Duisburg. Thyssen-Krupp Steel Europe stellt den Hochofen 2 in Duisburg neu zu. Die Runderneuerung kostet Deutschlands größten Stahlkonzern rund 200 Millionen Euro. Der Zeitplan ist anspruchsvoll: Im Juni stillgelegt, soll er im September wieder in Betrieb gehen. Die Bauzeit bedeutet Produktionseinbuße.

Hämmern von oben, Pochen von unten, Zischen von links und Kreischen von rechts – eine Sinfonie in Industrie pur erklingt im und am Großhochofen 2 von Thyssen-Krupp Steel Europe, von dem momentan kaum mehr zu sehen ist als das stählerne Gehäuse, das sonst kaum sichtbar ist.

Demontiert sind die Kühlungsanlagen und die gesamte Technik, die nötig ist, um heiße Luft ins Ofeninnere zu blasen. Das High-Tech-Aggregat ist von außen aus wie ein großer Behälter mit ganz vielen Löchern. Auch innen fehlt fast alles, was einen Hochofen ausmacht, vor allem die Feuerfestausmauerung. Dafür sind die ersten kupfernen Kühlelemente schon zu sehen, die neu eingebaut wurden. Abriss und Neuaufbau überschneidet sich bei der Neuzustellung, es muss schnell gehen, der Ofen muss wieder liefern.

Runderneuerung für 200 Millionen Euro

200 Millionen Euro investiert Deutschlands größter Stahlkonzern in die Runderneuerung seines größten Hochofens. Im Juni hatten die Arbeiten begonnen, im September soll der Riese wieder in Betrieb gehen. Drei Monate Bauzeit bedeuten eine Million Tonnen Produktionseinbuße.

21 Jahre dauerte die erste „Reise“ des 1993 angeblasenen Hochofens, eine ungewöhnlich lange Dienstzeit. 75 Millionen Tonnen Roheisen wurden in dieser Zeit vom Hochofen 2 geliefert. Bei bis zu 2000 Grad Hitze werden im Inneren 42 hohen Stahlbehälters aus Koks und Erz Roheisen, der Ausgangsstoff für die Stahlerzeugung.

Obwohl die Stahlwände des gigantischen Behältern 90 bis 125 Millimeter dick sind (zum Vergleich: Der Stahl am Bug der „Titanic) war“nur“ 38 Millimeter dick), würden sie der Hitze nicht standhalten. Daher sind die Wände des Hochofen mit Kühlelementen aus Kupfer versehen, durch die ständig Wasser fließt. Und die Wände werden innen durch eine zwei Meter dicke Ausmauerung mit feuerfesten Steinen geschützt, die sich allerdings im Laufe der Jahre abnutzt.

7100 Tonnen Steine werden bei der Neuzustellung vermauert, und jeder Stein – übrigens aus japanischer Produktion – wird vor dem Einbau per Ultraschall überprüft. Fehler könnten viel zu teure Folgen haben.

Eine logistische Herausforderung

Um paralleles Arbeiten zu ermöglichen, wurden im Hochofen-Inneren sieben Plattformen eingebaut, eine davon kann sogar per Teleskop-Technik die Höhe den Arbeitsbedürfnissen anpassen.

Bis zu 30 Maurer können auf einer Bühne arbeiten und werden kontinuierlich mit Steinen und Mörtel versorgt. Die Neuzustellung ist auch eine logistische Herausforderung. 400 bis 500 Mitarbeiter sind derzeit auf der Baustelle, in Spitzenzeiten können es bis zu 1000 werden, erklärte gestern Dr. Michael Peters, Hochofen-Chef bei Thyssen-Krupp.

Eine technische Meisterleistung war das Entleeren des Hochofens. Der untere Teil des Ofens ist schwer zugänglich, gleichwohl gelang es, 1500 Tonnen Eisen zu entfernen und durch einen „sekundären Sauabstich“ an weitere 100 Tonnen, die man sonst eventuell hätte sprengen müssen.

Modernisiert werden während der Stillstandsphase auch diverse Neben-Aggregate des Hochofens, der in Normalzeiten Arbeitsplatz für 500 Menschen ist.

12.000 Tonnen Roheisen täglich

Zwei Großhochöfen betreibt Thyssen-Krupp Steel unweit vom Werkshafen Schwelgern. Die Hochhöfen 1 und 2 liefern jährlich rund 7,7 Millionen Tonnen Roheisen. Zusammen 3,7 Millionen Tonnen Roheisen erzeugen die kleineren Hochöfen 8 und 9 in Hamborn, die man von der Kaiser-Wilhelm-Straße aus in voller Pracht sehen kann.

„An sich ist das genial“, sagt Thyssen-Krupp-Hochofen-Chef Dr. Michael Peters zur Dimensionierung der Hochöfen. Im Zusammenspiel von größeren und kleineren Aggregaten könne man sehr flexibel auf die jeweiligen Marktsituationen reagieren, die beim Stahl sehr stark schwankend sein können.

Der Hochofen 2 in Schwelgern gehört mit 12.000 Tonnen Roheisen täglich zu den zehn größten der Welt. Der weltweit größte Hochofen steht in Korea und liefert Tag für Tag 15.000 Tonnen Roheisen.