Duisburg. Nach einem Corona-Einbruch erholt sich der Ausbildungsmarkt in Duisburg. Doch Unternehmen und Bewerber stehen vor großen Herausforderungen.

Der Ausbildungsmarkt in Duisburg hat sich erholt: 3020 Lehrstellen boten die Unternehmen im Ausbildungsjahr 2021/2022 an, 167 mehr als noch im Jahr zuvor. „Das ist immer noch zu wenig“, sagt Marcus Zimmermann, der Geschäftsführer der Agentur für Arbeit. Die will ihre Bemühungen intensivieren, ebenso die Schulen und die anderen Akteure in der Stadt. Die Berufe-Messen, die nun in den Schulen wieder stattfinden können, sind dabei ein wichtiges Instrument.

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„Eine Ausbildung ist die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit“, betont der Agentur-Chef gern. Deshalb sei ein 5,8-prozentiger Zuwachs bei den Lehrstellen eine gute Nachricht. Das Angebot nähert sich der Nachfrage: Für 94 Prozent der 3223 Bewerberinnen und Bewerber gab es – rein rechnerisch – einen Ausbildungsplatz. Zu viele seien aber immer noch auf den „Traumberuf“ fixiert, bedauert Zimmermann. Manchen Jugendlichen mangele es auch an Flexibilität, für die Ausbildung einen weiteren Weg in Kauf zu nehmen.

Ausbildungsmarkt Duisburg: Angebot hat das Niveau von 2019 noch nicht erreicht

Thomas Bethmann ist an der Leibniz-Gesamtschule für die Berufsorientierung der Schülerinnen und Schüler zuständig.
Thomas Bethmann ist an der Leibniz-Gesamtschule für die Berufsorientierung der Schülerinnen und Schüler zuständig. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Immerhin stimmt die Richtung, wenngleich das Angebot noch nicht das Vor-Corona-Niveau von 2019 mit 3740 Ausbildungsangeboten (720 mehr als 2021) erreicht hat.

Aktuell spielt die Demografie mit: Noch sind es geburtenschwache Jahrgänge, die jetzt auf die Suche gehen. Doch das wird sich schon bald ändern: Vor zehn Jahren begann durch mehr Geburten und Zuwanderung ein anhaltender Anstieg, schon verlassen die Schulen in Duisburg deshalb Jahrgänge mit rund 1000 Jugendlichen mehr.

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Dem entgegen steht ein wachsender Fachkräftemangel in den Unternehmen. Deshalb müsste die Zahl der angebotenen Stellen eigentlich schon jetzt steigen, um dem Abschied der „Babyboomer“ in die Rente beizeiten zu begegnen. Möglicherweise wird auch die Zahl der Lehrstellen-Bewerber nicht nur wegen der größeren Jahrgänge zulegen: Durch Spätfolgen der Pandemie und eine größere Zahl zugewanderter Jugendlicher könnte der Anteil der Schüler sinken, die den Sprung in die Oberstufe und zum Abitur schaffen. Und: Zuletzt stieg auch die Zahl der Abiturienten, die eine Ausbildung anstreben.

Großes Interesse der Firmen an der Beruf-Messe in der Hamborner Gesamtschule

An der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesamtschule ist dieser Trend noch nicht erkennbar. „Unsere Schülerzahl in der Oberstufe ist seit Jahren mit 130 stabil“, berichtet Thomas Bethmann. Der gelernte Erzieher ist an der Hamborner Gesamtschule seit vier Jahren für die Berufsberatung zuständig und hat die Berufe-Messe organisiert, bei der sich 16 Unternehmen und Behörden in der Sporthalle vorstellen.

