sagt Gabriele Wennmann: „Drei Kugeln Eis sind für mich kein Ersatz für eine italienische Eisdiele, in der man zum Beispiel einen schönen Eisbecher bekommt.“ Michael Büttgenbach kontert die Kritik in puncto Friseure so: „Seitdem Lotze nach Großenbaum gezogen ist, fahren viele Ruhrorter in den Süden, um sich dort die Haare schneiden zu lassen.“ Für ihn ein Beleg dafür, dass es durchaus noch Potenzial für Coiffeure in dem Stadtteil gebe.
Rainer Schmitz, Gastronom und Betreiber der Gaststätte „Zum Anker“ spricht dennoch über „Rufschädigung“, wenn er an die Vorschläge der beiden denkt. „Wir sind sehr wohl eine Eisdiele. Bei mir gibt es mehr als 30 Sorten. Da sich aber eine Eisdiele alleine nicht trägt, bieten wir eben auch Flammkuchen und Frühstück an“, betont er – und schiebt hinterher: „Warum hat die letzte Eisdiele denn vor 20 Jahren in Ruhrort aufgegeben?“ Sein Lokal könne jedenfalls nicht nur von Ruhrortern leben. „Zu mir kommen Radfahrer oder Touristen, die den Stadtteil besuchen.“
Mascha Dähne lockt als „Lütt Marie“ Kunden von weit her nach Ruhrort
Mascha Dähne färbt alias „Lütt Marie“ Wolle, hat in der Vergangenheit schon auf Weihnachtsmärkten in Ruhrort gestanden, ein Woll-Fest im Binnenschifffahrtsmuseum veranstaltet und lockt mit ihrem Handwerk regelmäßig Kunden in den Stadtteil. „Ganz ehrlich, die Leute kommen nicht wegen Ruhrort, sondern, weil sie bei mir Wolle kaufen wollen. Wenn sie dann hier durchspazieren, finden sie es ganz nett.“ Sie könnte sich schon vorstellen, irgendwann auch einmal ein Geschäft zu eröffnen. „Allerdings wären das dann mehr Prestige-Gründe.“ Viele finden ihren Shop online. Wichtiger wäre es ihr, dass es bald Planungssicherheit für Märkte gibt. Das Woll-Fest sollte nämlich eigentlich noch viel größer werden und das erste Mal im Landschaftspark stattfinden.
Geschäft „Liebe Blume“ eröffnet in Ruhrort trotz Lockdown Floristin Manuela Joormann hat im Februar ihren Laden „Liebe Blume“ eröffnet. Zunächst hatte sie Bedenken, in Zeiten von Corona etwa zu starten, doch mittlerweile ist sie zufrieden. „Wir sind hier nett empfangen worden und es kommen viele zu uns, die sich freuen, dass es wieder einen Blumenladen gibt.“ Zu den Kunden gehören Ruhrorter, aber auch Mitarbeiter aus den umliegenden Büros, die in der Mittagspause schnell etwas erledigen wollen.
Michael Büttgenbach will sich weiter darum kümmern, dass wieder mehr Leben in die leeren Geschäfte einzieht. Morgens hat er noch mit einer Künstlerin telefoniert, die auf der Suche nach einem neuen Atelier ist. Mit etwas Glück, kann er ihr etwas vermitteln.
>> Ruhrorter Bürgerverein begleitet Diskussion um Leerstände schon viele Jahre
Dirk Grotstollen, Vorsitzender des Ruhrorter Bürgervereins, kennt die Diskussion um Leerstände schon seit vielen Jahren. Bereits unter Oberbürgermeister Sauerland habe es Bürgerforen gegeben, bei denen überlegt wurde, wie Ruhrort belebt werden könne. „Ich könnte mir vorstellen, dass Ruhrort eine Chance mit kleinen, feinen Fachgeschäften hat.“ Wenn Grotstollen in seiner Anwaltskanzlei Mandanten empfängt, seien die meisten ganz begeistert vom Charme des Stadtteils.
Mit Blick auf die nun gemachten Vorschläge, sagt er: „Als Bürgerverein unterstützen wir Ideen für den Stadtteil, ohne Ansicht der Person.“ Allerdings würden Alleingänge nicht ans Ziel führen. Und: „Wenn man schon neue Geschäfte ansiedeln möchte, dann sollte man vielleicht auch noch mal auf das Spielhallenkonzept schauen.“ Die würden nämlich auch keinen guten Eindruck bei Besuchern hinterlassen.