Duisburg. Der Schreck über den Einzug der Rechtsextremen von NPD und Pro NRW in den Duisburger Stadtrat sitzt nach wie vor tief. In Köln haben die Rechtspopulisten von Pro Köln ihren Fraktionsstatus gerade erst wieder verloren, dort weiß man mit ihnen umzugehen. Ein Blick über den Tellerrand könnte da helfen.

Das Erschrecken war groß. Nicht nur bei den etablierten Volksparteien löste das Ergebnis der Kommunalwahl in Duisburg blankes Entsetzen aus angesichts des Erfolges der rechtsextremen Parteien: mit einem Sitz wird die NPD im neuen Rat vertreten sein, Pro NRW schaffte es aus dem Stand auf vier Sitze und erlangte damit sogar Fraktionsstärke. Und das obwohl sich zahlreiche Bürger und Bürgerinnen immer wieder den zuletzt recht häufigen Demonstrationen und Aufmärschen der Rechtspopulisten und Rechtsextremen entgegengestemmt hatten. Auch Oberbürgermeister Sören Link (SPD) nannte das Ergebnis der Wahl in seiner Stadt „erschreckend“.

Sein Parteigenosse und Amtskollege Jürgen Roters, Oberbürgermeister von Köln, durfte sich indes darüber freuen, dass die Rechtspopulisten bei dieser Wahl ihren Fraktionsstatus verloren haben. „Ich glaube, ganz viele Menschen klatschen jetzt begeistert in die Hände“, kommentierte Roters in einem Interview mit dem „Kölner Stadtanzeiger“ das Abschneiden von Pro Köln. Durch den Verlust des Fraktionsstatus könnte Pro Köln nun nicht mehr in dem Maße die Kassen ausplündern wie in der Vergangenheit, sagte Roters.

Schmähungen und Hetze

2004 zogen die Rechtspopulisten, die gerne mit einer durchgestrichenen Moschee auf ihren Plakaten Wahlkampf machen, erstmals als Fraktion in den Kölner Stadtrat ein. Damals holten sie 4,7 % der Stimmen. 2009 legten sie auf 5,4 % zu. Die Domstadt hat also einschlägige, zehnjährige Erfahrungen mit Rechten im Rat. Und dass ist wie der Kölner OB im Gespräch mit der NRZ erklärte alles andere als leicht zu ertragen: „Man muss sich drauf einstellen, wenn die in den Rat einziehen, werden die Sitzungen sehr lang. Wir wurden bombardiert mit einer Vielzahl von Anträgen. Das fünfminütige Rederecht haben die dann immer weidlich ausgenutzt, um ihre Schmähungen öffentlich kundzutun. Sie haben gehetzt gegen Ausländer und waren sich nicht zu schade, auch noch die plattesten Vorurteile zu schüren. Das war teilweise äußerst schwer auszuhalten.“

Um das nicht zu provozieren, seien die anderen Parteien im Rat übereingekommen, die Reden der Rechten über sich ergehen zu lassen, sie aber nicht noch durch hitzige Debatten anzufeuern. „In den allermeisten Fällen haben wir die reden lassen und die Anträge abgelehnt“, schildert Roters das Vorgehen des Kölner Stadtrats.

Unerträglicher durch die Rechten

Dass diese Partei alle Möglichkeiten nutzt, ihre Hetzpropaganda zu verbreiten, hat der Kölner Rat gerade in der Zeit vor der Wahl erfahren müssen. „Die Pro Kölner haben besonders in den letzten Wochen vor der Wahl unseren Live-Stream aus dem Ratssaal zum Wahlkampf genutzt“, berichtet Roters und warnt die Duisburger Ratsleute vor: „Durch die Rechten wird es insgesamt teilweise unerträglicher.“

Dass Pro Köln durch die Kommunalwahl am Sonntag den Fraktionsstatus verloren hat, ist für Jürgen Roters „ein großer Gewinn“. Nun könnten die Pro Kölner keine Sondersitzungen mehr beantragen, um damit den Rat permanent zu überziehen.

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Und Sitzungen haben die Pro Kölner liebend gerne gemacht und dafür abkassiert. Das kennt man in Gelsenkirchen auch, wo Pro NRW seit 2009 mit Fraktionsstatus im Rat hockt. Doch dort hat man bei der Überprüfung keine Unregelmäßigkeiten feststellen können. Im Gegensatz zu Köln. Dort läuft eine Anklage gegen die Fraktions-Mitglieder Jörg Uckermann, Markus Wiener, Bernd Schöppe und Judith Wolter. Vorgeworfen wird ihnen bandenmäßiger Betrug gegen die Stadt Köln, weil sie Gelder für Fraktions- und Arbeitskreissitzungen abgerechnet haben sollen, die nicht stattgefunden haben.

Zwar muss sich der Kölner Rat nun weiter mit Judith Wolter und Markus Wiener herumschlagen, die noch im Rat sind. „Erst wenn sie zu mindestens ein Jahr Strafe verurteilt werden und dadurch ihre Bürgerrechte verlieren, müssen sie gehen“, erklärt Roters. Aber zumindest sind die Kölner Jörg Uckermann los.

Mehrfach verurteilt

Der Masseur und medizinische Bademeister, der seine politische Karriere bei der CDU begann und stellvertretender Bürgermeister in Köln-Ehrenfeld war, kam 2008 einem Parteiausschluss zuvor. Er trat bei der CDU aus und bei Pro Köln und Pro NRW ein. Uckermann, der stellvertretender Vorsitzender von Pro NRW und Beisitzer im Vorstand von Pro Köln ist, ist bereits mehrfach verurteilt worden: 2009 wegen Körperverletzung, weil er eine junge Migrantin getreten hatte, die am Boden lag, 2011 wegen falscher eidesstattlicher Versicherung, 2012 wegen Beleidigung des Bundestagsabgeordneten Volker Beck (Grüne), den er als „Gauleiter“ und „Müsli-Nazi“ beschimpft hatte.

Im aktuellen Prozess werden Uckermann 223 Betrugsfälle angelastet. Zur Verhandlung im April 2014 erschien Uckermann nicht. Am 11. April erließ das Gericht deshalb erneut Haftbefehl und noch am Abend desselben Tages nahm die Polizei Uckermann in einem Krankenhaus fest. Laut Informationen der Kölner Presse konnte er kein gültiges ärztliches Attest vorweisen, das ein Fernbleiben von der Verhandlung gerechtfertigt hätte.

Auch Duisburg hatte sich Uckermann für seine politischen Ambitionen mal ausgeguckt: 2012 trat er für Pro NRW bei den Wahlen zum Oberbürgermeister an, wollte Nachfolger von Adolf Sauerland nach dessen Abwahl werden. Das ist ihm mit 1,7 % der Stimmen, Gott sei Dank, nicht gelungen.