Die großen Ausbilder aus Duisburg sind dabei: Stadt, DVG und Wirtschaftsbetriebe, Thyssenkrupp Steel und HKM, die Deutsche Bahn, Logistiker Havi, DHL, Banken, Remondis, der Einzelhandel, die Ev. Altenhilfe, das DRK und auch die Bundeswehr. Das Interesse sei groß gewesen, sich rund 600 potenziellen Auszubildenden vorzustellen, sagt Bethmann. „Es war ein Selbstläufer.“

Wird Deutschland Kriegspartei? Der Ukraine-Krieg hat die Fragen der Schülerinnen und Schüler an Bundeswehr-Hauptmann Heiko Otto (r.) verändert.
Wird Deutschland Kriegspartei? Der Ukraine-Krieg hat die Fragen der Schülerinnen und Schüler an Bundeswehr-Hauptmann Heiko Otto (r.) verändert. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Bekannte Großunternehmen bekommen weiterhin viele Bewerbungen

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Vor allem die bekannten Arbeitgeber sind es, die sich über mangelndes Interesse nicht beklagen können. Eine dichte Schülertraube steht stets bei Thyssenkrupp, die Stadtverwaltung bekommt rund 3000 Bewerbungen für ihre 282 Ausbildungsplätze. Jeder muss zunächst einen digitalen „Hometest“ absolvieren, ehe mit den Kandidaten Bewerbungsgespräche geführt werden. „Die Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten ist weiter sehr gefragt, auch unsere dualen Bachelor-Studiengänge“, berichtet Marcel Kositz vom Amt für Personalmanagement.

Immerhin 600 Bewerber zählt die Collin-Gruppe aus Kaßlerfeld für ihre jährlich bis zu 35 Lehrstellen. „Allerdings lässt die Qualität der Bewerbungen nach“, sagt Hannah Eul von der Personalleitung. Um grundlegende Fähigkeiten zu trainieren, gibt’s beim Haustechnik-Großhändler deshalb zum Start den Kurs „Business-Knigge“.

Ukraine-Krieg erschwert die Nachwuchswerbung der Bundeswehr

Nacharbeiten ist auch für Pauline Jaenisch immer öfter angesagt. Für Buchen und Xervon, Service-Töchter des Remondis-Konzerns, sucht sie handfeste Azubis: Gerüstbauer, Maler, Isolier-Facharbeiter und Schornsteinbauer. „Dass Bewerber nach einer Zusage nicht mehr auftauchen, weil sie ein für sie besseres Angebot haben, kommt leider immer häufiger vor“, berichtet Pauline Jaenisch, Referentin für Berufsausbildung.

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Im olivgrünen Dress wirbt Heiko Otto für die Bundeswehr. Steigt das Interesse, seit die Truppe verstärkt im öffentlichen Scheinwerferlicht steht? „Die Fragen haben sich geändert“, stellt der Hauptmann aus dem Essener Karriere-Beratungsbüro fest. „Bis zum Beginn des Krieges in der Ukraine hatte ich es leichter. Da war der Einsatz in Afghanistan beendet, der Rückzug aus Mali angekündigt. Jetzt fragen die Schüler: Werden wir Kriegspartei?“ Nicht jeder Bundeswehr-Angehörige müsse in den Kampfeinsatz, erklärt der Offizier dann: „Wir bieten mehr als 30 Ausbildungsberufe vom Anlagenmechaniker bis zur zahnmedizinischen Angestellten.“

>> INITIATIVE: KEIN ABSCHLUSS OHNE ANSCHLUSS

  • „Es muss uns besser gelingen, jedem jungen Menschen nach Ende der Schulzeit ein Anschlussangebot zu unterbreiten“, sagt Duisburgs Bildungsdezernentin Astrid Neese. Dabei kooperieren Stadt, Schulen, IHK, Unternehmerverband, Kreishandwerkerschaft, Agentur für Arbeit, die Universität Duisburg-Essen, die Regionalagentur Niederrhein und der DGB in der Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA).
  • Im Fokus des Programms steht eine stärkere Beratung für die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen. Es beginnt ab ihrem zweiten Halbjahr in der 10. Klasse. Das Ziel: Am Ende der Schulzeit soll für alle ein Anschluss-Angebot stehen.