Duisburg. . Die Kindernothilfe hat mit Katrin Weidemann erstmals eine Frau als Vorstandsvorsitzende im Boot. Die Pastorin folgt auf den Duisburger Dr. Jürgen Thiesbonenkamp, der aus elfjähriger Amtszeit viel zu berichten hat.

Katrin Weidemann ist die neue designierte Vorsitzende des Vorstands der Kindernothilfe. Sie folgt am 1. Juli auf den Duisburger Dr. Jürgen Thiesbonenkamp, der nach elf Jahren an der Spitze des Vereins in den Ruhestand geht. Auch der Stellvertreterposten wird neu besetzt. Mit dem Schwerpunkt Verwaltung beschäftigt sich künftig Jürgen Borchardt.

Dr. Norbert Blüm, der als Vorsitzender des Stiftungsrats der Kindernothilfe den alten Vorstand verabschiedete, versprach dem neuen Team, dass es „kein schöneres Amt“ geben würde und sie eigentlich noch Geld mitbringen müssten. Thiesbonenkamp habe er in der ganzen Zeit begleitet, „wie ein Messdiener“. Der Duisburger habe das kleine Boot KNH umsichtig im großen Meer des Weltelends gesteuert.

Die Kindernothilfe hat im vergangenen Jahr mehr als 1,5 Millionen Kindern helfen können in 878 Projekten weltweit. 58,5 Mio Euro standen dafür im Jahr 2013 zur Verfügung, vier Prozent mehr als im Vorjahr. Die Steigerung ist vor allem auf Spenden für humanitäre Hilfe in aktuellen Krisengebieten zurückzuführen, etwa in Syrien für die vielen Flüchtlingskinder oder auf den Philippinen für die Opfer des Taifuns.

„Situationen extremsten Elends“ 

Wenn Dr. Jürgen Thiesbonenkamp Ende Juni in den Ruhestand geht, hinterlässt er seiner Nachfolgerin bei der Kindernothilfe ein gut aufgestelltes Haus, aber auch eine Menge Arbeit. „Bildung ändert alles“ lautet der gerade deutschlandweit plakatierte Slogan der Kindernothilfe, die künftig auch die frühkindliche Bildung in den Blick nehmen will, damit Kinder „selbstständig und mündig ihr Leben gestalten können“, so der scheidende Vorsitzende.

In seiner Amtszeit konnte er 13 von 29 Ländern besuchen, in denen die KNH aktiv ist. Zuletzt war er in Somaliland, einer autonomen Republik im Nordosten von Somalia. Um Genitalverstümmelung zu verhindern, die dort bislang noch 90 Prozent aller Mädchen schmerzhaft erleiden, werden dort Mütter in Alphabetisierungskursen geschult, „sie gewinnen dort eine neue Sicht aufs Leben“, sagt Thiesbonenkamp. Und sie würden mutiger, sich für ihre Belange und die ihrer Kinder einzusetzen.

"Kein Besserwisserverein"

Was er bei seinen Besuchen in der ganzen Welt sah, sei mit dem Begriff Armut nur unzureichend beschrieben, „es sind Situationen extremsten Elends“, sagt Thiesbonenkamp, ob es die Straßenkinder in Indien seien, die in kleinsten Verschlägen zwischen Gleisen und Straßen hausen, die brutale Gewalt in Honduras mit Kindern, die sich mit dem über Wasser halten, was sie auf Müllkippen finden, oder ob es die trauernden Menschen in Haiti sind, die vor den Trümmern ihrer Häuser und ihrer Existenz stehen. Aber bei allem Leid hätte er immer wieder gesehen, dass die Hauptkraft bei den Menschen liege, dass sie bei allem Leid eine Leidenschaft fürs Leben entwickeln, „und das ermutigt mich“.

Stiftungsratsvorsitzender Dr. Norbert Blüm lobte, dass die KNH „kein Besserwisserverein“ sei, sondern das Wissen von Partnern vor Ort nutze. „Das ist zwar risikoreich, schützt aber davor, zu helfen, wo es nicht nötig ist“, so Blüm, der ein bisschen neidisch ist auf den neuen Job von Katrin Weidemann. Die künftige neue Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe „freut sich, Kindern in Not weltweit eine Stimme zu geben“. Die bayrische Pfarrerin aus München arbeitete ebenso als Notfallseelsorgerin wie als Leiterin einer Schule in Tansania, zuletzt war die Mutter von zwei erwachsenen Kindern als Pfarrerin in Eching engagiert.

Eine Nähe zu Afrika hat auch Jürgen Borchardt, der im Vorstand für die Verwaltung der KNH zuständig sein wird. Der Versicherungsbetriebswirt arbeitete für den Deutschen Entwicklungsdienst in Botsuana und Südafrika, zuletzt war er Geschäftsführer der Vereinten Evangelischen Mission.