Duisburg/Rheinberg. . Der Skandal um die umstrittene Kita “Nimmerland“ in Duisburg-Marxloh weitet sich aus. Nachdem der Trägerverein Insolvenz angemeldet hat und die Staatsanwaltschaft gegen die Führung ermittelt, ist jetzt auch ein Ableger in Rheinberg dicht. Von der früheren Leiterin hört und sieht man nichts mehr.

Das Duisburger „Nimmerland“ genoss den Ruf als Vorzeige-Kindertagesstätte schlechthin, bis die Staatsanwaltschaft wegen Steuerhinterziehung und Betrugs ermittelte. Doch wer annahm, nun sei Nimmerland abgebrannt, wurde getäuscht. Denn obwohl der Verein bald auch seine Gemeinnützigkeit verlor, gelang es ihm, im niederrheinischen Rheinberg eine Filiale aufzubauen. Jetzt machte auch diese dicht, nach wenigen Wochen bereits. Doch der Skandal hat damit noch kein Ende.

Von Marion Valland, der früheren Leiterin von „Nimmerland“, hört und sieht man nichts mehr. Eine durchaus charismatische Frau ist sie, die heute 53-Jährige, die quasi aus dem Nichts heraus einige Tagesmütter um sich geschart hatte und zwei Kindertagesstätten im Duisburger Stadtteil Marxloh aufbaute. Öffnungszeiten von morgens früh bis abends spät, das gab es so noch nicht.

Mitarbeiter fühlten sich um Lohn betrogen

Und alles ging gut, jahrelang, bis die Mitarbeiterinnen sich um ihren Lohn betrogen fühlten, bis sie sich gar beim Finanzamt selbst anzeigten. Gelder vom Jugendamt, Lohn für die Arbeit als Tagesmütter, war nicht versteuert worden. Aber wie sollten sie versteuern, was sie nicht behalten durften, was sie an Marion Valland weitergeben mussten?

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Doch erzählen wir die Geschichte von vorn, in der es auch darum geht, wie Stadtverwaltungen und Politik nicht genau hinsehen, nur um eine für sie kostengünstige Kinderbetreuung zu gewährleisten.

Im Frühjahr 2013 wenden sich zehn Mitarbeiterinnen von Nimmerland mit ihren Vorwürfen gegen Valland an diese Redaktion. Längst ermittelt da die Staatsanwaltschaft Duisburg wegen des Verdachts auf Betrug und Steuerhinterziehung, längst haben Steuerfahnder die Geschäfts- und Privaträume von Valland durchsucht.

„Nimmerland ist einfach viel günstiger“

Danach geht es Schlag auf Schlag. Nimmerland, der Verein, verliert die Gemeinnützigkeit. Im März dieses Jahres stellt er beim Amtsgericht Duisburg den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Steuerforderungen von 54.144 Euro stehen an, dazu Lohn- und Gehaltsrückstände von 5436 Euro und Sozialversicherungsbeiträge von über 18.000 Euro.

Während also Nimmerland in Duisburg längst um seine Existenz kämpft, gelingt es dem Vorstand rund um Valland, das benachbarte Städtchen Rheinberg von seinem Kita-Konzept zu überzeugen. Ungeachtet der staatsanwaltlichen Ermittlungen, die längst auch dort bekannt sind, entschließt sich der Rat bei der Neueinrichtung einer Tagesstätte für Nimmerland, gegen dessen Konkurrenten Caritas.

„Nimmerland ist einfach viel günstiger, die Caritas zu teuer“, erklärte damals ein führendes SPD-Ratsmitglied. „Naseweis“ aber hat in diesen Tagen seine Türen geschlossen. Eltern hatten öffentlich auf einer Podiumsdiskussion die desolaten Zustände in der Einrichtung kritisiert. Die Möbel seien zusammengeflickt gewesen, die Matratzen mit Klebstoff zusammengehalten worden. In der Einrichtung herrsche organisatorisches Chaos.

Zuletzt waren noch sechs Kinder in der Einrichtung

Leiterin der Einrichtung ist Janina Valland, die Schwiegertochter Marion Vallands. Erster Vorsitzender des Trägervereines ist Guido Volkmann, Ehemann jener Rechtsanwältin, die Marion Valland im Insolvenzverfahren vertritt. Für Rheinbergs Bürgermeister Hans-Theo Mennicken gibt es jedoch so gut wie keine personelle Überschneidung zwischen „Nimmerland“ und „Naseweis“: „Wir haben uns für Naseweis wegen des guten Konzepts entschieden!“

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Zuletzt besuchten noch sechs Kinder die Einrichtung, Betreuungspersonal sprang ab. „Naseweis“ ist dicht. Doch damit nicht genug. Es ist nun wieder der Kreis um den alten „Nimmerland“-Vorstand, der sich in diesen Tagen anschickt, die Nachfolge in Duisburg-Marxloh zu übernehmen. Um den Betrieb zu retten, suchte der Essener Insolvenzverwalter Hammes monatelang einen neuen Trägerverein. „Wenn Sie nur einen Übernahme-Interessenten haben, können Sie nicht wählerisch sein“, sagt Mark Steh von Hammes.

Und auch Holger Pethke, seit Mitte letzten Jahres Jugendamts-Leiter in Duisburg, betont: „Ich habe keine Handhabe, so lange Frau Valland selbst im Vorstand nicht präsent ist.“ Es gehe darum, die Betreuung von 40 Tageskindern zu retten. Im Übrigen habe man im Jugendamt durchaus aus den Erfahrungen mit Nimmerland gelernt, verfasse präzisere Verträge mit den Tagesmüttern und verlange Einsicht in Originaldokumente über ihre Qualifikation. Auch da hatte bei Marion Valland manches nicht gestimmt.

Stadt Duisburg will Regressansprüche anmelden

Nicht zuletzt wartet auch die Stadt Duisburg darauf, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen Valland und Co. abschließt. Zuletzt hieß es, es werde gegen Valland einen Strafbefehl wegen Betrugs und Steuerhinterziehung geben. Und die Stadt Duisburg wartet, weil sie Regressansprüche geltend machen will. Valland hatte, so lauten die Vorwürfe, für einige Tagesmütter doppelt kassiert. Beim Jugendamt und beim Jobcenter.