Duisburg. Die Mitglieder des Naturschutzbundes kümmern sich um Streuobstwiesen im Duisburger Stadtgebiet. In Rahm geht es vor allem um “Bosköppe“ und “Schicks Rheinische Landäpfel“. Aber auch viele Vögel, Bienen und Schmetterlinge sind hier beheimatet. Die Obst-Tradition soll im Stadtteil erhalten bleiben.
Wenn sauer wirklich lustig macht, dann haben Sylke Klinker und Otto Rustenbach auf der Streuobstwiese am Rahmer Bach im Duisburger Süden viel Spaß. Denn die Apfelsorten „Schicks Rheinischer Landapfel“ und „Boskop“, die dort wachsen und von den beiden Rahmern geerntet werden, sind nicht für ihre Süße bekannt. Dafür aber für Robustheit und Lagerfähigkeit. Und damit haben sie sich qualifiziert für die Streuobstwiese, die sich zwischen zwei Brücken über den Bach an das östliche Ufer entlang zieht.
Der Bürgerverein Großenbaum-Rahm und der NABU haben vor zehn Jahren die Alte Obstwiese unter ihre Fittiche genommen. Neben dem alten Kirschbaum, der dort schon ewig steht und der riesigen Eibe, unter der Generationen von Rahmer Kindern gespielt haben, stehen nun seit zehn Jahren Apfelbäume, ein paar Birnen und, ganz frisch, junge Weiden, wie sie so typisch sind für Bachläufe.
Gutes Auge für Vögel und Schmetterlinge
Nur das „Streu“ in der Streuobstwiese passt nicht ganz. Die Bäume sind nicht in die Landschaft gestreut - daher der Name - sondern stehen sehr ordentlich in Reih und Glied. Ein kleiner Makel, über den man tolerant hinwegsehen sollte.
Eingegrenzt von Wasser, den beiden Brücken und einer Hecke ist hier im südlichen Duisburg auf etwa einem halben Hektar ein kleines Stück Natur entstanden, das so wichtig ist. Für die Wild- und Honigbienen, für Spinnen und Insekten, für Vögel und Schmetterlinge.
Apropos Schmetterlinge. „Schauen Sie mal, ein Admiral“, weist NABU-Vorsitzender Jürgen Hinke auf ein daher fliegendes, kleines Etwas hin. Wow! Der Mann hat aber scharfe Augen. Respekt. „Wenn man lange Vögel beobachtet, sieht man das schneller“, erklärt Otto Rustenbach. Aha. Da wird was dran sein. Dass es im Oktober nur noch wenige Schmetterlinge gibt und die meisten davon zur Spezies der Wanderschmetterlinge Namens Admiral gehören, wie Jürgen Hinke später erzählt, dürfte vielleicht auch keine unerhebliche Rolle spielen. Von wegen Trefferquote.
Leckerer Apfelsaft
Rund 3000 verschiedene Tierarten haben Experten auf Streuobstwiesen ausgemacht. Eine Artenvielfalt, die beeindruckt. Grünspechte zum Beispiel, aktuell Vögel des Jahres, „sind auf solche Wiesen angewiesen“, weiß Jürgen Hinke. Später, wenn die Bäume noch größer geworden sind, wollen die NABU-Mitglieder auch Nistkästen an den Stämmen unterbringen.
Die Anfänge der Streuobstwiese
Streuobstanbau ist eine sehr alte Form der Kultur von hochstämmigen Obstgehölzen. Die Anfänge des Streuobstanbaus in Deutschland reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Im Gegensatz zu den modernen niederstämmigen Plantagenobstanlagen stehen die Bäume „verstreut“ in der Landschaft und werden nicht mit künstlichen Düngemitteln und Pestiziden behandelt, extensiv gepflegt. Gibt es auf Streuobstwiesen einen alten Baumbestand, wird dieser sehr gerne von Steinkauzen genutzt, die bevorzugt in Baumhöhlen von alten Kopfbäumen und hochstämmigen Obstbäumen brüten. Etwa Dreiviertel aller in Deutschland brütenden Steinkäuze tun dies in NRW; mit einem Verbreitungsschwerpunkt am Niederrhein und auch im Ballungszentrum Rhein-Ruhr.
Warum die Streuobstwiese so gut zu Rahm passt, erklärt Sylke Klinker. „Rahm war früher ein Obstdorf. Das hatte Tradition.“ Doch durch die Neubaugebiete, sind viele der alten Bäume verschwunden. „Wir wollen hier den Ortsbild-Charakter erhalten“, begründet die Rahmerin ihr Engagement. Neben all den positiven Elementen, die so eine Streuobstwiese ausmachen, sind es auch die Erinnerungen und das Beispielhafte für die nächste Generation. Denn Äpfel wachsen nun mal nicht in den Verkaufstheken der Supermärkte. Das sollen auch künftige Rahmer hautnah erleben. Die Wiese ist für die Bürger offen. Wer schon mal ein paar Bosköppe für den nächsten Martinsgansbraten einlagern will, kann sich was pflücken.
Alles, was die NABU-Mitarbeiter pflücken, kommt nicht als Kuchen auf den Tisch, sondern nach Hamminkeln, wo die Obstkelterei Van Nahmen einen speziellen naturtrüben „Apfelsaft von Streuobstwiesen“ herstellt. Der wiederum steht in kleinen Fläschchen an den NABU-Infoständen und sorgt dafür, dass es etwas Geld in die Kasse der Umweltschützer kommt. „Und der schmeckt...“, sagt Sylke Klinker: „Richtig lecker.“