Duisburg. .
Der Rand des Stichlochs glüht. Im grellen Rot-Gelb zeichnen sich die Umrisse ab. Schwefel und Rauch liegen in der aufgeheizten Luft. Die Hitze unmittelbar vor der verschlossenen Öffnung brennt im Gesicht. Kein Wunder: Dahinter sind es knapp 2000 Grad Celsius. Als die Männer in den silbernen Aluminiumschutzanzügen die Bohrmaschine zum Öffnen vor das Stichloch platzieren, ist es in Zivilkleidung Zeit, Abstand zu nehmen. Ein paar Augenblicke später fließt 1500 Grad heißes Roheisen aus dem Loch – bei der DK Recycling und Roheisen GmbH nimmt einer von im Schnitt acht Abstichen pro Tag seinen Lauf.
Sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag läuft der Hochofen bei der DK in Hochfeld. 270.000 Tonnen Roheisen im Jahr werden im Schichtdienst durch die Mitarbeiter produziert. Soweit nichts Außergewöhnliches in der Branche. Außergewöhnlich ist jedoch das Material, aus dem das Recycling-Unternehmen sein Eisen herstellt. Im Gegensatz zu anderen Stahlproduzenten, die den Bodenschatz Eisenerz zur Metallgewinnung nutzen, greift das Duisburger Unternehmen auf Reststoffe der europäischen Stahlindustrie zurück. Größtenteils aus feinsten Stäuben wird Roheisen. „Die Innovation bei diesem Prozess“, erklärt Vertriebsleiter Rolf Emunds, „ist die hohe Zinktoleranz. Woanders landet unser Rohmaterial auf der Deponie.“ Zink im Material ist für gewöhnlich Gift bei der Eisenproduktion, beschädigt die Hochöfen. Bei der DK ist es anders und so werden in Duisburg pro Jahr 400.000 Tonnen Reststoffe recycelt.
Aufwendige Verfahren nötig
Doch bevor aus dem Staub Eisen wird, ist ein aufwendiges Verfahren nötig. In der Sinteranlage wird das feine Material stückig gemacht. Auf einem langen Band wird es mit Hitze von oben und Saugkraft von unten geformt. Im Vorfeld ist hier, wie auch später bei der Beschickung des Hochofens, die richtige Zusammensetzung der Stoffe entscheidend. Dass sich diese Produktionsart gerade in Duisburg entwickelt hat, ist laut Emunds kein Zufall. „Es ist ein Duisburger Verfahren“, ist er auf den Standort stolz, „hier war schon immer das Know-how und das Material aus den Stahlwerken vor Ort.“
1876 wurde das Werk als Duisburger Kupferhütte gegründet und ist somit die älteste industrielle Recyclingfirma der Welt. Rund 100 Jahre später stand das Unternehmen vor dem finanziellen Aus, bevor der damalige Eigentümer 1981 eine Stiftung zum Erhalt gründete und die DK in ihrer heutigen Form entstand. Seitdem entstehen aus dem Duisburger Metall weltweit Motorenblöcke, Bremsscheiben, Gullydeckel und vieles mehr.
In Form bringen
Bevor das DK-Eisen auf Reisen geht, muss es jedoch in Form gebracht werden. Während des gut halbstündigen Abstichs laufen 110 Tonnen flüssiges Eisen durch Sandrinnen in monströse, gusseiserne Pfannen. Die Männer in Silber gießen den heißen Inhalt anschließend auf einer Gießmaschine in Kokillen (Gussformen), in denen das Eisen dampfend abgekühlt wird. Plötzlich knallt es dumpf und ohrenbetäubend. „Vorsicht vor den Hüttenflöhen“, warnt Emunds, „die Funken beißen.“ Die Arbeiter schmunzeln, einige der Kokillen sind neu und die Beschichtung auf Wasserbasis. Heißes und Wasser vertragen sich schlecht. Nichts Besonderes für die Hüttenwerker, im Gegensatz zum Recycling-Verfahren bei der DK.
Neben den Abfallstäuben aus der Industrie verarbeitet die DK jährlich 4000 Tonnen Batterien und gehört damit zu den größten Verwertern alter Energiezellen in Europa.
Roheisen in die ganze Welt verschifft
Das bei der DK produzierte Roheisen wird an über 300 Gießereien in die ganze Welt verschifft. Neben den Abnehmern in Deutschland geht das Duisburger Eisen unter anderem nach Frankreich, Italien, Osteuropa, Nordamerika, Taiwan und in die Türkei.
Das Duisburger Unternehmen ist bei seiner Produktionsweise stolz auf die Umweltfreundlichkeit. Lediglich zwei Prozent Abfall fallen bei der Herstellung des Roheisens an. Zudem werden die Sinteranlage und der Hochofen durch das unternehmenseigene Kraftwerk versorgt. Der überschüssige Strom von jährlich mehr als 20.000 Megawattstunden wird ins öffentliche Netz gespeist. Neben Eisen und Strom produziert die DK noch Schlacke für den Straßenbau und Zinkkonzentrat sowie Gichtstaub für die Weiterverarbeitung in Zinkhütten.