Duisburg. Die Höchstzahl von Zwangsarbeitern wurde vor 70 Jahren, im Herbst 1944, erreicht. Der Duisburger Freizeit-Forscher Harald Küst erinnert an Leid von Häftlingen, Kriegsgefangenen und Zivilisten, die oft unmenschlich behandelt wurden und manchmal selbst Opfer alliierter Bomben wurden.
Sie kamen, um zu arbeiten, lebten eng zusammengepfercht in Sammellagern und wurden schlecht versorgt – während des Zweiten Weltkrieges lebten und arbeiteten über 45.000 ausländische Zwangsarbeiter für längere oder kürzere Zeit in Duisburg; der Höchststand war wohl im Herbst 1944 mit rund 30.000 Menschen erreicht. Etwa zwei Drittel der Zwangsarbeiter waren Zivilpersonen, ein Drittel Kriegsgefangene, aber auch KZ-Häftlinge wurden zum Arbeitseinsatz gezwungen.
Schon 1942 fehlten den Industriebetrieben in Duisburg fast 30 Prozent ihrer bisherigen Arbeitskräfte. Die Lösung des Arbeitskräftemangels lag für das NS-Regime im Einsatz von Zwangsarbeitern. Ohne diese Arbeitskräfte hätte die Kriegswirtschaft nicht funktioniert. Zu Beginn des Krieges erfolgte die Anwerbung im Ausland durch Außenstellen der Arbeitsverwaltung. Später war Zwangsrekrutierung und Dienstverpflichtung gängige Praxis.
Verteilung durchs Arbeitsamt
Das Arbeitsamt Duisburg hatte bei der Zuweisung und Verteilung der Zwangsarbeiter eine Schlüsselfunktion inne. So sah sich die August-Thyssen-Hütte (ATH) im Dezember 1942 mit der Forderung des Arbeitsamtes konfrontiert, „56 ausgesuchte kräftige Russen für den Bergbau“ abzugeben.
Die hauptsächlichen Einsatzfelder der Duisburger Zwangsarbeiter waren der Bergbau, der vor allem sowjetische Kriegsgefangene erhielt, und die Eisen- und Stahlindustrie, die neben Kriegsgefangenen auch Tausende von „Ostarbeitern“ beiderlei Geschlechts beschäftigte. Der Anteil der Fremdarbeiter an der Belegschaft lag bei rund 33 Prozent.
Rolle des Rassenwahns
Aber auch Krankenhäuser, Stadtverwaltung, Reichsbahn, Reichspost, Güternahverkehr, Binnenschifffahrt und Krankenhäuser hätten ihre Aufgaben seit 1942 ohne Zwangsarbeiter nicht mehr erfüllen können.
Wie Zwangsarbeiter zu behandeln waren, hatte die NS-Regierung bis ins Detail festgelegt. Es gab eine rassenideologische Rangfolge, die Russen am niedrigsten einstufte. Niederländer, Flamen und Briten galten von der Abstammung her als gleichwertig. Diese konnten sich frei bewegen, die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen und Gaststätten besuchen.
Der irrationale Rassismus des NS-Regimes und das ökonomische Interesse der Betriebe waren keinesfalls konfliktfrei. Dass Arbeitskraft eine wertvolle Ressource war, wurde, wenn man von den Häftlingen des KZ absieht, von vielen Betrieben gesehen. Oft war es eher betriebswirtschaftliches Kalkül als humane Gesinnung.
"Ausländerlager" auf Thyssen-Gelände
Gleichwohl gab es erhebliche qualitative Unterschiede bei der Unterbringung und Versorgung. Untergebracht waren die Menschen meistens in Lagern und in Privatquartieren. Größere Unternehmen hatten eigene Lager, so gab es auf den Werksgeländen von Thyssen in Duisburg ganze 22 „Ausländerlager“. Auch die Mannesmannröhren-Werke verfügten mit 1243 Bewohnern über eines der größten Ostarbeiterlager auf dem heutigen Stadtgebiet.
Eine Wohnbaracke hatte zehn Zimmer, die mit je zwölf Männern belegt waren. Andere Baracken wiesen zum Teil eine deutlich schlechtere Ausstattung bei den Betten und den sanitären Anlagen auf. Teilweise waren die Betten mit Stroh in Papiersäcken ausgestattet, wie in den Bergmannsheimen I und II. Viele Baracken konnten im Winter nur unzureichend beheizt werden.