Duisburg. Warum in Duisburg-Beeck die Bezirksvertretung nicht gewählt werden durfte, kann die Stadt auch acht Tage nach der Wahl nicht aufklären. Wahlleiter Peter Langner will die betreffenden Wahlhelfer nicht “ans Kreuz nageln“ und die Frage von Strafanzeigen „ganz sorgfältig prüfen“.
Wie es am 25. Mai dazu kommen konnte, dass Beecker im Wahllokal im Pfarrsaal St. Franziskus ihre Bezirksvertretung nicht wählen durften, konnte auch der Wahlausschuss bei seiner Sitzung nicht aufklären. „Derzeit werden noch sämtliche Mitglieder des Wahlvorstands befragt“, sagte der stellvertretende Wahlleiter Peter Langner. Im Gegenzug habe er aber keinen Anlass davon auszugehen, dass im Wahlamt Fehler passiert sind. Schließlich lagen die Stimmzettel im Wahllokal vor. „Die Vorkommnisse müssen sich also in den Köpfen vor Ort vollzogen haben“, formulierte Langner.
Bei dem Wahlvorstand habe es sich zudem um eine sehr erfahrene Frau gehandelt, die seit 20 Jahren als Helferin bei Wahlen zur Verfügung stünde. „Auch an einer unzureichenden Schulung kann es nicht gelegen haben, die ja extra verbessert worden sind“, sagte Langner.
Vorstand „nicht ans Kreuz nageln“
Ob es strafrechtliche Schritte gegen die verantwortlichen Wahlhelfer geben wird, hänge von den Befragungen ab. „Ich will den Wahlvorstand hier nicht ans Kreuz nageln. Für eine Anzeige muss ich sicher sein, dass die Beschuldigten vorsätzlich Wahlbetrug oder Wählertäuschung begehen wollten“, so Langner. Die Stadt werde den Fall „ganz sorgfältig rechtlich prüfen“ und dem Wahlprüfungsausschuss „zu gegebener Zeit“ eine Empfehlung vorlegen.
Klar ist damit: Die Folgen der Wahlpanne werden sich hinziehen wie Kaugummi. Der Wahlausschuss hat gestern offiziell festgestellt, dass für die Bezirksvertretung Meiderich/Beeck kein amtliches Endergebnis vorliegt. Denn die 270 Wähler, die dort ihre Stimme für Europa und den Stadtrat abgegeben haben, könnten die Sitzverteilung noch entscheidend beeinflussen. Damit bleibt die bisherige Bezirksvertretung so lange im Amt, bis die neue zusammentritt.
Klare Regelung im Gesetz
„Ob und in welchem Ausmaß eine Wiederholungswahl anzuordnen ist, beschließt der neu zu gründende Wahlprüfungsausschuss und dann der Stadtrat“, sagte Langner.
Kommunalwahlen 2014Und das kann dauern: Der Rat bestellt die Mitglieder der Ausschüsse erst am 30. Juni, dann folgt die Sommerpause, die Gremien tagen üblicherweise erst wieder im September. Gibt es keine Sondersitzungen, wird wohl erst im Herbst neu gewählt. Den genauen Termin bestimmt dann die Bezirksregierung.
Vorerst offen bleibt damit auch, wie viele Wähler aus dem Bezirk erneut zur Urne gebeten werden. Im Kommunalwahlgesetz heißt es: „Sind in einem Stimmbezirk Unregelmäßigkeiten vorgekommen, so ist die Wahl im ganzen Wahlbezirk zu wiederholen.“ Doch festlegen will sich die Stadt noch nicht, ob die Wahl zur Bezirksvertretung in allen 52 Stimmbezirken oder nur in dem einen wiederholt wird. Langner: „Sie können sicher, dass wir die Stimmzettel aus den anderen 51 Stimmbezirken sorgfältigst aufbewahren.“
Kommentar: Abenteuerlicher Umgang mit der Panne
Selbst eine Woche nach der Wahl kann man dem Verhalten des Wahlvorstands in Beeck nur mit einem unverständlichen Kopfschütteln begegnen. Was ihn auch immer geritten haben mag, dem Wähler einen Stimmzettel vorzuenthalten, die Stadt kann es auch acht Tage nach der Wahl nicht aufklären. Umso berechtigter erscheint der Dank des Wahlleiters an die anderen knapp 3000 ehrenamtlichen Helfer, die an dem sonnigen 25. Mai mehr als zwölf Stunden lang in den Wahllokalen für einen sonst reibungslosen Ablauf gesorgt hatten.
Die Wahlpanne ist blamabel, keine Frage, abenteuerlich ist allerdings auch der Umgang der Verantwortlichen mit dem Ergebnis, das gar nicht vorlag.
Erfundenes Ergebnis hielt drei Tage stand
Nachdem die telefonische Schnellmeldung aus dem Wahllokal ausblieb, hat das Wahlamt in dem Stimmbezirk einfach das Ergebnis der Ratswahl auf die Bezirksvertretungswahl übertragen - und sowohl die Öffentlichkeit als auch die Politik ohne jeglichen Hinweis knapp drei Tage lang ahnungslos gelassen. Erst am Mittwochnachmittag informierte die Stadt per Pressemitteilung darüber, dass es Unregelmäßigkeiten gab und dass es sich bei den Stimmen im vorläufigen amtlichen Endergebnis um rein fiktive Zahlen handelte, die dann als „Platzhalter“ bezeichnet wurden.
Dabei war die Panne bereits am Montag aufgeklärt: Nämlich als die Protokolle ausgewertet wurden und gleichzeitig auch Beschwerde-Mails von Bürgern vorlagen.
Das vom Wahlamt willkürlich eingetragene fiktive Ergebnis mag anders als das Verhalten des Wahlvorstands keine gravierenden Folgen haben: Fragwürdig ist es aber allemal. Denn wo kein Ergebnis vorliegt, gibt es keinen Grund, eines zu erfinden.