Duisburg. Bei einem Gewaltausbruch in einem Duisburger Altenheim verletzte ein dementer Bewohner einen Pfleger und zwei Mitbewohner lebensgefährlich. Zwar handelte es sich dabei um einen Einzelfall, dennoch stellt sich die Frage: Wie konnte so etwas passieren und wie kann man das in Zukunft verhindern?
Der Fall ist beängstigend: Da schlägt ein geistig verwirrter Senior nächtens auf schlafende Mitbewohnerinnen im Altenheim ein und verletzt sie schwer. Der Fall ist aber auch: ein absoluter Einzelfall, kein Trend, wie das Amt für Soziales und Wohnen betont.
Auf die Frage, wie es denn grundsätzlich um Aggressivität oder gar Gewalt in Alten- und Pflegeheimen bestellt ist, reagieren die Betreiber vieler Duisburger Einrichtungen, aber auch Fachärzte reserviert. Zu komplex sei das Thema für eine spontane Stellungnahme.
Bestimmte Krankheitsbilder nicht handhabbar
Wilma Katzinski, Geschäftsführerin der Awocura gGmbH, ist da offener. Das Unternehmen betreibt fünf Seniorenheime in Duisburg, ist auch in der ambulanten Pflege aktiv. Einen so krassen Fall wie den in Meiderich musste sie zum Glück nie verzeichnen. Einmal habe es eine Bewohnerin gegeben, die auf andere losgehen wollte, da sei dann kurzfristig eine Wache aufgestellt und zeitnah eine andere Unterbringung gesucht worden. Denn: „Wir haben keine gerontopsychiatrische Abteilung, können bestimmte Krankheitsbilder gar nicht handhaben“, betont Katzinski.
Vor der Neu-Aufnahme von Bewohnern gelte es, über Arztberichte, Gespräche mit den Angehörigen und den Krankenhausbericht herauszufiltern, ob jemand aggressiv oder gefährlich werden kann, „denjenigen würden wir dann nicht aufnehmen, weil wir dem nicht gewachsen sind“, sagt Katzinski ehrlich. Ihre Aufgabe sei es, Bewohner und Mitarbeiter zu schützen, dabei müsse man auch seine Grenzen kennen und bei Bedarf Alternativen suchen.
Schimpfen gehört zum Berufsrisiko
„Schimpfen oder schreien, auch dass jemand mal ein bisschen ausflippt, gehört aber zum Berufsrisiko“, sagt Katzinski. Ein Fall für die Polizei sei indes noch nie dabei gewesen, „wir gehen eher den therapeutischen Weg“. Das betroffene Altenheim St. Elisabeth verfügt über diese spezielle gerontopsychiatrische Abteilung. Und dennoch: „Das konnte man einfach nicht ahnen“, sagt der Leiter Berthold Strunz spürbar geschockt über den plötzlichen Gewaltausbruch. Weitergehende Sicherheitsmaßnahmen bedürfen auch auf solchen Stationen einer richterlichen Genehmigung.
Dr. Horst Wimmershoff vom Vorstand der Alzheimer-Gesellschaft Duisburg weiß, dass manche Krankheiten mit Aggressivität einhergehen können. Unter den Demenzkranken seien die allermeisten ganz lieb, aber auch sie könnten durch die Umstände oder die Pflegekraft mal gereizt sein. Handgreiflichkeiten seien ein Thema, aber von beiden Seiten: Sowohl ausgehend von den Senioren als auch von den Pflegekräften. Der „Duisburger Arbeitskreis Konflikte und Gewalt in der Pflege“ widmet sich dem Thema, das eigentlich ein Tabu ist, wie Wimmershoff beobachtet. Auch Fortbildungen werden dazu angeboten. Der aktuelle Fall sei aber sehr außergewöhnlich und sehr tragisch.