Duisburg. Im Inklusionshaus der Caritas in Homberg leben trockene Alkoholiker sowie sucht- und psychisch kranke Menschen in normaler Nachbarschaft. Erste kleine Erfolge gelebter Inklusion sind geschafft. Demnächst soll ein gemeinsamer Grillabend Kontakte bringen.

Von außen sind die Gebag-Häuser an der Eberhardstraße in Homberg kaum zu unterscheiden. Nummer 14 und Nummer 16 haben es jedoch in sich, denn ihre Bewohner stecken mittendrin in einem Langzeitversuch, bestenfalls auf Lebenszeit. Sie sind trockene Alkoholiker, sucht- oder psychisch krank, sie kommen aus dem Betreuten Wohnen und versuchen hier, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Vor allem aber wollen sie dem Begriff Inklusion Leben einhauchen.

Die Caritas will das Nachbarschaftsdenken neu beleben, der Gebag als Partner kann das nur recht sein. Die Bewohner der beiden Häuser sollen sich gegenseitig helfen, aber auch die umliegenden, womöglich älteren, vereinsamten Nachbarn könnten profitieren. Und schließlich sollen die Angebote des Quartiers genutzt werden. „Es gibt in fast jedem Sozialraum frei zugängliche Angebote, ob es Gesprächskreise, Kreuzbundgruppen oder das Trauercafé sind. Man muss nur die Verbindung herstellen“, sagt Andreas Kollöchter, Leiter des Betreuten Wohnens der Caritas.

Alle Nachbarn besucht

Das ist das harte Brot von Franz Bleif. Der Familienpfleger hat ein Büro an der Eberhardstraße, von hier zieht er seit fast einem Jahr Strippen. Bei jedem einzelnen Nachbarn war er, um das Projekt vorzustellen. Aktuell ist er vor allem Ansprechpartner für die Bewohner selbst – und für die gestalte sich das Projekt bereits als kleiner Erfolg, sagt Bleif, nach neun Monaten habe es erst einen Mieterwechsel gegeben.

Die Inklusion nach außen indes sei zäh. Was Bleif verstehen kann: „Die Menschen haben zum Teil viel erlebt, sind vorsichtig. Aber jetzt sehen sie, dass es keine Krawalle und keinen Ärger gibt, sie werden offener. „Eine Dame wollte anfangs nichts mit uns zu tun haben, jetzt grüßt sie“, erzählt Bleif von seinen kleinen Erfolgen. Jetzt wollen die Bewohner im Garten hinter dem Haus grillen, dazu die Nachbarn einladen. Soziales Lernen nennt Bleif das, wenn man übt, wie normale Nachbarschaft funktioniert.

Ein Grillabend zum Kennenlernen

Klaus Rosenberg hat sich den Garten bereits vorgeknöpft. Er entrümpelt und schneidet Gebüsch zurück, macht das viele Grün wieder nutzbar. Sein Tun animiert auch andere Anwohner, beobachtet Bleif. Rosenberg ist das kommunikative Herz dieser besonderen Nachbarschaft. Der 61-Jährige hilft dem einen beim Tapezieren, dem anderen repariert er die Waschmaschine, Autos kann er auch. In seiner kleinen Wohnung hat es sich Rosenberg heimelig gemacht: Sonnenblumen-Bordüre in der Küche, kleine Helikopter auf dem Wohnzimmerschrank und ein großes kuscheliges Luftbett.

45 Jahre hat er als Betriebsschlosser bei Thyssen gearbeitet, da ist er sichtlich stolz drauf, die alkoholbedingte Zwangspause zwischendurch mal ausgenommen. Heute ist er trocken und sagt: „Eigentlich hab’ ich Glück gehabt.“ Auf dem Küchentisch neben dem Kaffee stehen schalenweise seine neue Leidenschaften: Schokoriegel, Kaubonbons. Und Roth-Händle mit Filter.