Duisburg. . Ein Verein in Hamborn hat die Kleidungsstücke per Mitgliederentscheid im Training verboten. Ein Sportler begehrt dagegen auf. Er sieht seine Persönlichkeitsrechte verletzt und hält das Verbot für eine Diskriminierung. Er soll nur aus dem Verein ausgeschlossen werden – und wehrt sich vor Gericht.
Um Männer in Muskelshirts tobt im Fitnessstudio des Sportvereins BSF „top fit” Hamborn 07 seit einem Verbot der Kleidungsstücke vor einem halben Jahr ein bizarr anmutender Streit, der nun auf eine juristische Spitze zusteuert: Gegen einen hartnäckigen Anhänger der ärmellosen Oberteile („ich trage die seit zehn Jahren”) wurde am Mittwoch ein Ausschlussverfahren gestartet, seine Mitgliedskarte gesperrt. Der Anwalt des Sportlers hat am Donnerstag umgehend gegen Kleiderordnung und Rauswurf eine einstweilige Anordnung beantragt.
Die Vorgeschichte: Im Dezember erließ eine Mitgliederversammlung die Shirt-Sperre für Männer. „Der Antrag des Vorstands wurde ohne Einwand, Gegenstimme und Enthaltung angenommen”, heißt es im Protokoll der Sitzung. Die Begründung für das Verbot: Andere Mitglieder hätten sich aus „hygienischen und ästhetischen Gründen” über die Ärmellosen beschwert. Für die Kritiker sind die geschmähten Oberteile zugleich Symbol für ihre Träger: Auch bei den Hambornern mache sich „ein Publikum breit, das mehr dem Erscheinungsbild von Discountern der Fitnessbranche entspreche”.
Der Streit eskaliert
Das wehrhafte Vereinsmitglied berichtet, nach dem Beschluss hätten viele junge Männer den Verein verlassen, das Thema werde in sozialen Netzen im Internet diskutiert. Er wertet die Kleiderordnung als doppelte Diskriminierung: Von Muskelshirtträgern und Männern, denn für Frauen gelte das Verbot nicht. Und: Die Regelung schränke Persönlichkeitsrechte ein. „Ich gehe auf die Barrikade, weil das unser aller Verein ist”, sagt er.
Muskelshirts gelten als Mode der Bodybuilder
Wie frei ein Verein seine Satzung gestalten darf, prüfen nun auch andere. Der Sportler hat Fachverbände, Stadtsportbund und die Gleichstellungsstelle der Stadt eingeschaltet. Diskriminiert das Ärmelverbot Männer gegenüber Frauen? „Ich halte das für eine Meinungsverschiedenheit im Verein”, sagt Duisburgs Gleichstellungsbeauftragte Doris Freer nach erster Prüfung.
Vermutlich spiegelt der Streit doch eher einen Kulturkampf in der ganzen Branche, die sich seit einigen Jahren nach unterschiedlichen Philosophien sortiert. Muskelshirts gelten als Mode der Bodybuilder, die gerne Muskeln zeigen. In Studios, die auf Reha- und Gesundheitssport setzen, „sind die nicht gern gesehen”, sagt Bettina Langwald, Sprecherin der Franchisekette Injoy.
Nun eskaliert der Streit: Vor zwei Wochen wurde der Mann nach vielen mündlichen Hinweisen schriftlich zum Textilwechsel aufgefordert. Falls er „den Anordnungen der Vereinsorgane” nicht folge, werde er vom Sportbetrieb ausgeschlossen oder seine Mitgliedschaft gekündigt. Doch der Sportler blieb stur. Als er am Mittwoch trainieren wollte, war seine Vereinskarte gesperrt.
Ausschlussverfahren gegen den Duisburger wurde gestartet
Vorsitzender Udo Salzburger bestätigt, dass ein Ausschlussverfahren gegen den Duisburger gestartet wurde. Er spricht von einem Einzelfall. Mit Blick auf das laufende Verfahren gegen das Mitglied will er sich zu der Auseinandersetzung ansonsten nicht öffentlich äußern.
Der Sportler beauftragte umgehend Anwalt Michael Keiten aus der Rheinhauser Kanzlei Puhr-Westerheide, gegen Rauswurf und Kleiderordnung eine einstweilige Anordnung vor Gericht zu beantragen. Keiten hält die Klausel für rechtswidrig. Sie verstoße gegen Persönlichkeitsrechte. Das Landgericht Stade habe ähnliche Bestimmungen bereits 1998 in einem Urteil (Aktenzeichen 4 0 35/97) für unwirksam erklärt. Ein Muskelshirt-Verbot beeinträchtige die Handlungsfreiheit der Mitglieder „ohne dass dafür auch nur ansatzweise eine Rechtfertigung zu erkennen wäre”, heißt es darin.